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Die Golfanlage der Zukunft: Mehr Spektakel, weniger Wiese

10. Mai. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

"Build it and they will come": Plätze wie der GC Föhr reüssieren auch dank ihres Aufsehen erregenden Designs, in ihrem Reiz liegt die Zukunft des Golfspiels. (Foto: Golf Post)

"Build it and they will come": Plätze wie der GC Föhr reüssieren auch dank ihres Aufsehen erregenden Designs, in ihrem Reiz liegt die Zukunft des Golfspiels. (Foto: Golf Post)

„Build it and they will come.“ Der Satz stammt vom amerikanischen Investor Mike Keiser und bedeutet sinngemäß: Erschaffe etwas Besonderes und die Leute werden‘s honorieren. Es ist quasi seine Erfolgsmaxime. Keiser entwickelt Golfplätze, solche wie Bandon Dunes in Oregon, Cabot Links und Cabot Cliffs in Nova Scotia, jüngst Sand Valley in Mullen/Nebraska, allesamt grandiose, einmalige, atemberaubende Kurse. Allesamt aber auch hinter dem Bretterzaun links, mitten im Nirgendwo. Keiser ist ein Visionär, und seine Visionen funktionieren.

Zeitloser Reiz am „Ende der Welt“

Dem Portal „Links Magazine“ hat er verraten, dass er im Fall von Bandon Dunes lediglich bereut, keine größere Küche und kein größeres Restaurant vorgesehen zu haben. Das sagt alles: Die Golfer reisen bis ans „Ende der Welt“, um solch phänomenale Parcours zu spielen. Wie die großen alten Kurse und deren immerwährender Nimbus, allen voran der Old Course von St. Andrews, sind es Plätze von zeitlosem Reiz. Kurse mit Zukunft. Und ebenso liegt in ihrer Faszination die Zukunft des Golfspiels.

Reden wir über übermorgen! Schon heute gibt es in Deutschland mehr „freie“ Golfer – 954.000 laut 2016er Segmentierungsstudie des Deutschen Golf Verbands – als in Clubs und im Verband registrierte Aktive. Noch lebt letztere Kategorie von den geburtenstarken Jahrgängen ab 1955, von der Ü50-Generation, die als „Best Ager“ den alljährlichen Golfer-Schwund auffangen und gar für minimales Wachstum sorgen. Sie machen aktuell 63,7 Prozent der organisierten Golfer aus. Das Reservoir der sogenannten Baby-Boomer freilich ist naturgemäß begrenzt, es endet statistisch 1969. Und dann?

Grundlegender Wandel der Freizeitkultur

Kluge Köpfe weisen seit langem darauf hin, dass Verbände und Vereine, Funktionäre und Betreiber sich mehr Gedanken darüber machen müssen, warum die Leute dem Spiel (wieder) den Rücken kehren, anstatt Millionen Euro für Neukunden-Gewinnung auszugeben. Wer über Golf in der Zukunft nachdenkt; darüber, wie Golf und eine Golfanlage für die Zukunft fit gemacht werden kann; der kommt an ein paar grundlegenden Einsichten nicht vorbei. Die vier apokalyptischen Reiter des Spiels sind hinlänglich thematisiert: der Zeitaufwand, die Kosten, die Kompliziertheit von Technik und Regeln sowie last but not least das Image. Gern außer acht gelassen wird allerdings, dass dahinter ein grundlegender Wandel der Freizeitkultur steht. Der hilft den vorgenannten „Dämonen“ vielfach erst in den Sattel.

Der Mensch des 21. Jahrhunderts verschreibt sich nicht mehr einer Sache bedingungslos. Bombardiert von einer schier unübersehbaren Fülle an Angeboten und Reizen flattert er von Erlebnisblüte zu Erlebnisblüte, hier etwas Thrill, dort etwas Kick, da etwas Entertainment. Golf in seiner gesamten Komplexität indes ist „verschreibungspflichtig“. Den Bewegungsablauf können wir nicht ändern, dann ist es kein Golf mehr. Die Kosten – mit Verlaub – sind relativ, wir geben für Skiurlaub, neue Felgen am Auto oder die Sub-Woofer des Heimkinos ein zigfaches vom Golf-Jahresbudget aus. An den Regeln wird geschraubt, noch längst nicht genug, doch ein Anfang zur Vereinfachung ist gemacht. Also bleiben Zeit und Image. Golf dauert zu lange und ist mittlerweile vor allem uncool, auch wenn sich das Brandmal des Betuchtenvergnügens hartnäckig hält.

Famose Lagen, Aufsehen erregendes Design

„Die Zukunft des Golfspiels heißt Spaß“, proklamiert Gil Hanse, Architekt des Olympia-Platzes von Rio, des Black Course im Streamsong Resort zu Florida oder der Castle Stuart Golf Links in Schottland und sowieso einer der Großen seiner Zunft. Das heißt nicht, dass Golf neu erfunden werden muss. Auch hat der gute alte 18-Loch-Platz keineswegs ausgedient, wenngleich Deutschlands Golflandkarte voll von gewalzten Ex-Ackern ist, deren Verantwortliche fernab kaufmännischer Sorgfaltspflicht immer noch auf den Boom warten, der in den 1990 Jahren herbeigeredet wurde, während sie sich Greenfee-Rabattschlachten liefern und allzu oft nicht mal die schwarze Null unters Jahresergebnis bringen.

