Golfreisen

La Cigale Tabarka Golf in Tunesien – Juwel an fast unbekannter Küste

04. Mai. 2020 von Michael F. Basche in Tabarka, Tunesien

Wow-Effekt: La Cigale Tabarka Golf im Nordwesten Tunesiens verblüfft mit prächtigen Perspektiven und ist definitiv eine Reise wert. Foto: Michael F. Basche

Das ist ja vielleicht Geschmacksache: Aber auf einer Golfrunde gibt‘s doch kaum was schöneres, als eine Bahn herunter zu spielen, an deren Ende das Grün vom Meer und vom Horizont umrahmt ist. Oder? Für mich jedenfalls sind Plätze mit Panorama, Löcher mit Lage und Annäherungen mit Aussicht im Beliebtheitsranking schon mal ganz vorn; das Auge spielt schließlich mit. Wenn dann noch das Design stimmt …

Alternative zu arrivierten Winterdestinationen

Tabarka ist so ein Kurs: der ein hochwertiges und abwechslungsreiches Layout hat, auf dem Grüns oberhalb des Strands liegen, wo der Ozean die Kulisse bildet, idealerweise unter azurblauem oder allenfalls leicht bewölktem Sonnenhimmel. Tabarka? Kommt jetzt nicht jedem bekannt vor. Indes, es gibt Alternativen zu den sattsam bekannten, arrivierten Destinationen, die hiesige Golfer von winterfeuchten Fairways und frostigen Grüns in freundlichere Gefilde locken. La Cigale Tabarka Golf, so der offizielle Name, im äußersten Nordwesten Tunesiens ist so ein Reiseziel, ein Juwel, das nahezu im Verborgenen glänzt.

Vergleich mit Algarve und Kalifornien

Das liegt nicht zuletzt an der Erreichbarkeit, zugegeben. Der Flughafen des einstigen Fischerdorfs und Handelshafens wird von den Fluglinien nicht angesteuert, die Route nach Tabarka führt über rund 175 Straßenkilometer vom Airport in der Hauptstadt Tunis an die sogenannten Korallenküste. Gleichwohl: Der Weg lohnt sich. Zumal, seit der Platz nach einer zweijährigen Renovierungsphase im Frühjahr 2017 wieder eröffnet wurde. Vor Ort bemühen sie in ihrer Selbstdarstellung Vergleiche zur portugiesischen Algarve und gar zu Schottland; der in Tunesien allgegenwärtige Architekt Ronald Fream sah Tabarka als mediterranes Äquivalent zu kalifornischen Ikonen wie Cypress Point, als er das ursprüngliche Geläuf 1992 auf die Dünen sowie in die Korkeichen- und Kiefernbestände am Ortsrand pflanzte.

Blick auf Festung und Meer als prächtige Perspektive

Ganz verkehrt liegt man damit nicht. Das Par-72-Ensemble mit seinen 6.306 Metern von Weiß ist auf 110 Hektar ein gefälliges, zudem anspruchsvolles und in einigen Szenenbildern tatsächlich atemberaubendes Dreierlei aus Linksstyle-, Clifftop- und Parkland-Platz. US-Designer Fream hat sein Routing geschickt in die naturgegebene Modulation eingepasst und überrascht an mancherlei Ecken mit verblüffenden Blickachsen.

Bestes Beispiel ist die 14, wo sich in einem Loch der gesamte Reiz von Tabarka komprimiert. Fast wie eine Rampe führt das Fairway vom Abschlag bergauf, der rechts wie links dicht bewachsene Saum bietet im Wortsinn wenig Spielraum für einen unpräzisen Drive, in der Ferne thront über der Stadt die Festung, die sich der Genueser Lomellini-Clan 1540 bauen ließ, nachdem die Familie von Kaiser Karl V. eine Konzession zur Kolonialisierung Tabarkas erhalten hatte und sich anschickte, die reichen Vorkommen an roter Koralle auszubeuten, für die Tabarka bis heute berühmt ist. Auf der Fairway-Kuppe angekommen, entfaltet sich eine prächtige Perspektive auf Mittelmeer, Bucht und Stadt – wie soll man da konzentriert und fokussiert das Grün anspielen?

