Reden wir über Wasser. Endlich werden die Tage wieder wärmer und der nächste Sommer kommt bestimmt. Bereits seit einiger Zeit demonstrieren uns zweistellige Temperaturen, wie merkwürdig es mittlerweile ums Wetter bestellt ist. Nur oberflächliche Naturen freuen sich da rückhaltlos auf anstehende Sonnentage, nur Betonköpfe mit orangenen Haaren leugnen noch beharrlich den Klimawandel.
Die heißen Sommer sind keine Ausnahme, sondern der Anfang
Die Sommer der letzten Jahre mit ihrer enormen Hitze und zehrenden Dürre waren keine Ausnahme, sondern der nun wirklich für jedermann spürbare Anfang. Golf als Freiluftvergnügen hat ebenso darunter gelitten, in allzu schlechter Erinnerung sind ausgedörrte und borkige Wiesen, braunes Gras und bis auf muffiges Brackwasser reduzierte Teiche. Stellen wir uns darauf ein, dass dies zur sommerlichen Regel wird; wir alle: Spieler, Anlagen, Industrie, Medien.
Die Klimaforscher sind sich einig: die Winter werden nasser, die Sommer haben weniger Niederschläge und natürlich wird es generell wärmer. Allein der Verlust an Kühlwirkung durch den stetig schrumpfenden Naturwaldbestand übrigens macht schon mehrere Grad aus, wie der Förster und Waldaktivist Peter Wohlleben bei einer „Greenpeace“-Veranstaltung vorgerechnet hat. Für unsere Spielwiesen bedeutet das Hitzestress – bei Temperaturen ab 30 Grad stellt Gras sein Wachstum ein, verfällt sozusagen in Schonhaltung und wird braun – sowie Staunässe. Für die Golfanlagen der Zukunft wird Wasser-Management zur Herkules-Aufgabe.
Umdenken ist angesagt
Immerhin reden wir hier von einer der kostbarsten Ressourcen der Welt – das vergisst man gern, weil‘s so munter sprudelt, wenn man bloß kurz am Hahn dreht. Doch Hand aufs Herz, es kann nicht sein, dass Golfanlagen in der Not mit Trinkwasser am Leben erhalten werden – wie vielerorts vergangenen Sommer geschehen –, nur damit unsereins auf sattgrünen Flor seinen Spaß am Spiel hat. Jedenfalls nicht auf Dauer. Umdenken ist angesagt.
Beim Golfer beispielsweise. „Der muss von seinen hohen Qualitätsansprüchen runterkommen und sich der gesamten Umwelt und dem Klimathema beugen“, sagt Werner Gallas, Geschäftsführer des Ostsee Golf Resort Wittenbeck. „Wenn man im Sommer 13 Wochen lang keine Niederschläge hat, kann ich nicht wahllos das Wasser auf den Platz bringen, damit da ein grüner Halm hochsteht.“
Schottland statt Augusta als Vorbild
Oder anders: Statt nach Augusta zu schielen, wo der Platz kaum frequentiert und fürs Masters nach allen Regeln der Greenkeeping-Kunst hochgepäppelt wird, und uns zu ärgern, wenn hierzulande im Sommer der Ball auf hartem Geläuf verspringt, sollte der Blick eher nach Schottland und seinen ursprünglichen Bühnen für das Spiel gehen. Die beispielsweise trotzen mit ihrem Festuca-Gras seit Jahrhunderten jedweder Witterung. Das ist freilich eine andere Geschichte.
Womit wir allerdings bei den Anlagen sind. Und bei den Betreibern. Golf hat vielfach seine Natürlichkeit verloren. Es wurde artifiziell, um außerhalb des indigenen Raums inszeniert werden zu können. In Wüsten, auf Bergen, inmitten von Kulturlandschaften. Die natürlichen Rahmenbedingungen und Einflüsse gingen verloren oder wurden eliminiert, es wurde gekünstelt, gedüngt, gespritzt und gewässert, was das Zeug hielt. Sogar gefärbt.
In den vergangenen Jahren hat glücklicherweise die Besinnung eingesetzt, der Nachhaltigkeitsgedanke hat in den Golfanlagen Einzug gehalten. Wenngleich es seltsam anmutet, dass bei einem ursprünglich als Geländespiel beschriebenen Spaß hie und da von Renaturierung geredet werden muss. Pflanzen, Tiere und des Golfers Seele - alle profitieren gleichermaßen. (Foto: Ostsee Golf Resort Wittenbeck)
Innovationswettbewerb des DGV
Der Deutsche Golf Verband fördert diese Haltung seit Jahren mit Empfehlungen zum Wassermanagement und nicht zuletzt mit seinen Gütesiegeln „Golf und Natur“ in Bronze, Silber und Gold und hatte für 2018 im Rahmen seines Innovationswettbewerbs „Abschlag der Ideen“ gemeinsam mit Partner Allianz die Kategorie „Golf und Umwelt“ ausgelobt. „Gesucht wurden besondere Beispiele für innovative, kreative und nachhaltige Umweltprojekte aus dem Golfbereich“, hieß es in der Ausschreibung.
