Man hört es immer wieder auf den Golfplätzen dieser Welt: Drive for the show, putt (and chip) for the money! Doch wie viel Wahrheit steckt dahinter? Ist der Drive wirklich so unwichtig? Und vor allem: Ist das kurze Spiel tatsächlich von einer so hohen Bedeutung für den Score? Die Kollegen von golfWRX haben an einem Fallbeispiel aufgezeigt, dass in diesem zementierten Grundsatz im Golf ein wichtiger Faktor fehlt, zumindest für Bogey-Golfer (Rund um Handicap 18) - die getroffenen Grüns.
Die Anzahl der "Greens In Regulation" (GIR) beschreibt prozentual den Anteil an Schlägen, mit dem ein Golfer das Grün trifft, wenn er es treffen sollte. Bei einem Par 3 also mit dem ersten Schlag, ein Par-4-Grün sollte nach Platzstandard mit dem zweiten Schlag getroffen werden, ein Par-5-Grün mit dem dritten. Der in dieser Statistik aktuell führende Spieler auf der PGA Tour, Stewart Cink, hat eine GIR-Quote von 73,17 Prozent - er trifft also im Durchschnitt knapp drei von vier Grüns mit dem dafür vorgesehenen Schlag.
Die Annäherung macht's
Die Amerikaner lieben ihre Statistiken, sie werden erfasst, verrechnet, ausgewertet, verglichen und dann am liebsten nochmal von vorne. Eine dieser Statistik-Studien hat nun gezeigt, dass Golfer im Bogey-Bereich viel mehr Wert auf ihre Annäherungen legen sollten, als nur auf das kurze Spiel. In folgender Tabelle ist aufgeführt, wie viele Grüns Spieler im Schnitt treffen, die einen bestimmten Score spielen.
Greens In Regulation (GIR) | Durchschnittlicher Score | ||
---|---|---|---|
12 | 69 - 73 | ||
11 | 71 - 75 | ||
10 | 73 - 77 | ||
9 | 75 - 79 | ||
8 | 77 - 81 | ||
7 | 79 - 83 | ||
6 | 81 - 85 | ||
5 | 83 - 87 | ||
4 | 85 - 89 | ||
3 | 87 - 91 | ||
2 | 89 - 93 | ||
1 | 91 - 95 |
Laut golfWRX sind die GIR statistisch so eng mit dem Score verknüpft, dass diese Tabelle den jeweils anderen Wert fast immer vorhersagen kann, zumindest wenn mehr als 20 Runden in den Durchschnitt einfließen. Auch wenn es einzelne Abweichungen gibt, etwa jemand 15 Grüns trifft aber nur eine 80 spielt, werden sich die Werte auf lange Sicht angleichen. Die Tabelle bezieht sich auf einen Par-72-Platz.
GIR vs. Scrambling: Das Fallbeispiel
Nehmen wir mal an, Sie spielen im Schnitt eine 85 (Handicap 13), was laut Tabelle etwa fünf Greens In Regulation wären. Nun wollen Sie endlich die 80 knacken. Nehmen wir weiter an, Sie spielen an allen fünf Löchern, wo Sie das GIR treffen, Par - das würde bedeuten, Sie spielen an den 13 anderen Löchern 13 über Par. Natürlich spielen Sie nicht jedes Loch Bogey. Wahrscheinlich ist eher, Sie kommen etwa an drei Löchern mit nur einem Putt aus - schaffen also ein "up and down" (auf das Grün und rein ins Loch) um das Par zu retten - und spielen an drei anderen Löchern ein Doppelbogey.
Um nur über das kurze Spiel nun fünf Schläge gut zu machen, hieße es, sie müssten acht von 13 Malen "up and down" gehen. Dann hätten Sie eine "Scrambling"-Quote, also die Fähigkeit, trotz verfehltem Grün das Par zu retten, von 61,5 Prozent. Zum Vergleich: Damit lägen Sie auf der PGA Tour auf Platz 53, Patrick Reed, als PGA-Tour-Führender in dieser Statistik, hat aktuell eine Quote von 70,33 Prozent.
GIR wird zum Muss
Es ist unrealistisch, als Handicap-13 Spieler eine solche Quote zu spielen. Tatsächlich ist es im Golf eher so, dass sich ihr Können relativ gleich durch das gesamte Bag spielt. Sie werden als 13-Handicapper also auch ein 13-Handicapper-Kurzspiel haben, plus minus ein paar Schläge, und im täglich Durchschnitt nicht in 61,5 Prozent der Fälle das Par retten können. Das bedeutet, dass Sie, wenn Sie fünf Schläge einsparen wollen, gar nicht drumherum kommen, im Schnitt mehr GIR treffen zu müssen. Es sind die Schläge auf das Grün, die das Fundament für einen besseren Score legen, denn verfehlen Sie das Grün, brauchen Sie ein kurzes Spiel wie ein Profi, um trotzdem Schläge einzusparen.
Aber Vorsicht! - Bevor jetzt keiner mehr am Chipping-Grün steht: Selbst wenn Sie statistisch gesehen allein durch das kurze Spiel keine Riesensprünge nach vorne machen können - Sie können bei einem schlechten Kurzspiel viel verlieren. Am besten halten Sie sich an Ben Hogan und Gary Player, die in Bezug auf Training generell immer sagten: "Verdoppeln Sie es!"
@Capella – ich sehe das Ähnlich. Auch bei den GIR muss man daher die Vorgabe einrechnen – also quasi Netto-GIR. Wenn man alle Grüns mit langen Schlägen trifft, braucht man gar keine Chips/Pitches mehr. Interessant ist bei mir, das ich an guten Tagen dann statistisch schlechter Putte. Warum? Weil ich zwar das Grün treffe aber meist einen ersten schwierigen Putt habe, den ich bei meinem HCP 18 meist nicht versenke. Anders wenn ich mit einem Chip/Pitch aufs grün komme, da brauche ich meist nur mehr einen Putt. Für mich ist das kurze Spiel weiterhin das Fundament meines Scores – GIR zu erhöhen und lange Putts zu lochen wird aber notwendig sein, um mein HCP weiter stark zu verbessern. Lg
Sollte irgendwie logisch sein, dass es am besten ist, wenn man mit der vorgesehenen Anzahl Schläge auf dem Grün ist. Möchten wir auch alle gerne, sieht ja auch viel besser aus. Allein, es fehlt vielen Spielern mit höherem Handicap an der nötigen Länge. Die wenigen Par4, die ich auf unserem Platz überhaupt mit dem zweiten Schlag erreichen kann, erreiche ich allenfalls mit einem für mich perfekten Drive und einem ebenso perfekten Holz3 hinterher. Das gelingt selten. Viel häufiger habe ich die Situation, dass ich nach Driver und Transportschlag (also Holz oder langem Eisen) dann eben noch den kurzen Schlag ins Grün brauche, den die Pros und Scratch-Amateure natürlich nicht brauchen. Darum ist das kurze Spiel für den Spieler mit dem höheren Handicap wahrscheinlich sogar noch wichtiger als für einen Pro. Weil ein GIR an vielen Löchern alleine von den körperlichen Vorraussetzungen her einfach nicht drin sitzt oder zumindest (gegenüber dem Driver/Wedge Spiel der Pros) nur mit enormem Risiko zu erreichen ist. Und Fortschritte im kurzen Spiel sind durch Üben (vor allem alleine, ohne Pro) einfach viel leichter zu erzielen als längere und präzisere volle Schläge. Bei einem jugendlichen Spieler (oder Spielerin), wo Kraft und Beweglichkeit einfach nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden wollen, mag das anders sein.