Die diesjährige Majorstrecke erwartet in Royal Portrush ein großartiges Finale, Spieler wie Offizielle sind des Lobes voll über die Dunluce Links an der Küste von Antrim – und ja, es war eine tolle Entscheidung des R&A, diesen atemberaubenden Kurs wieder ins Programm der Open Championship zu holen. Bloß einer gießt Wermutstropfen in den nordirischen Freudenbecher. Justin Rose findet die neue terminliche Taktung der Majors nicht besonders gelungen und sagt: „Der Zeitplan ist zu verdichtet.“ Dem Engländer geht es um eine maßvolle Verteilung der Saison-Höhepunkte; es dauere zuweilen schon mal länger als einen Monat, sich darauf einzustimmen und die Vorbereitung darauf abzustellen, sagte Rose. Durch die Verlegung der PGA Championship in den Mai gibt es heuer erstmals vier Majors in vier Monaten, was zuvorderst den Belangen der PGA Tour geschuldet ist, die nun die FedEx-Cup-Play-offs in den August vorziehen und so dem Beginn der American-Football-Spielzeit im September aus dem Weg gehen kann.
Rose will das nicht gelten lassen. „Für mich ist ein Major das Höchste im Golf, vor 40 Jahren gab es noch keinen FedEx Cup. Die Majors waren und sind der Maßstab für alles und sollte entsprechend geschützt werden, alle unsere Karrieren werden zuvorderst daran gemessen“, sagte der Olympiasieger und US-Open-Champion von 2013. Er ist damit der erste Profi, der laut Kritik am neuen Zeitplan äußert, dem ja auch noch die Players Championship im März vorangeht. Bereits in sieben Wochen endet die Saison 2018/19 mit der Tour Championship in Atlanta.
McIlroy wird die Waschmaschine nicht los
Jugend-„Sünde“: Rory McIlroy bildet mit Graeme McDowell und Darren Clarke das Trio der nordirischen Golfheroen und hätte nach eigenem Bekunden „nie gedacht, dass ich mal eine Open Championship in meiner Heimat spielen werde“. Als Reminiszenz an seine Anfänge im Holywood Golf Club nahe Belfast trug „Rors“ am Dienstag ein Shirt, dem sein Bekleidungsausrüster Nike ein Logo in Form einer Waschmaschine verpasst hatte. Es sollte daran erinnern, dass der mittlerweile 30-jährige vierfache Majorsieger vor vielen Jahren als Knirps die heimische Waschmaschine als Trainingshilfe benutzt und Bälle in ihre Trommel gechippt hatte.
Everything is coming full circle for Rory this week...
(?️: @Nike) pic.twitter.com/KtEaa5xNZl
— GOLF.com (@GOLF_com) July 15, 2019
McDowell: „Regen macht Dunluce Links zum Wolf“
Wetterwechsel: Es wird ungemütlich im County Antrim. Nach den eher ungewöhnlich sonnigen und warmen Tagen zu Beginn der Open-Championship-Woche sagen die Meteorologen fürs eigentliche Major Regen, Wind und „schattige“ Temperaturen voraus. Einen Vorgeschmack gab‘s für alle Beteiligten schon gestern mit Dauerregen, Windgeschwindigkeiten von bis zu 29 km/h und Mindesttemperaturen von elf Grad. Heute liegt die Niederschlagswahrscheinlichkeit bei 70 Prozent, dazu kommt Wind von bis zu 24 km/h bei maximal 16 Grad Lufttemperatur. Für Lokalmatador Graeme McDowell, Mitglied im örtlichen Rathmore Golf Club, der vornehmlich auf Royal Portrushs zweitem Platz „Valley Links“ spielt, werden die Dunluce Links bei Regen „vom Schaf zum Wolf“. Wenigstens fürs Wochenende wird einigermaßen trockenes Wetter erwartet.
Open propagiert nachhaltigeren Umgang mit Plastikflaschen
Schluck aus der Pulle: Wasser spielt in Royal Portrush eine große Rolle, auch wenn trotz der Küstenlage wenig Nass im Spiel ist – allenfalls von oben, siehe Wettbericht. Aber der R&A setzt ein Zeichen gegen die Erzeugung von Plastikmüll und hat Wasserzapfstellen eingerichtet, an denen Zuschauer ihre Flaschen auffüllen können, statt sie leer wegzuwerfen und neue zu kaufen. Da passt es ganz gut, dass sich Jordan Spieth während einer Einspielrunde der besonderen Herausforderung stellte, eine Büchse Wasser durch ein seitliches Loch möglichst schnell auszuschlürfen: Der dreifache Majorsieger aus Texas trat im Wetttrinken gegen Xander Schauffeles Caddie Austin Kaiser an – und verlor krachend.
