Panorama

„Coma“ von John Niven, ein Muss für jeden leidenschaftlichen Golfer

24. Apr. 2019 von Lukas Drießen in Köln, Deutschland

Schon das Cover des Buches verrät, dass Golfer hier auf ihre Kosten kommen. (Foto: Golf Post)

Schon das Cover des Buches verrät, dass Golfer hier auf ihre Kosten kommen. (Foto: Golf Post)

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Der Roman von John Niven, Coma (engl. Originaltitel: The Amateurs), erschien 2009 erstmals in deutscher Sprache beim Wilhelm Heyne Verlag und man spürt die schottischen Wurzeln, die eng mit dem Golfsport verbunden sind, des Autors in jedem Kapitel. Grund genug für uns, Ihnen dieses Buch vorzustellen und ans Herz zu legen.

Vom Unfall zur Open Championship

Die Hauptfigur, Gary Irving, könnte durchschnittlicher nicht sein, vor allem seine golferischen Fähigkeiten halten sich in Grenzen. Um seinen Bruder, Lee, steht es noch schlechter, seine Durchschnittlichkeit spiegelt sich in seinem Leben als Kleinganove wider, er hat drei verzogene Kinder und lebt in einer Sozialwohnung. Gary ist in einer unglücklichen Ehe gefangen, seine Frau betrügt ihn mit dem lokalen Teppich-Mogul, und sein Job in der Verwaltung eines Gabelstapler-Unternehmens, ist eintönig. Seine einzige Freude im Leben ist Golf und selbst diese Freude treibt ihn teilweise in aggressive Ausbrüche, was man als Golfer durchaus nachvollziehen kann.

Gary Irving's Leben wendet sich jedoch, als er den Golfball eines Spielers, der gerade einen 300 Meter langen High-Slice geschlagen hat, mit voller Wucht an den Kopf bekommt. Er fällt ins Koma und findet sich auf einmal im Augusta National wieder, wo er auf seinen toten Vater, von dem er die Golfliebe vermacht bekommen hat, bei einer entspannten Runde Golf mit Bobby Jones und Ben Hogan trifft. Sie sprechen über Golf und das Leben, gerade als er mit Bobby Jones über die mentalen Tücken des Golfsports sinniert, erwacht er im Krankenhaus und wird aus seinem Komatraum gerissen. Die Erleichterung über sein Erwachen weicht schnell dem Schock über die Diagnose der Folgeschäden: Gary hat Tourette-Syndrom, heißt, er speit gelegentlich unkontrolliert derbe Ausrufe und Beleidigungen heraus.

Nachdem er wieder zu Hause und mehr oder weniger genesen ist, will er endlich wieder golfen. Da er sich aber noch schonen muss, puttet er in seinem Schlafzimmer und merkt sofort, irgendwas ist anders. Als er einige Tage später endlich wieder auf dem Golfplatz ist, bestätigt sich, was er zu Hause schon vermutet hatte, sein Golfspiel ist wie ausgewechselt. Er ist nun ein begnadeter Golfer, wäre das Tourette nicht, könnte er der glücklichste Mensch auf Erden sein. Denn in Stresssituationen, in die ihn seine neugewonnenen Fähigkeiten unweigerlich bringen, bricht das Syndrom besonders stark hervor und zwingt ihn nicht nur dazu Obszönitäten auszurufen, sondern bis hin zur öffentlichen Masturbation. Dennoch spielt er sein Handicap in kürzester Zeit in den Scratch-Bereich herunter und, durch seinen besten Freund Steve motiviert, qualifiziert er sich für die British Open. Während das alles passiert, verstrickt sich sein Bruder in üble Machenschaften mit dem lokalen Gansterboss, Ranta, was nur übel enden kann. Durch viele kleine Zufälle, nicht zuletzt, weil Ranta ebenfalls ein Golfnarr ist, laufen die ungleichen Geschichten der beiden Brüder zusammen und enden auf dem Golfplatz von Royal Troon.

John Niven schreibt derbe und ist nichts für zartbesaitete Leser

John Niven ist bekannt für seine derbe Ausdrucksweise und seinen schwarzen Humor, auch in diesem Roman findet man beides. So beschreibt er teilweise über eine ganze Seite, den Akt des Betrugs von Garys Frau und ihrem Liebhaber, oder, ebenfalls sehr detailreich, wie in Ungnade gefallene Gangster brutal gefoltert werden. Ebenso die Tourette-Aussetzer, hier wird schnell eine halbe Seite mit üblen Beschimpfungen und Ausrufen gefüllt. Wem das nichts ausmacht oder wer es sogar amüsant finden kann, dem kann sich die wahre Stärke des Buchs offenbaren. Niven schafft es nicht nur viele Handlungsstränge raffiniert zusammenlaufen zulassen, sondern auch seinen Figuren enorme Tiefe zu verleihen, was einen unweigerlich zu Sympathie oder Antipathie verleitet. Darüberhinaus findet sich sein großes Golfwissen im Roman wieder, Beschreibungen von Plätzen, Schlägen, Flugkurven und Treffmomenten sind so detailreich, dass sie jeden Golfer begeistern und zufriedenstellen sollten. Ebenfalls die traumartigen Passagen in denen die weltbekannten Golfer, Ben Hogan und Bobby Jones, zu Wort kommen, sind eine tolle Ergänzung für alle Golfbegeisterten und Runden das Leseerlebnis ab. Aber auch Nicht-Golfer können ihre Freude an diesem gut geschriebenen Roman haben und darüber vielleicht sogar den Zugang zu dem Sport, den wir alle so lieben, finden.

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