Um den Charakter eines Menschen zu lesen, braucht Walter Rotter nichts weiter als den Geburtstag und die genaue Geburtsstunde. Mit astrologischem Hokuspokus will er trotzdem nichts zu tun haben. Schließlich hat er über Jahrzehnte 30.000 Probanden empirisch untersucht und analysiert. Seine Methode, Menschen zu ihren persönlichen Erfolgen zu verhelfen, geht außerdem über diesen ersten Schritt hinaus. Aus vier Bausteinen besteht Rotters sogenannte PQS Erfolgsmethode, die er kürzlich in seinem Buch "Der Charakterleser" veröffentlichte.
Rotter, Jahrgang 1950, hat es zu einiger Bekanntheit gebracht. Im Fernsehen und im Radio ist er aufgetreten, Zeitungen haben über ihn berichtet, seitdem er 1994 begann als Mentalcoach zu arbeiten. Unter seinen Klienten, und darauf scheint der Franke besonders stolz, finden sich Weltklasseathleten aus verschiedenen Sportarten, auch Golfer sind darunter. Genau das macht den „Charakterleser“ interessant, auch wenn man über seine Methode geteilter Meinung sein kann - auch nach einem Gespräch mit ihm.
Golf Post: Walter Rotter, Sie haben schon vielen Golfern geholfen, darunter auch Profis. Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Walter Rotter: Sebastian Heisele habe ich vor vielen Jahren übernommen, da war er in der dritten Liga und hat kein Turnier gewonnen. Er sagte, „Herr Rotter, ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich nicht mehr bereit bin, weiter zu machen.“ Dann haben wir das Coaching gemacht und ich habe ihn begleitet, habe verschiedene Muster bei ihm verändert und dann hat er innerhalb von drei Monaten zwei Turniere gewonnen, ist aufgestiegen auf die Challenge Tour und jetzt auf die European Tour. Das ist das Produkt meiner Arbeit.
Golf Post: Welche Charaktere sind denn gut geeignet fürs Golfspielen?
Walter Rotter: Wassermann, Jungfrau und Steinbock sind die besten. Der Wassermann ist ein Stratege im Golf. Er lässt sich nicht führen, geht seinen eigenen Weg und verfolgt diesen gnadenlos mit einer unglaublichen Strategie - und Golf ist ein Strategiespiel. Wassermann und Steinbock arbeiten beide eigenständig und besessen. Tiger Woods und Martin Kaymer sind steinbockgeprägte Golfer. Das sind Perfektionisten. Sie haben eine sehr starke innere Ruhe, dadurch können sie unheimlich präzise spielen. Jungfrauen sind totale Individualisten und lassen sich von niemandem beeindrucken. Natürlich gibt es auch andere, die erfolgreich sind, aber sie tuen sich schwerer. Fisch, Krebs und Skorpion sind drei problematische Golfer.
Golf Post: Sie schließen aber nicht aus, dass ein Fisch, ein Krebs oder ein Skorpion Spaß am Golf haben?
Walter Rotter: Absolut nicht, Spaß haben die auf jeden Fall. Aber sie wollen sich nicht quälen. Wenn jemand in die Weltspitze will, muss er sich quälen. Und quälen heißt nach vier Stunden Golf noch zwei Stunden auf die Driving Range und noch Tausend Bälle schlagen. Sie spielen gutes Golf aber sie sind nicht bereit sich zu quälen. Übrigens ist Sebastian Heisele Löwe-Widder und das war auch sein Problem. Er ist sehr schnell aggressiv geworden. Wenn er einen Putt verschoben hat, hat er sich noch zwei Löcher danach geärgert. Ich habe ihm beigebracht, dass das falsch ist.
Jason Day ist Skorpion. Und Weltranglistenerster. Wer sich an die Tortur bei der US Open 2015 in Chambers Bay erinnert, wo der Australier mehrfach auf dem Fairway zusammenbrach und dennoch weiterspielte, wird die Leidensfähigkeit des 29-Jährigen wohl kaum in Zweifel ziehen. Wer sich außerdem die Vita Days anschaut, merkt schnell, dass dieser Mann ein Kämpfer ist, der sich bis zum letzten quälen kann.
Golf Post: Wie läuft das praktisch ab?
