Golf in Deutschland

Platzreifekurse – Fluch oder Segen?

10. Jul. 2018 von Jan Heidemann in Köln, Deutschland

Lernt man bei einem Platzreifekurs wirklich alles, was man über Golf wissen muss? (Foto: Getty)

Lernt man bei einem Platzreifekurs wirklich alles, was man über Golf wissen muss? (Foto: Getty)

Nie war der Zugang zur Erlangung der Platzreife einfacher und vor allem günstiger. Oft werden Kompaktkurse für 200 bis 300 Euro angeboten, oft sogar noch günstiger. Dabei erwarten die Teilnehmer in der Regel vier bis acht Trainingseinheiten, je nach Dauer der einzelnen Termine. Die Inhalte widmen sich meistens in Blöcken dem kurzen Spiel, den Eisenschlägen, dem Putten sowie einer Theorieeinheit. Aufgrund der Kompaktheit dieser Kurse ist das erfolgreiche Ablegen der Platzreife an beispielsweise nur zwei Wochenenden möglich. Es gibt sogar Kurse, die den gleichen „Erfolg“ an einem einzigen Wochenende versprechen.

Golfen lernen an nur einem Wochenende? - Unmöglich!

Jetzt stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung zuträglich für den Golfsport ist? Jener Sport, der nachweislich einen der schwersten Bewegungsabläufe überhaupt bietet. Der Sport, bei dem Profis trotz jahrelangem Erfolg ihre Technik komplett verändern. Oder auch innerhalb kürzester Zeit ihr Leistungsniveau nicht mehr abrufen können. Die gefühlt tausend Parameter bzw. Stellschrauben machen diesen Sport so schwer, aber eben auch so außergewöhnlich. Und nun soll innerhalb weniger Übungseinheiten diesen Schwierigkeiten ausreichend entgegengewirkt werden. Unmöglich!

Platzreifekurse auf dem erwähnten Niveau sollten viel mehr als Einstieg oder Schnupperangebot in den Golfsport gelten bzw. betrachtet werden. Denn ehrlicherweise reicht das Können der meisten Absolventen nicht aus, um beispielsweise einen geregelten Ablauf während eines Turniers zu gewährleisten. Dies liegt nicht nur an den nicht ausreichend erlangten motorischen Fähigkeiten, sondern vor allem auch an den mangelnden Kenntnissen bezüglich der Golfetikette und des Regelwerks. Oft wird in den Kompaktkursen nicht einmal absolutes Grundwissen, wie das Spielen eines provisorischen Balls oder das Verhalten bei Wasserhindernissen, ausreichend vermittelt. Wie auch, bei den knapp bemessenen Unterrichtsstunden? Genau hier beißt sich leider die viel zitierte Katze in den Schwanz.

Platzreifekurse vereinfachen den Zugang zum Golfsport

Auf der einen Seite ist es notwendig und richtig, den Zugang zum Golfspiel so einfach wie möglich zu gestalten. Gerade die immer noch weitverbreitete Vorstellung des teuren, elitären Sports gilt es aufzubrechen. Und wenn Platzreifekurse kostentechnisch beispielsweise im hohen dreistelligen Euro-Bereich liegen würden, wäre das Kind wahrscheinlich schon für viele sprichwörtlich in den Brunnen gefallen. Allein die Tatsache, dass eine Art „Führerschein“ benötigt wird, um den Sport auf der eigentlichen Wettkampfstätte betreiben zu können/dürfen, kann nachvollziehbar bei einigen „Interessenten“ für eine gewisse Abschreckung sorgen. Demnach müssen die Barrieren für das Kennenlernen des Golfsports möglichst gering gehalten werden.

Für die Golfclubs sind die attraktiven Einstiegs-Angebote eine hervorragende Möglichkeit neue Interessenten und in der Folge neue Mitglieder zu gewinnen. Auf der anderen Seite sollte auch auf eine vernünftige “Ausbildung“ geachtet werden. Hier sollten speziell die kompakten Platzreifekurse nur als erster Schritt betrachtet werden. Geeignet um das Interesse zu wecken, aber zwingend mit weiteren Trainingseinheiten darauf aufbauend. Und das sollte eigentlich gelingen, denn wer einmal Blut geleckt hat, den lässt der Golfsport selten los.

Training und Aufbaukurse sind unerlässlich

Weniger problematisch als eventuell angenommen, ist die Selbsteinschätzung der eigenen Spielstärke bei Anfängern. Hier scheint durchaus Realismus gegeben zu sein. Sie selber merken schnell, dass ihre Kenntnisse und Fähigkeiten oft noch nicht ausreichend sind. Dies führt zuweilen zu einer spürbaren Verunsicherung. Nicht grundlos scheinen viele Anfänger beim ersten Turnier ein Stück weit überfordert bzw. meiden gar diese Situation. So ist es in der Regel für Golfbeginner unerlässlich, parallel zum Einsteiger-Kurs, selber aktiv zu üben und danach einen Aufbaukurs zu absolvieren, um die erlernten Fähigkeiten zu stabilisieren. In Gesprächen mit Golflehrern wird einem diese Tatsache oft bestätigt. Ohne Eigeninitiative ist ein vernünftiges Spielniveau am Ende des Kompaktkurses kaum zu erreichen. Diesbezüglich steht der Anspruch des Golflehrers konträr zu den Ambitionen der Golfclubs.

Vorbei sind die Zeiten, in denen die Platzreifeprüfung wirklich noch als Prüfung in Praxis und Theorie angesehen werden konnte. Tatsächlich mit der Möglichkeit durchzufallen und die Prüfung zu wiederholen. Heutzutage ist das erfolgreiche Bestehen der Platzreife nur noch Formsache. Aber aufgrund des verstärkten Wettbewerbs nachvollziehbar und eine Notwendigkeit. Entscheidend ist an die ersten Erfahrungen sowie Trainingseinheiten anzuknüpfen und darauf aufbauend die Fähigkeiten weiterzuentwickeln.


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