Beim DGV-Verbandstag im April 2018 wurden den Mitgliedern drei Projekte zur Wahl des endgültigen Preisträgers vorgestellt: Die „GreenCycled Scorecard“ des Stuttgarter Golf-Club Solitude, der „Obstbaumlehrpfad“ des Golfclub Schönbuch und das „ Monitoring der Artenvielfalt am Seddiner See“ des Golf- und Country Club Seddiner See, der gerade als erste deutsche Golfanlage Mitglied im Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e.V. (B.A.U.M.) geworden ist, dem größten Unternehmensnetzwerk für nachhaltiges Wirtschaften in Europa. Der spätere Gewinner des Innovationspreises war schließlich der Stuttgarter Golf-Club Solitude.
Naturnähe hilft gegen den Klimawandel
Unter den 63 Bewerbungen beim DGV war auch das Ostsee Golf Resort Wittenbeck mit seinem Thema „Bewahrung und Förderung der heimischen Natur“. Die Anlage oberhalb des Ostseebads Kühlungsborn ist nicht nur ein erstklassiges Ziel für Golfer, sondern ein Paradies für Flora und Fauna und beherbergt zudem bedrohte Haustierrassen wie Dexter-Rinder, Skudden-Schafe, und Deutscher-Sperber-Hühner. Dem heißen Sommer begegneten sie in Wittenbeck 2018 mit vorsichtigen Entnahmen aus dem durchs Gelände plätschernden Bach und aus dem obersten Teich, ohne dabei den Pegel allzu radikal zu senken, und bewässerten nur noch die empfindlichsten Bereiche der Golfanlage, zuvorderst die Grüns.
Der Platz mit seiner üppig und abwechslungsreich konzipierten standortgerechten Vegetation zwischen den Bahnen und in den Randbereichen tat sein Übriges: Wittenbeck war sogar während der größten Hitze erstaunlich grün. Was zu beweisen war: Naturnahe Arrangements haben Klima-Extremen deutlich mehr entgegen zu setzen, selbiges hörte man vergangenes Jahr zudem von ökologisch ausgerichteten Landwirten.
Teichmuscheln als Wasserfilter
Die Mecklenburger Golfanlage liefert noch ein weiteres Beispiel für nachhaltiges Platzmanagement. Statt seine 5,5 Hektar umfassenden Wasserflächen mit maschinellen Filtersystem sauber und sauerstoffreich zu halten, baut Wittenbeck auf die Natur und ließ sich von einem Experten für Wassersysteme beraten. Ralf Oestmann, der bundesweit über 500 Seen und Teichanlagen betreut und den Zustand der Gewässer als Golfballtaucher ohnehin im Wortsinn ergründet, setzte 300 Teichmuscheln sowie 300 Bitterlinge und 400 Nasen ein, karpfenartige Fische.
Eine einzige Teichmuschel filtert pro Tag rund 150 Liter Wasser, der gesamte Bestand reinigt so täglich 45.000 Liter Wasser. Die Bitterlinge und Nasen wiederum fressen größere Schwebeteilchen wie Blätter und Algen. Derweil wühlen in Wittenbecks tiefer gelegenen Teichen Spiegel- und Graskarpfen auf Nahrungssuche den Bodenschlamm auf, der dann mit dem Fließwasser abgetragen und nach oben gepumpt wird, wo ihn die Teichmuscheln ebenfalls „rauswaschen“. Nicht nur fürs Auge gut: Bachläufe helfen auch Flora und Fauna. (Foto: Ostsee Golf Resort Wittenbeck)
Fit für ökologische Herausforderungen
Derart gepflegte Teiche im Verbund mit einem sorgsam bewahrten Pegelstand kippen selbst unter stärkster Hitze nicht. Stattdessen tragen sie mit der Verdunstung ihre Oberflächenwassers zum Mikroklima des Platzes bei.
Dies ist erstmal nur ein Streiflicht, ein Beispiel: Aber auch so macht man eine Golfanlage fit für die Zukunft. Eine Zukunft, die nicht nur sportliche, gesellschaftliche oder wirtschaftliche, sondern gleichermaßen ökologische und klimatische Herausforderungen bringen wird. Kennen Sie ähnliche Maßnahmen oder Aktivitäten aus ihrem Golfclub? Dann schreiben Sie uns, wir nehmen das gern als Thema auf!
Sehr gut, auch auf nicht betonebenen Bahnen kann man gut spielen.