Es braucht schlichtweg neuen oder zusätzlichen Erlebniswert, um Interessenten zu locken und Adepten am Schläger zu halten. Beispiel gefällig? Es gibt hierzulande etliche Anlagen, die dank ihrer famosen Lage oder/und ihres Aufsehen erregenden Designs reüssieren. Budersand auf Sylt zum Beispiel, das Hofgut Georgenthal im Taunus, das Ostsee Golf Resort Wittenbeck, der GC Föhr. Die Aufzählung ist subjektiv und erhebt keinen Anspruch auf Alleingültigkeit, sie bestätigt gleichwohl Mike Keisers Leitsatz. „Build it and they will come“: Solche Plätze will man einfach spielen – was zu beweisen war!

Renaissance der Kurzplätze

„Golf ist ein derart schwieriges Spiel, dass wir alles daran setzen müssen, die erste Begegnung mit dem Sport zu einem Vergnügen und einem Zugewinn an positiven Aspekten zu machen“, sagt US-Designer Hanse laut „Golf.com“. Und nicht nur im Fußball liegt die Wahrheit zuvorderst auf dem Platz. Die Golfanlagen sind gut beraten, dem Rechnung zu tragen. Beliebigkeit ist weder begehrenswert, noch sexy. Kurz: Es braucht mehr Entertainment und Spektakel, weniger witzlose Wiese.

Hanse hat unlängst im US-Golf-Mekka Pinehurst einen formidablen Kurzplatz fertiggestellt. „The Cradle“ – die Wiege, wie bezeichnend – steht als eines von etlichen Beispielen für die Renaissance der Par-3-Kurse, Kurz- und Hybridkurse. So, wie der Düsseldorfer Architekt Christian Althaus gerade einen im Rahmen der Erweiterung des Golfclubs Herzogswalde bei Dresden baut, einen anspruchsvoll gestaltetet Championship-Kurs im Kleinen, auf dem sich genau das in idealer Weise optimieren lässt, was beim Golf letztlich über Wohl und Wehe des Scores entscheidet, das kurze Spiel nämlich. Aus den einstigen Stiefkindern des „richtigen“ Platzes, den nicht selten lieblos durchgeschleppten Tummelplätzen für Anfänger und Spielplätzen für Kids, sind Hoffnungsträger der Golf-Entwicklung geworden.

Klarer Trend zu weniger Löchern pro Runde

Die Vorteile liegen auf der Hand. Der geringere Flächenbedarf lässt stadtnähere Lagen trotz oftmals höherer Pachtpreise zu, der Zeitaufwand für Anfahrt und Spiel sinkt signifikant, „wahres“ Golf ist‘s bei entsprechender Gestaltung allemal. „In den Niederlanden entfallen 65 Prozent aller Greenfees auf 9-Loch-Runden“, verdeutlichte der holländische Designer Frank Pont im Portal „Golf Course Architecture“. „Sehr viele Leute wollen keine fünf Stunden mehr aufbringen, um Golf zu spielen, allenfalls 90 Minuten bis zwei Stunden. Das generiert einen klaren Trend hin zu 9-, 12- oder sogar nur 6-Loch-Runden.“

Es bestehe folglich ein starker Bedarf an urbanen Golfplätzen mit weniger Löchern und geringem Geländebedarf. „Idealerweise streben wir 6-, 9- oder 12-Loch-Kurse mit separaten Schleifen von je drei oder sechs Löchern zuzüglich Übungseinrichtungen an.“ So ein Konzept hat Peter Merck, Inhaber und Macher der Hamburger Golf Lounge, seit Jahren in der Schublade. „Golf Lounge Country“ nennt sich der „flotte Dreier“ mal Sechs, jeder kann spielen welchen Platz-Typus er mag und wie viele Löcher er will (siehe Foto).

Golf Lounge Country Zukunft Golfplatz

So sieht das Konzept aus der Feder von Peter Merck aus. (Foto: Golf Lounge)

Zauberwort „Reversible Course“

Am Variantenreichtum muss es auf einem Kurzplatz ebenfalls nicht fehlen. Das Zauberwort heißt „Reversible Course“. Tom Doak hat mit „The Loop“ in Michigan vorgemacht, wie sich ein Golfgeläuf vorwärts und rückwärts bespielen lässt. Frank Pont dazu: „Es ist halt bloß für den Architekten intellektuell etwas anstrengender, einen guten reversiblen Platz zu kreieren“.

Der Stichworte gäbe es noch viele, sei es Carving Golf oder die Idee eines „Pay-per-Hole“-Systems. Allen gemein ist, dass man es einfach mal machen, mal wagen muss. Es ist eine Frage des Geldes, ja natürlich, aber in Zukunft muss halt investiert werden. Anspruchsvolles Design ist ein sinnvolle Investition, es bringt Alleinstellungsmerkmale. Oder anders: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Das gilt auch für Golfplätze.


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