Reden wir mal über Grüns! Allerdings nicht über phänomenale Acht-Meter-Putts oder Tap-ins. Es geht um schlecht behandelte Grüns, genauer gesagt um Pitchmarken. Wir kennen sie alle, diese hässlichen Dellen in der kurzgeschorenen Oberfläche, auf der unsere Bälle möglichst spurtreu Richtung Loch rollen sollen. Und wir kennen auch die unansehnlichen dunklen Punkte auf den Grüns, die so gar nicht ins samtig-grüne Gesamtbild passen wollen. Das sind die nicht ausgebesserten Pitchmarken von vor zwei Wochen.
Die Grüns sind das sensibelste und aufwändigst gebaute Element eines Golfplatzes. Jeden Tag werden sie zig-fach mit Füßen getreten. Das liegt in der Natur der Sache, ein Grün muss das abkönnen. Was ihm jedoch nicht gut bekommt, sind Verletzungen.
Pitchmarken sind Platzwunden
Jeder Ball, der auf die Grasdecke knallt, hinterlässt einen Abdruck. Auf harten, trockenen Grüns und bei geringem Falltempo ist der meist kaum oder gar nicht zu sehen. Aus großer Höhe und bei weichen Grüns indes erzeugt das „Geschoss“ förmlich eine Platzwunde: Beim Aufprall des Balls werden die oberen Bodenschichten an die Ränder des Einschlaglochs gedrückt, die Grasnarbe faltet sich auf. „Lücken in der Grasnarbe, beispielsweise durch schlecht oder nicht reparierte Pitchmarken, fördern Gräserkrankheiten“, sagt Golfrasen-Experte Klaus Schmitt, der europaweit bei der Neuanlage und Sanierung von Plätzen berät.
Als Gegenmittel hat irgendwann ein kluger Kopf die Pitchgabel erfunden. Auf der Runde sollte sie nicht nur allzeit griffbereit sein, sondern vor allem benutzt werden. Zum Ausbessern der selbst verursachten Krater, das ist eine Frage der Etikette. Und auch für fremde Pitchmarken. Man muss freilich den Eindruck gewinnen, dass eher das schlechte Beispiel Schule macht: Auf manchen Grüns hat‘s fast mehr frische und alte Schmisse als ein Golfball Dimples zählt.
„Nach mir die Sintflut“?
150 Quadratmeter eines Grüns, so wird geschätzt, werden im Lauf einer Saison von Pitchmarken belegt. Statt die Hinterlassenschaften zu kaschieren und den folgenden Spielern eine ordentliche Oberfläche und eine saubere Puttlinie zu hinterlassen, herrscht allzu oft scheinbar das Prinzip „Nach mir die Sintflut“.
Für den Bau eines Grüns gibt es unterschiedliche Standards. Den höchsten, eine Mehrschichten-Bauweise mit Unterboden, Kiesschicht zur Aufnahme der Dränage sowie Sand- und Rasentragschicht, hat der amerikanische Golf-Verband USGA definiert. In Deutschland ist die „Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau“ (FLL) für entsprechende Empfehlungen zuständig. „Ein Grün nach USGA- oder FFL-3-Standard, also die reine Puttfläche, kostet bis zu 50 Euro pro Quadratmeter“, verdeutlicht der Essener Golfplatz-Designer Ulrich Katthöfer. Die durchschnittliche Größe von Grüns liegt bei 400 bis 600 Quadratmetern, eine simple Rechenaufgabe. Addiert man das Umfeld hinzu, fällt allein für den Grünkomplex nicht selten die Hälfte der Baukosten pro Spielbahn an.
Pitchmarken ausbessern bedeutet: Ränder nach innen drücken
Das sollten sich all diejenigen zu Herzen nehmen, denen eine Pitchgabel eher als skurriles Utensil vorkommt. Ball-Einschlaglöcher nicht auszubessern, kommt vorsätzlicher Sachbeschädigung gleich.
Die richtige Handhabung einer Pitchgabel wird vielfach missverständlich erklärt, ist aber einfach und naheliegend. So, wie bei einer Blessur der Haut die Wundränder zusammen geführt und geschlossen werden, so gilt es auch den vom Ball verursachten Krater zu schließen. Die Pitchgabel wird rund um das Einschlagloch mehrfach seitlich (45 Grad Winkel) in den Boden gesteckt und dann vorsichtig nach vorne gedrückt. Leichte Drehbewegungen sind dabei durchaus hilfreich. Abschließend wird die Fläche mit der Puttersohle geebnet.
Keinesfalls jedoch wird eine Hebelbewegung ausführt, um die Delle wieder nach oben zu drücken. Damit macht man alles nur noch schlimmer, die Wurzeln werden ausgerissen, das Gras stirbt unweigerlich ab.
Nach einer Untersuchung der PGA of America regeneriert sich das Grün bei Pitchmarken, die innerhalb der ersten fünf Minuten korrekt repariert werden, binnen 24 Stunden spurenlos. Ohne Ausbesserung benötigen die Selbstheilungskräfte des Grases dafür deutlich länger, vier bis sechs Wochen. In dieser Zeit ist die Kahlstelle eine offene Wunde und damit ein idealer Nährboden für Infektionen oder Pilzbefall.
Die Schotten haben das passende Sprichwort fürs Problem: „Wenn jeder zwei Pitchmarken pro Grün ausbessert, gibt‘s bald keine mehr.“
Respekt, endlich Mal ein, hoffentlich, hilfreicher Aufruf gegen ein gra(s)sierende Unart und gleich mit passender Anleitung.