Chugging (canned water) contest: @JordanSpieth vs. caddie Austin Kaiser (@XSchauffele). Who ya got? #TheOpen ? pic.twitter.com/u32eXms2jS
— Caddie Network (@CaddieNetwork) July 15, 2019
Koepka mit „Geheimwaffe“ am Bag
Heimvorteil: Lässiger als Brooks Koepka geht es kaum. Da setzt der 29-Jährige aus Florida sich in Portrush vor die Presse und erzählt mal ganz nebenbei, dass er bloß vor Majors wirklich an seinem Golfspiel arbeitet und ansonsten sogar tagelang keinen Schläger anrührt („Wenn ich Golf spiele, dann seht Ihr das im Fernsehen“). Vielleicht erklärt dies den Umstand, dass seinen beiden US-Open- und PGA-Championship-Titeln lediglich zwei weitere Siege auf dem regulären Circuit gegenüber stehen. Ganz abgesehen davon, dass er nach eigenem Bekunden „in normalen Turnieren immer vergleichsweise super aggressiv“ zu Werke geht. Bei der Open hat Koepka, der sich mit Rory McIlroy den Rang des Top-Favoriten teilt, freilich noch eine Geheimwaffe im Köcher: Caddie Ricky Elliott ist in Portrush geboren. „Das ist ein großer Vorteil. Er kennt jeden Fleck auf dem Platz; jede Stelle, die man vermeiden, und jeden Spot, den man treffen muss – je nach Wind und Fahnenposition“, sagt Koepka über seinen „Bag Man“. Er hat sicher nie geglaubt, dass hier mal wieder ein Major stattfinden. Noch wenige, dass er dann dabei ist. Und als allerletztes, dass er eine Siegchance hat. Es wäre doch toll, wenn er hier gewinnen würde.“
Darren Clarke und „seine“ Open
Early Bird: In aller Frühe heute morgen hat Lokalmatador Darren Clarke diese 148. Open Championship mit seinem Abschlag eröffnet; die Ehre wurde dem 50-jährigen zuteil, weil er Royal-Portrush-Mitglied und ältester noch aktiver nordirischer Champion Golfer of the Year ist (2011). Der erste, Fred Daly (1947, Royal Liverpool) – ebenfalls ein „local hero“ – verstarb 1990; Rory McIlroy gewann 2014.
Schon zuvor äußerte sich Clarke zu dieser besonderen Open sowie seinem speziellen Auftritt und zeigte sich tief bewegt – der Mann lebt Portrush:
Royal Portrush bleibt auf der Rota
Ritterschlag: Eine grandiose, von den nordirischen Fans förmlich überrannte Irish Open 2012, die Weltklasse der zwischen 1929 und 1932 von Harry S. Colt geschaffenen Dunluce Links und die formidable Überarbeitung des Architekten Martin Ebert mit den zwei neuen, beinahe teuflischen Schlusslöchern haben den R&A veranlasst, zum zweiten Mal nach 1951 eine Open Championship außerhalb von England und Schottland stattfinden zu lassen. Man darf getrost davon ausgehen, dass diese 148. Auflage des weltältesten Majors ein mehr als angemessener sportlicher Test wird; Royal Portrush, eröffnet 1891, steht den anderen neun Open-Kursen in absolut nichts nach – ganz im Gegenteil. Das sehen auch die Granden aus St. Andrews um ihren Vorsitzenden Martin Slumbers so und machten bereits vor Darren Clarkes erstem Abschlag Nägel mit Köpfen: „Royal Portrush bleibt für viele Jahre auf der Rota“, betonte Slumbers. Und es wird garantiert nicht wieder 68 Jahre bis zum nächsten Mal dauern; die Rede ist von zwei weiteren Open bis 2040. Hilfreich waren unstreitig die 237.750 im Vorverkauf abgesetzten Tickets. Diese überwältigende Resonanz bedeutet einen neuen Open-Publikumsrekord außerhalb von St. Andrews; und nur im Jahr 2.000 säumten auch den Old Course mehr Zuschauer (239.000).
Startrainer nennt Matt Wallace „kompletten Idioten“
Vernichtendes Urteil: Startrainer Pete Cowen hat den Stab über Matt Wallace und dessen Umgang mit seinem Caddie Dave McNeilly bei der BMW International Open in München gebrochen. „Er ist ein kompletter Idiot und sollte gesperrt werden. Ein Rüffel oder eine Geldstrafe sind längst nicht genug“, sagte der Coach von Henrik Stenson, Brooks Koepka und Gary Woodland gegenüber der Zeitung „The Times“ zum Verhalten des 29-jährigen Engländers. „McNeilly hätte das Bag hinschmeißen – ich hätte es in den Teich gefeuert – und gehen sollen. Aber das hätte ihm eher zum Nachteil gereicht. In der Angelegenheit ist die European Tour jetzt gefordert.
Fettes Gras gegen „Tribünen-Hilfe“
Zum Schluss: „Grandstopping“ ist das neue Zauberwort im Profi-Golf. Kurz erklärt ist es der lange Schlag vom Fairway in oder an die Tribüne eines Schlusslochs – statt eines riskanten direkten Fahnen-Angriffs –, um dank des dann fälligen Free Drop den Ball per Pitch oder Chip sicher und Erfolg versprechend an den Stock zu legen. In Royal Portrush schiebt der R&A dieser zwar legalen, aber doch sehr unsportlichen Strategie wider den Spirit of the Game einen ebenso einfallsreichen wie effektiven Riegel vor: Die Drop Zone der 433 Meter langen vertrackten Bahn 18 ist nicht kurzgemäht, sondern sieht aus wie eine wild wuchernde Blumen-und Kräuterwiese. Auf so einen Free Drop mit unkalkulierbarem Ausgang will es dann doch niemand ankommen lassen…
The R&A's ingenious plan to stop "grandstopping"https://t.co/P29NihEOgY
— LKD (@LukeKerrDineen) July 16, 2019