Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Manchmal jedenfalls. Und auf Golfplätzen idealerweise, weil’s die Runde krönt oder möglicherweise mit ihr versöhnt; weil es sich gut anfühlt, so ans 19. Loch zu wechseln, oder gar Lust macht, direkt wieder an den ersten Abschlag zu gehen. Mein Par auf diesem vertrackten Finalloch ist so ein „Bestes zum Schluss“.
Hach, Golf kann so schön sein.
Eigentlich ist die Bahn bloß lang, gut 440 Meter von ganz hinten, für mich mit meinen Altherren-Längen fast ein Par-5. Dazu auf der gesamten linken Seite Wasser und rechts im Bereich der Drive-Landezone eine ehrwürdige Eiche, die irgendwie alles eng macht. Doch der Abschlag sitzt und befördert den Ball locker am Baum vorbei, das Dreier-Holz aus der Mitte des Fairway bugsiert die Murmel an den Rand des Grüns, der lange Putt endet mit einem Tap-in, gefühlt war das ein Birdie – hach, Golf kann so schön sein.
Hinter mir liegen 18 Loch perfektes Parkland, vor mir die Annehmlichkeiten eines reizenden Resorts, das zu den Feinsten in Irland gehört. Mount Juliet Estate, nur eine gute Autostunde von Dublin entfernt, erstreckt sich über gut 600 Hektar durch eine üppige, wogende Landschaft, ist Mitglied der Gütegemeinschaft „Small Luxury Hotels of the World“ und überdies Heimat des renommierten Gestüts Ballylinch, das die enorme Bedeutung der irischen Pferdezucht repräsentiert.
Golf, Reiten, Radfahren, Angeln und Fliegenfischen, Tontauben- und Bogenschießen sind für Ensembles dieser Art fast selbstverständlich, ein separates Gourmetrestaurant gibt’s obendrein; und der von Jack Nicklaus und seinem Co-Designer Ron Kirby konzipierte Parcours zählt zu den Top-Inlandskursen der Grünen Insel. 1991 eröffnete der „Goldene Bär“ höchstselbst sein Werk per Wettspiel mit der irischen Golf-Ikone Christy O’Connor Sen.; Sir Nick Faldo (1991), Bernhard Langer (1992) und Sam Torrance (1993) haben in Mount Juliet bereits die Irish Open gewonnen; heuer liegt es an Shane Lowry und Co., dem rund 6.640 Meter langen Par-72-Arrangement beim vierten Gastspiel des Traditionsturnier im County Kilkenny ihren Stempel aufzudrücken.
Komplettes amerikanisches Designdenken
Was sie erwartet, kommt so gar nicht irisch daher. Nicklaus und Kirby haben ihr komplettes amerikanisches Designdenken eingebracht: zig Abschläge, Seen und Teiche, mehr als 80 strategisch prominent platzierte Bunker. Der betagte Baumbestand entlang der Fairways und der sich durchs Gelände windende River Nore komplettieren das Parkland-Profil. Und es gibt nicht wenige Gäste von jenseits des großen Teichs, die sich während der Runde fühlen, als trieben sie ihre Bälle im Crystal Downs Country Club mitten in Michigan vor sich her.
Das macht Spaß. Besonders die Löcher 3, 4, 10, 11 und 13. Die Drei hat ein diagonal hinterm Wasser liegendes Grün, zwischen Abschlag und Fahne ist alles „nass“. Die Vier führt durch ein nadelöhrschmales, vegetationsgesäumtes Tal in Richtung Ziel – enger geht’s kaum. Die Zehn ist ein machbares Par-5, bei dem man sich nach einem guten Drive „lediglich“ entscheiden muss, ob man das Grün auf direkter Linie und über ein Konsortium von Bunkern angreifen oder den Umweg links um die Baumgruppe herum in Kauf nehmen soll, die sich in der Visierlinie zur Fahne versammelt hat. Die Elf wiederum ist schlichtweg eine Par-3-Schönheit mit Halbinselgrün. Die 13 schließlich verlangt einen blinden Abschlag über eine Kuppe und einen kniffligen Annäherungsschlag auf ein von viel Wasser verteidigtes Grün.
Angesichts solcher Herausforderungen müssen noch ganz andere sich richtig anstrengen: Tiger Woods beispielsweise, der 2002 auf dem Mount-Juliet-Geläuf die WGC – American Express Championship gewonnen hat, Oder Ernie Els, der es dem Superstar des Spiels zwei Jahre später nachgetan hat.
Und mitten in der bukolischen Idylle die beiden „Herbergshäuser“ des Mount Juliet Estate, das Somerset Butler, der Earl of Carrick, als seinerzeitiger Grundherr nach seiner Gattin benannt hat – Juliet, nicht Mount. Der Hunter’s Yard entstand aus den einstigen Funktions-Facilities der Anlage – Ställen, Heuschobern, Quartieren für Kutscher, Pferdeknechte und Stallburschen; heute herrscht dort die splendide, dennoch entspannte und zwanglose Atmosphäre eines First-Class-Hotels mit 93 Zimmern, Spa und dem Restaurant The Hound Dog.
Deutlich distinguierter noch wirkt die Attitüde des ehemaligen Herrenhauses. Dielen knirschen, wo nicht üppige Teppiche den Boden bedeckten, das Mobiliar aus der georgianischen Epoche ist antiquarisch in bestem Sinne, alles atmet den Luxus vergangener Epochen, die dienstbaren Geister verständigen sich eher im Flüsterton: Das Manor House aus dem 18. Jahrhundert und mit Grundmauern, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, ist Mount Juliets beinahe pittoreske Preziose, die 32 Zimmer haben dennoch alle technischen Raffinessen. Persönlicher Service wird ganz groß geschrieben, und im Gourmettempel Lady Helen zelebriert Küchenchef John Kelly Sterneküche. So lässt es sich leben. (www.mountjuliet.ie)