Schauplatz eines hochkarätigen Jazz-Festivals

Überhaupt ist der grüne Nordwesten Tunesiens eine landschaftlich reizvolle Gegend. Hinter zahlreichen unberührten Buchten erhebt sich eine waldreiche Region mit pittoresken Bergdörfern inmitten von Korkeichen, Birken, Pappeln und Erlen, ideal für Wanderungen und Erkundungen zu Fuß, per Mountainbike oder auf dem Pferderücken. Tabarka selbst, im fünften Jahrhundert vor Christus von den Phöniziern gegründet, ist bekannt für den Reichtum seiner Unterwasserwelt, aber nicht nur ein Eldorado für Taucher. Seit 1973 zieht das Tabarka Jazz Festival Musikliebhaber aus der ganzen Welt an, im Freilufttheater gaben sich bereits Stars wie Diana Krall, Al Jarreau, Keith Jarrett, Dizzy Gillespie oder Miles Davis und Formationen wie The Temptations und Kool & The Gang ein Stelldichein.

Problematische Grüns wurden saniert

Apropos Grüns: Bei meinem Besuch, das ist der Ordnung halber zu erwähnen, waren einige der Puttflächen nicht in bestem Zustand. Irgendjemand hatte nach dem Mähen der Umfelder das Schnittgut nicht ordentlich entsorgt, fremdes Gras war auf die Bermuda-Grüns geweht worden und sprießte dort als Fremdkörper. Das kommt in den „besten Familien“ vor, siehe Chambers Bay, wo die USGA im Vorfeld der US Open 2015 das Kommando übers Greenkeeping übernommen hatte, prompt den Kuckuck Poa Annua sich in den Festuca-Flor einnisten ließ und damit bekanntermaßen fast eine Revolution unter den Spielern auslöste.

In Tacoma haben sie mittlerweile kapituliert und ihre Grüns komplett auf Poa umgebaut, in Tabarka wurde der Bermuda-Belag saniert, so hatte es Manager Mehdi Aouidha beim Infogespräch im architektonisch extravaganten Clubhaus angekündigt, bevor es mit Pro Mejid Mnisri auf die Runde ging.

Vom Parkland in den Linksstil

Vom 3.000 Quadratmeter großen Golferheim mit seiner als aufrechtes Fünfeck gebauten Halle geht es für drei Bahnen ins Landesinnere. Der Beginn ist konservativ, Parkland halt, mit Kiefern und drei Seen insgesamt, bevor Freams Layout Richtung Ozean abbiegt und Loch vier am Westflügel des Hotels La Cigale vorbei zum Mittelmeer hinab gleitet und den anfangs erwähnten Wow-Effekt auslösen. Mit dem Hotelkomplex im Rücken und vereinzelten Bäumen, die in der steten Seebrise zu „Windflüchtern“ gewachsen sind, geht es entlang der Küstenlinie weiter, bevor die Zufahrtsstraße nach Tabarka wieder gequert werden muss, um die Runde auf dem besonders malerischen Teil durch den dichten Bewuchs knorriger Korkeichen und krummer Kiefern fortzusetzen.

Hotel mit allen Annehmlichkeiten eines Resorts

Noch ein Wort zum Hotel La Cigale. 2013 übernahm eine Investorengruppe aus Katar die Immobilie und baute sie zur 5-Sterne-Luxusherberge um. Das Ensemble präsentiert sich seit 2014 mit prätentiöser Innenarchitektur und klassischem Interieur. Mit seinen beiden Inhouse- sowie dem Terrassen- und Poolrestaurants, Teesalon, maurischem Café und zwei Bars, den Konferenz- und Veranstaltungsräumlichkeiten, dem Spa- und Thalassobereich auf insgesamt 2.300 Quadratmetern sind auch Nichtgolfer – das Clubhaus hat zudem eine eigene Gastronomie – dort bestens aufgehoben. Die Küche ist international, basiert indes auf regionalen Produkten aus dem Meer, den umliegenden Wäldern und den fruchtbaren Ebenen des Umlands. Mit drei Fußballfeldern schließlich empfiehlt sich La Cigale überdies als Trainingsquartier für Kickerteams.

Schlussloch als „Signature Hole“

Der Platz freilich ist für einen Resortkurs erfreulich knackig, mit üppig daher kommenden, tiefen Bunkern bestückt. Insgesamt sieben Bahnen erstrecken sich ganz oder in Teilen direkt an der Küste, das „Signature Hole“ ist allerdings die 18, ein wahrhaft furchteinflößendes Par 4, das einen guten Drive und ein präzises Fairway-Holz über den mächtigen See vor dem Grün erfordert, um überhaupt eine Chance auf einen zufrieden stellenden Score zu haben – als Abschluss einer Runde über eine wirklich famose Wiese. Ich wiederhole mich gern: Tabarka ist die Reise wert!

Offenlegung: Diese Reise fand auf Einladung des Fremdenverkehrsamts Tunesien/Frankfurt a. M. in Kooperation mit Tunisair statt. Der Artikel spiegelt jedoch ausschließlich eigene Eindrücke und Meinungen wider.


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