Panorama

Arne Gebhardt: „Völlig vom Ballgefühl abhängig“

24. Mrz. 2014 von Michael F. Basche in Hamburg, Deutschland

Golf Post Autor Michael F. Basche traf Arne Gebhardt in Hamburg und sprach mit ihm über das große Ziel European Senior Tour

Golf Post Autor Michael F. Basche traf Arne Gebhardt in Hamburg und sprach mit ihm über das große Ziel European Senior Tour (Foto: Privat)

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Arne Gebhardt hat recht. Sein Schwung mit dem Driver sieht wirklich ein bisschen nach Jim Furyk aus. Aber der hat mit seiner Schläger-Schlenkerei 2003 die US Open gewonnen und vergangenes Jahr eine 59 gespielt. Geht doch! Arne Gebhardt hat auch was Besonderes vor. Er will bekanntlich sein Handikap von derzeit 1,6 auf eine Null vor dem Komma schrauben, die Q-School überleben und im Sommer 2015, sozusagen als Geschenk zum 50. Geburtstag am 8. Juli, auf der European Senior Tour abschlagen. Im Talk mit Golf Post hat er davon schon erzählt, jetzt stehen wir auf der Driving Range des Golf-Clubs Hamburg Wendlohe, und Gebhardt lässt die Schläger sprechen.

Stinksauer nach geschossener 130

Der 48-Jährige ist so was wie ein „Natural Born Golfer“. 1993 bekam er mal zwei Tage Unterricht, als ihn seine Eltern zum Golf überredeten, dann verpasste ihm der Pro Handikap 36. „Als Regionalliga-Hockeyspieler hatte ich sozusagen zwei Jahre Driving-Range-Vorsprung“, sagt Gebhardt. Beim ersten Turnier freilich half das wenig: „Ich schoss eine 130 und war stinksauer.“ Ein Jahr blieb Gebhardt dem „Sch...spiel“ fern, bis er im März ’94 seine Eltern im Ruhestand in Portugal besuchte, zwei Monate lang fast nur Golf im benachbarten Pestana-Resort spielte und dort sein zweites Turnier prompt mit 44 Netto gewann. Die Reise bewältigte er übrigens auf einem Motocross-Motorrad, war zehn Tage unterwegs.

Arne Gebhardt betont: „Bin kein Spinner“

Bei solchen „Ausflügen“, Nürburgring-Nordschleifen-Rennen oder Fallschirmsprüngen und angesichts der fixen Idee, Senior-Tour-Spieler zu werden, stellt sich die Frage, ob der Mann ein Abenteurer ist? Ganz mag Gebhardt das nicht ausschließen. Sein bunter Lebenslauf öffnete den Horizont, erweiterte die Blickrichtung. Aber er beschreibt sich lieber als „neugierigen Träumer“: „Ich versuche, mein Ding zu machen. Auch, weil ich glaube, dass das Leben uns eine Karte offenbart, auf der wir viele Punkte ,abarbeiten‘ können.“

„95 Prozent meiner Golfrunden sind Turniere“

„Vor allem aber,“ betont der Finanz- und Vermögensberater, „bin ich kein Spinner! Ich kann und will meinen Job nicht vernachlässigen, setze gewiss nicht das letzte Hemd aufs Spiel.“ Er habe keinen Montgomerie oder Woosnam im Sinn, wenn er an die Senior Tour denke: „Ich versuche bloß, meinen Traum zu leben. Und ich bin Realist genug, um zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, es zu schaffen, prozentual nicht auszurechnen ist. Aber ich möchte herausfinden, was ich maximal erreichen kann.“

Zuvor hat der Hamburger in seinen 21 Golfjahren kaum wirklich geübt, hatte nach den zwei Tagen 1993 nie mehr eine Einzel-Unterrichtsstunde. „Wenn ich auf der Range mal einen Eimer Bälle gezogen habe, hieß es schon: ,Arne hat heute Großes vor‘.“ Gebhardt ist Turnierspieler: „95 Prozent meiner Golfrunden sind Turniere.“ 60 bis 70 Wettkampfrunden sind für 2014 geplant. „In drei Monaten weiß ich, wo ich stehe. Ein Tick unter 1,0 wäre optimal.“

Putten mit schiefem Griff

Gebhardt spielte sich mit 08/15-Schlägern auf Handicap drei herunter und wunderte sich über die vielen „Pushs“ auf dem Grün. Bis er feststellte, dass der Puttergriff sich nach links verdreht hatte. Er rüstete sein Bag etwas auf, verbesserte sich auf 1,6. Den Putter indes benutzt er immer noch, ließ bloß den lockeren Griff kleben, exakt in der Schiefstellung, „weil ich das ja gewohnt war.“ Sowieso, sagt Gebhardt, „bin ich völlig von meinem Ballgefühl abhängig“. Deswegen kann ihm auch keiner ausreden, beim Chip den rechten Ellbogen in die Hüfte zu stemmen. Und von seiner Schwungbewegung bei den langen Stecken war eh schon die Rede.

Neuerdings lässt er sich wenigstens beim Material beraten („Diesbezüglich bin ich Handicap 54“), sucht sich schnelle Grüns fürs Training, will gar seine Schläger fitten lassen und denkt tatsächlich über Coaching in Sachen Putten nach. Doch Priorität hat das Spiel. Mit dem „ganz normalen Turnier-Wahnsinn“, wenn das Niveau richtig hoch ist, möglichst noch, wenn Zuschauer jeden Schlag verfolgen. Wie zum Beispiel demnächst bei der Jungsenioren-EM in Bulgarien.

„Golf wird zwischen den Ohren gespielt“

Frank Adamowicz habe im Golf-Post-Talk mit dem Hinweis auf das Wettkampf-Feeling, auf die Gewöhnung an den Stress absolut recht, sagt Gebhardt zur Empfehlung des Pros aus St. Leon Rot: „Es geht nicht um die guten Runden, die passieren einfach. Es geht um die Runde, bei der du merkst, heute läuft‘s nicht. Das sind die Momente, in denen Golf wirklich zwischen den Ohren gespielt wird.“

Auf der Q-School zur European Senior Tour in Portugal werden im Februar drei Stufe-eins-Turniere mit je 70 Spielern ausgetragen, von denen sich die jeweils besten 15 plus Schlaggleiche für das Finale qualifizieren. „Ich freue mich tierisch darauf“, sagt Gebhardt. Zumal die Teilnehmer sich für Stufe eins den Parcours aussuchen dürfen. Einer der drei Kurse ist der Gramacho-Platz im Pestana-Resort, auf dem Gebhardt mit 29 sein erstes Wettspiel gewonnen hat. Wenn das mal kein gutes Omen ist.

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