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Nachhaltigkeit im Golf: Wenn du deinen Score auf eigenem Gras notierst

07. Apr. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Nachhaltigkeit im Golf ist ein großes Thema und in Stuttgart wird ein erstes Projekt prämiert. (Foto: Getty)

Nachhaltigkeit im Golf ist ein großes Thema und in Stuttgart wird ein erstes Projekt prämiert. (Foto: Getty)

Nachhaltigkeit, so definiert es der Duden, ist ein „Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.“ Die Begrifflichkeit wurde schon 1713 erstmals formuliert und ist in einer Welt voller Überfluss zum Schüssel für die Zukunft geworden, deren Meere zur gesättigten Plastiklösung verkommen, in der Hühner- und Schweinefleisch billiger (und schlechter) ist als Katzenfutter, auf der jährlich Millionen Tonnen Lebensmittel in den Abfall wandern und die unter dem Klimawandel ächzt.

„Abschlag der Ideen“

Auch Golfclubs sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Sei es durch genügsame Grassorten, durch Fauna und Flora auf dem Gelände oder durch die Nutzung dessen, was an verwertbaren Abfällen anfällt. Der Deutsche Golf Verband (DGV) trägt dem ebenfalls Rechnung und hat im Rahmen seines Innovationswettbewerbs „Abschlag der Ideen“ für 2018 gemeinsam mit Partner Allianz die Kategorie „Golf und Umwelt“ ausgelobt. „Gesucht werden besondere Beispiele für innovative, kreative und nachhaltige Umweltprojekte aus dem Golfbereich“, heißt es in der Ausschreibung.

Mitglieder entscheiden im April

63 Bewerbungen gingen beim DGV ein und wurden von einer neunköpfigen Jury nach den Kriterien Innovationsgrad und Kreativität, Vorbildwirkung und Möglichkeit des Transfers, Naturerlebnis und Umweltwirksamkeit sowie Öffentlichkeits- und Imageeffekte gesichtet. Am Ende blieben drei Projekte übrig, die beim DGV-Verbandstag im April 2019 den Mitgliedern zur Wahl des endgültigen Preisträgers vorgestellt werden: Die „GreenCycled Scorecard“ des Stuttgarter Golf-Club Solitude, der „Obstbaumlehrpfad“ des Golfclub Schönbuch und das „Monitoring der Artenvielfalt am Seddiner See“ des Golf- und Country Club Seddiner See. Golf Post stellt in den kommenden Wochen die drei Nominierten in loser Reihenfolge vor.

Beitrag zur Zero-Waste-Gesellschaft

„Wir verstehen unser Projekt, das aus dem wahren Golfalltag entstanden ist, als Beitrag zur ,Zero-Waste-Gesellschaft‘ und wollen damit das Umweltbewusstsein bei den Golfern fördern“, sagt Solitude-Geschäftsführer Simon Schmugge zur „GreenCycled Scorecard“. In Kurzform: Der bei den Mäharbeiten anfallende Rasenschnitt wird getrocknet und zu Papier verarbeitet. Dieses will der Club nutzen, um darauf die Scorekarten zu drucken. Schmugge: „Der Spieler notiert seine Ergebnisse quasi auf dem Gras, auf dem er sie auch erzielt hat.“ Mittelfristig sollen die gesamten Geschäftspapiere des Stuttgarter Golf-Club Solitude auf dem recycelten Gras entstehen: „Wir sehen unseren täglich anfallenden Grünschnitt nicht als Abfall, sondern vielmehr als Wertstoff an. Denn für ein nachhaltiges Wirtschaften ist es wichtig, Abfälle zu analysieren und vorhandene Potenziale auszuschöpfen.“

Logopapier, Speisekarten und Birdiebooks

Bislang entsorgte Solitude das beim Mähen von Abschlägen, Fairways und Grüns anfallende Material bei einer Biogasanlage im benachbarten Heimsheim, drei Mal pro Woche karrten die Greenkeeper den Rasenschnitt zur energetischen Verwertung. Dann entstand die Idee – auch vor dem Hintergrund des weltweit ansteigenden Bedarfs an Papier –, den darin enthaltenen Zellstoff teilweise durch das Naturprodukt Gras zu ersetzen.

Künftig also sammelt der Club seinen gesamten Gras- und Rasenschnitt in einem Trocknungscontainer, eine Fachfirma verarbeitet den Wertstoff zu „Druckunterlagen“ für Scorekarten, Logopapier und Speisekarten. Mittelfristig sollen auf Basis des Grasfaser-Papiers überdies Birdiebooks oder Turnierstartlisten entstehen. „4.000 Scorekarten und 20.000 Blatt Logopapier pro Jahr sowie stets wechselnde Gerichte in der Clubgastronomie verlangen ständig Nachschub“, verdeutlicht Geschäftsführer Schmugge die Nachhaltigkeit der Idee.

Deutlich nachhaltiger als Papier aus Holzzellstoff

Dazu ein paar generelle Fakten aus dem Bewerbungspapier des Golf-Club Solitude: Bei der industriellen Herstellung von Papier aus Holzzellstoff fällt beispielsweise ein Wasserbedarf von 6.000 Litern pro Tonne an, bei der Grasfaser sind es weniger als zwei Liter pro Tonne. Gegenüber der Papierproduktion mit Holzzellstoff spart die Verarbeitung von Grasfasern rund 80 Prozent an Energie, der CO2-Ausstoss reduziert sich um bis zu 75 Prozent, das Endprodukt ist recyclingfähig, kompostierbar und genügt der Zertifizierung des Forest Stewardship Council (FSC). Im GC Solitude optimieren sie mit dem Projekt „GreenCycled Scorecard“ nicht zuletzt die Betriebsabläufe. Das Greenkeeping-Team spart Zeit, weil man nicht mehr zur Biogasanlage fahren muss; zudem entfällt die wirtschaftliche und auch ökologische Belastung durch den Transport.

Für den DGV sind derartige Projekte laut Ausschreibung „als gutes Beispiel für andere Clubs, zur allgemeinen Förderung des Golfsports und zur positiven Imagebildung geeignet“. Dem ist nichts hinzuzufügen.


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