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Wenn auf dem Golfplatz der Apfel nicht weit vom Stamm fällt

01. Apr. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Die Infotafel zum Obstbaumlehrpfad im GC Schönbuch. (Foto: Facebook/@deutschegolfsport)

Die Infotafel zum Obstbaumlehrpfad im GC Schönbuch. (Foto: Facebook/@deutschegolfsport)

Warum eigentlich ständig in die Ferne schweifen? In den Supermärkten stapeln sich Äpfel aus Neuseeland und Birnen aus den Niederlanden oder Himbeeren aus Marokko und Kirschen aus Chile – heran gekarrt mit dem ökologischen Fußabdruck eines Yeti. Dabei hat Deutschland so wunderbare Obstanbaugebiete, im Hamburger Alten Land beispielsweise oder am Bodensee in Baden-Württemberg, man muss bloß saisonal denken und sowieso nachhaltig. Erdbeeren oder Spargel sind um diese Zeit halt vor allem ökologischer Irrsinn einer Überflussgesellschaft, die grenzen- und maßlose Verfügbarkeit erwartet. Aber was hat das mit Golf zu tun? Eine ganze Menge, wenn man den nachhaltigen Gedanken, der auf Golfanlagen längst Einzug gehalten hat, in der Bauweise oder im Greenkeeping beispielsweise, auf die Randbereiche unserer Spielwiesen ausdehnt. Im Wortsinn.

Golf braucht, bietet aber auch Raum

Golf als flächenintensive Sportart frisst Raum. Aber das Spiel bietet auch sehr viel Raum für Natur. Immerhin werden 50 bis 60 Prozent der Fläche eines Golfplatzes fürs Spiel nicht wirklich gebraucht, sind Schutz- und Sicherheitsräume und damit Rückzugsräume für Flora und Fauna. Gelegentlich stört einer, wenn er seine Bälle allzu sehr streut. Als Streuobstwiesen hingegen nutzt beispielsweise der Golfclub Schönbuch diese Bereiche. Der Club pflegt auf seinen 110 Hektar Fläche am Rand von Holzgerlingen/Baden-Württemberg alte Obstsorten, hat einen „Obstbaumlehrpfad“ eingerichtet und sich mit diesem Projekt zum Innovationswettbewerb des Deutschen Golf Verbands (DGV) angemeldet.

„Umweltbildung für Kinder und Erwachsene“

Unter dem Credo „Abschlag der Ideen“ ging es 2018 mit dem Partner Allianz um „Golf und Natur“, und Schönbuch schaffte es mit seinem Lehrpfad an einem öffentlichen Wander- und Radweg nicht nur ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit oder von Schulen etwa, sondern zudem in den Kreis der drei Finalisten, die sich beim DGV-Verbandstag am 6. April zur Abstimmung über den endgültigen Preisträger den DGV-Mitgliedern stellen. „Durch geschickte Einbindung der Nachbarschaft ist das Projekt öffentlich hochwirksam und trägt zur Umweltbildung von Kindern und Erwachsenen sowie zu einer positiven Imagebildung für den Golfsport bei“, heißt es in der Würdigung des DGV.

 

DGV suchte Umweltprojekte aus dem Golfbereich

63 Bewerbungen gingen gemäß des DGV-Aufrufs nach „besonderen Beispielen für innovative, kreative und nachhaltige Umweltprojekte aus dem Golfbereich“ in Wiesbaden ein und wurden von einer neunköpfigen Jury gesichtet. Im Anforderungsprofil ging es darum, „Schutz, Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft zu leisten oder dazu zu animieren“ sowie „den Verbrauch von Ressourcen zu minimieren sowie die Umwelt zu schützen.“ Die Kriterien lauteten: Innovationsgrad und Kreativität, Vorbildwirkung und Möglichkeit des Transfers, Naturerlebnis und Umweltwirksamkeit sowie Öffentlichkeits- und Imageeffekte.

Neben Schönbuch zogen der Stuttgarter Golf-Club Solitude mit seiner „GreenCycled Scorecard“ und der Golf- und Country Club Seddiner See mit seinem „Monitoring der Artenvielfalt am Seddiner See“ in die Endauswahl ein.

Alte und schützenswerte Obstbaumsorten

360 Obstbäume stehen auf dem Gelände des GC Schönbuch, allein 200 davon wurde 2014 im Rahmen einer Baumpflanzaktion gepflanzt und davon wiederum 27 als Obstbaumlehrpfad entlang des öffentlichen Rad- und Wanderweges, der die Anlage durchkreuzt. Es sind durchweg alte und schützenswerte Obstbaumsorten, mit seinem Engagement leistet der Club einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des landschaftstypischen Streuobstbestands.

Hoher ökologischer Wert

Streuobstwiesen sind per Definition extensiv genutzte Flächen mit oftmals mehreren Obstsorten und einem artenreichen Unterwuchs, der vielen Tierarten Lebensraum bietet. Während in Plantagenbetrieben Hochleistungspflückerei mit Erntemaschinen betrieben wird, gilt hier noch buchstäblich: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

So sind denn die Schönbucher Streuobstwiesen „von hohem ökologischen Wert“, erläutert Stephanie Erhardt, die als Streuobst- und Kräuterpädagogin allen Interessierten die Natur im GC Schönbuch nahe bringt: „In Baden-Württemberg haben sich die Streuobstbestände in den letzten 50 Jahren halbiert.“

Umweltstiftung der Allianz auch vor Ort aktiv

Der DGV-Partner Allianz unterstützt nicht nur den  Golfverband in Sachen „Golf & Natur“ und beim Innovationswettbewerb, sondern ist ebenso direkt vor Ort aktiv. „Über Jahre habe ich gelernt, dass Golfplätze in Zeiten, in denen die Monokultur in der Landwirtschaft beklagt wird, für Fauna und Flora ganz außergewöhnliche Maßnahmen umsetzen. Also habe ich unsere nunmehr seit 28 Jahren existierende Umweltstiftung gebeten, das Thema mal ins Blickfeld zu nehmen“, hat Allianz-Sponsoringchef Manfred Boschatzke mal im Gespräch mit dem Autor erzählt.

So gibt es beispielsweise das Projekt „Allianz Honig von Partner-Golfclubs“, und es wurden auf zehn Golfplätzen „Streuobstwiesen für die Zukunft“ angelegt. Boschatzke: „Es lohnt sich zu transportieren, dass die Golfclubs in Deutschland sehr viel mehr für die Umwelt machen, als die meisten Leute wissen.“


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