Walter Rotter: Zunächst schaue ich mir Geburtstag und -zeit an und stelle fest, ob der Charakter passt. Dann machen wir eine Platzrunde über 18 Loch. Ich gehe mit und schaue mir an, wie der Golfer spielt. Danach gibt es ein Kritikgespräch in dem ich ihm sage, was mir nicht gefallen hat. Dann entscheiden wir gemeinsam, ob und welche Dinge wir verändern wollen. Dann beginnen wir das Coaching. Er muss die Testbögen ausfüllen. Dann stelle ich fest, wo er defizitär ist, ob er zum Beispiel keine innere Ruhe hat oder schnell hektisch wird.
Golf Post: Wie arbeiten Sie methodisch?
Walter Rotter: Das Testergebnis ist für mich das Fundament der Veränderung. Für die Grundmuster, die nicht gut sind, bekommt der Golfer Affirmationen, die er täglich üben muss. Zum Beispiel: „Ich bin in der Lage in jeder Situation angemessen, ruhig und gelassen meinen Ball zu spielen“ Diese Dinge muss er sich jeden Tag 30 Mal laut vorsagen, mindestens 30 Tage lang. Nach vier bis sechs Wochen sieht man die ersten Ergebnisse. Bei Sebastian Heisele hat es unheimlich schnell funktioniert. Es gibt auch andere Golfer, die ich betreut habe, bei welchen es lange gedauert hat. Das hat auch mit dem Alter zu tun. Die Jungen werden sehr schnell unruhig und wollen dann Gewaltschläge machen. Doch weniger ist oft mehr.
Golf Post: Erklären Sie uns die PQS Methode genauer.
Walter Rotter: PQS steht für Personality Qualification Systems. Das heißt übersetzt Personalauswahlverfahren. Meine PQS-Methode besteht aus vier Bausteinen. Erstens dem Charakter, zweitens dem Dominanzverhalten, welches vom Gehirn gesteuert wird. Drittens der Persönlichkeitsstruktur, hier geht es um Persönlichkeitsmuster, die vorhanden sind, mit denen der Klient aber nichts mehr anfangen kann. Baustein vier ist die emotionale Intelligenz, sprich die Gefühlswelt.
Golf Post: Sprechen wir über die einzelnen Bausteine. Was bestimmt den Charakter eines Menschen?
Walter Rotter: Es gibt eine Tabelle, die man Aszendententabelle nennt. Die stammt aus der Astrologie. Aus dem Geburtsdatum und der Geburtsstunde des Klienten kann ich aus der Tabelle Sternzeichen und Aszendent entnehmen und somit den Charakter – sonst nichts.
Golf Post: Das klingt zunächst nach einem Horoskop. Worauf beruht ihre Forschung?
Walter Rotter: Das beruht auf empirischer Forschung mit rund 30.000 Probanden in circa 40 bis 45 Jahren. Ich arbeite in großen Konzernen wie der Rhenus AG (Logistikunternehmen; Anm. d. Red.) oder der n:aip GmbH (Health Care; Anm. d. Red.), ich habe zehn Weltmeister gemacht im Spitzensport, zum Beispiel Aziz Acharki (Weltmeister im Taekwondo; Anm. d. Red.) oder Sven Kirsten (Weltmeister im Kickboxen; Anm. d. Red.) – alles über diese Methode. Ich kann das alles belegen und nachweisen. Es gibt immer kritische Gegner, die sagen das sei Schwachsinn.
Man könnte mit Walter Rotter endlos über diesen ersten Baustein seiner PQS Erfolgsmethode diskutieren. Zu sehr klingt das in den Ohren eines Wissenschaftsgläubigen nach Astrologie und Horoskopen. Rotter hält seine Studien und Erfolge entgegen. Doch es würde seiner Arbeit nicht gerecht, sich nur an diesem ersten Baustein abzuarbeiten. Es gehört mehr dazu, das Charaktergutachten ist nur der Anfang.
Golf Post: Der zweite Baustein Ihrer Methode ist das Dominanzverhalten. Was verstehen Sie darunter?
Walter Rotter: Das ist ein wissenschaftlicher Baustein, der nicht von mir stammt. Die Wissenschaft kennt drei Gehirne: Stammhirn, Großhirn, Zwischenhirn. Ein großhirngesteuerter Mensch ist ein humanitärer Vermittler, der keinen Druck aufbaut. Ein zwischenhirngesteuerter Mensch ist ein Dominanzmensch, der über den Dingen steht und auch viel Druck macht. Und der stammhirngesteuerte Mensch ist ein Sympathieträger. Das ist übrigens völlig unabhängig vom Charakter.
Golf Post: Kann man das Dominanzverhalten bearbeiten?
Walter Rotter: Ja, das Dominanzverhalten kann man über Affirmationen, also Glaubenssätze verändern. Ein Beispiel: Eine Führungskraft in einem mittelständischen Unternehmen ist aufgrund seiner mangelnden Dominanz zu gut für seine Mitarbeiter. Er gibt überall nach und möchte keinen Streit haben. Er kommt zu mir und sagt: „Herr Rotter, ich bin ein guter Mensch, habe eine gute Ausbildung, aber alle tanzen mir auf der Nase herum.“ Das heißt, sein Führungsverhalten ist überhuman. Er bekommt dann Affirmationen, die Führungsqualitäten aufbauen und dadurch wird automatisch die Struktur und das Dominanzverhalten verändert.
Golf Post: Die Persönlichkeitsstruktur, der dritte Baustein, bildet sich durch soziales Umfeld und Erziehung?
Walter Rotter: Ganz genau. In den ersten drei Jahren müsste ein Kind Liebe, Wärme und Zuneigung bekommen. Wenn ein Kind das nicht bekommt, ist es für das Leben bereits beschädigt. Die Entwicklung zwischen Geburt und 21. Lebensjahr ist die wegweisendste Zeit, hier findet die Grundentwicklung statt. Danach gibt es weiterhin eine Entwicklung, aber das ist dann ein Reifeprozess und ein Erfahrungsprozess.
Golf Post: Was darf man unter der emotionalen Intelligenz, dem vierten Baustein verstehen?
Walter Rotter: Es gibt unheimlich viele Menschen, insbesondere Männer, die ihre Gefühle nicht zeigen können und auch nicht zeigen wollen oder Hemmungen haben. Es gibt lauter blöde Muster, die Eltern ihren Kindern mitgeben. Beispielsweise bekommen Kinder gesagt, "Gefühle zeigt man nur im Verborgenen." Ich hatte einen Klienten, einen Staatsanwalt, der konnte nicht weinen. Immer, wenn er als Kind weinte, hat ihn sein Vater windelweich geschlagen. Im Erwachsenenleben hatte er Probleme, weil die Leute zu ihm sagten, er sei so kalt und er zeige keine Gefühle. Das hat ihn belastet. Ich habe ihm in sechs Wochen das Weinen wieder beigebracht.
Mit harten Fakten geht Walter Rotter sparsam um. Am Ende steht auf Nachfragen meist der Satz: „Der Erfolg gibt mir Recht.“ Das ist nicht zu widerlegen. Doch das Funktionieren der Methode ist so auch nicht nachzuvollziehen. Wer sich selbst ein Bild des „Charakterlesers“ machen möchte, kann das kürzlich bei Goldmann erschienene Buch im Handel und online erwerben.
Das Gespräch führte Tobias Hennig
Vielen Dank für diesen Artikel, ich habe schon seit langer Zeit nicht mehr so herzlich gelacht.
Was der Herr Rotter da von sich gibt ist an Stumpfsinn und Augenwischerei nicht zu übertreffen. Er will also den Charakter eines Menschen und die damit verbundene Eignung fürs Golfspielen anhand des Geburtstdatums und der Geburtstunde vorhersagen (kompletter Humbuk, im Freundeskreise existieren Drillinge, am selben Tag und in der selben Stunde geboren – komplett divergente Charaktere).
Falls Sie das lesen Herr Rotter, kann ich davon ausgehen, dass meine Brötchen die ich mir Sonntag Morgen beim Bäcker hole werde diese Woche fluffig sind, oder eher hart? Sollten Sie hart sein, so würde ich mir die nächsten 4 Tage 30 x LAUT vorsagen, dass die Brötchen fluffig sein müssen – das hilft bestimmt.
Was ich damit sagen will – jeder „Profi“ der mit Ihnen gearbeitet hat und TROTZDEM erfolgreich ist sollte jeden Tag nach dem aufstehen einen Rosenkranz beten und sich dafür bedanken. Oder um es mit Ihren Worten zu sagen, er sollte sich täglich 30 mal LAUT vorsagen, dass er es trotz Ihres „Einflusses“ geschafft hat.