Fast acht Monate musste Bernd Wiesberger 2018 aufgrund einer Handgelenksverletzung aussetzen und in der Zeit schweren Herzens auch die Open Championship absagen, für die er sich qualifiziert hatte. In der Saison 2019 aber schlug er nach anfänglichen Schwierigkeiten ein wie eine Bombe, gewann die Made in Denmark, verpasste knapp den Sieg bei der Irish Open, stand dafür aber eine Woche später bei der Scottish Open, ganz oben auf dem Siegertreppchen. Diese Erfolge bescherten ihm nicht nur einen Platz im Feld der Open Championship sondern auch einen der vorderen Ränge im Race to Dubai. Im Interview erzählt der Österreicher, wie er die schwierige Zeit verbracht hat, wie seine Ziele aussehen und warum er sich seinem Partner Audemars Piguet so verbunden fühlt.
Bernd Wiesberger im Interview
War zu erwarten, dass Du nach deiner langen Auszeit, nach der Hand-OP, so erfolgreich zurückkehren kannst?
Bernd Wiesberger: Lange Zeit sah es nicht danach aus, als könnte ich mich wieder in so eine Position bringen. Aber es hat geholfen, dass ich ein bisschen entspannter und mit weniger Erwartungshaltung an die Turniere heran gegangen bin. So konnte ich, wenn ich in der Angriffsposition war, das Maximum herausholen, wie in Dänemark, Schottland und Irland. Man kann nicht sagen, dass ich das so erwartet hätte, aber in Qatar haben wir gesehen, dass sich das Training in die richtige Richtung entwickelt. Wenn man dann eine Woche erwischt, in der alles zusammenkommt, man den ein oder anderen Break erwischt und den ein oder anderen Putt mehr locht, dann kann es durchaus sein, dass ich vorne mitspiele. Was in Irland und Schottland passiert ist, war dann natürlich der große Bonus.
Womit hast Du die meiste Zeit verbracht, während Du verletzt warst?
Bernd Wiesberger: Die Einrichtungsplanung meines Hauses, ehrlich gesagt. Wenn ich jetzt die paar Monate nicht gehabt hätte, um da etwas Zeit zu investieren, wäre das stressig geworden, während man voll auf der Tour spielt. Ich hätte manche Entscheidungen outsourcen müssen, aber du willst ja, dass dir dein Haus gefällt, also gibt es gewisse Entscheidungen, die du selbst treffen musst und dafür hatte ich die Zeit. Auf sportlicher Ebene habe ich natürlich versucht, mich so gut wie möglich auf meinen Start vorzubereiten. Mir war klar, dass ich von den ersten Ergebnissen nicht viel erwarten kann, aber das ist ein Prozess, der sich über die weiteren Wochen entwickelt hat.
Wie viel Zeit pro Woche investierst du in Training? Hat sich die Zeit mit den Jahren erhöht?
Bernd Wiesberger: Genau kann ich das nicht sagen, aber erhöht hat sie sich nicht, eher im Gegenteil. Ich habe im letzten Herbst angefangen mit meinem Performance Coach Stewart Morgan zu arbeiten. Wir haben die effektive Trainingszeit reduziert, aber die Qualität des Trainings massiv erhöht. Dadurch, dass man sich mental in andere Ebenen begibt ist es auch schneller ermüdend, hat aber mehr Output. Es ist effizienter.
Bernd Wiesberger stand Golf Post Rede und Antwort bei der ersten Audemars Piguet Golf Trophy auf deutschem Boden. (Foto: Audemars Piguet)
"Mein Fokus ist das Race to Dubai"
Wie viel Zeit verbringst Du überhaupt zu Hause? Gibt es eine Phase im Jahr, in dem Du Heimweh hast?
Bernd Wiesberger: Ich habe ungefähr 30 Turnierwochen und noch ein paar Trainingswochen in Dubai, da bleiben dann noch knapp 20 Wochen übrig, die man dann zu Hause verbringt. Über die Jahre lernt man seinen Rhythmus kennen und weiß, das man zum Beispiel nur drei Turniere hintereinander spielen kann und nicht mehr. Ich habe mich jetzt entschieden, die letzten vier Turniere am Ende des Jahres zu spielen. Mein Fokus ist das Race to Dubai und da sind diese Turniere am Ende des Jahres unumgehbar, Aber über die Jahre entwickelt man einen Rhythmus und versucht, regelmäßig zurückzukommen und abzuschalten. Das ist einfacher, wenn du dir die Turniere aussuchen kannst, als wenn du am Anfang des Jahres alles spielen musst, um auf die nötigen Punkte zu kommen.
Wie hast Du Dich während der Scottish Open gefühlt, insbesondere dieser letzten, nervenaufreibenden Stunde?
Bernd Wiesberger: Ich war relativ entspannt. Es war für die Zuschauer mit Sicherheit schlimmer als für mich. Meine Freunde und Familie waren total aufgeregt. Es war ein harter Sonntag. Ich hatte nicht mein bestes Golf gespielt, aber mit Sicherheit auch keine groben Fehler gemacht. Ich habe eine sehr gute mentale Leistung gezeigt, als ich den Parputt an der 18 gemacht habe. Es ist ein großer Unterschied, ob du einen Vier-Fuß-Putt zum Sieg eines Rolex Events hast oder ob du ihn auf dem Puttinggrün davor machst. Für einen Spieler, der noch nie ein Turnier gewonnen hat, ist das natürlich eine Stresssituation, aber es gab keinen Moment, in dem ich [Benjamin] Herbert gewünscht hätte, dass er den Putt verpasst. Ich hab eher darüber nachgedacht, wie ich meine Kappe vom Kopf nehme und ihm die Hand schüttle. Die Dynamik in der Situation ist einfach zu groß.
Neben Bernd Wiesberger (1. v. li.) startete auch der ehemalige Fußball-Profi Patrick Owomoyela bei der Audemars Piguet Golf Trophy. (Foto: Audemars Piguet)
Vom Worst-Case-Szenario zum Ryder Cup
Glaubst Du, Du hast Dir mit Deinem Comeback einen Bonus bei Padraig Harrington für den Ryder Cup geholt?
Bernd Wiesberger: Nein, das ist noch zu weit weg. Die Ryder Cup Qualifikation startet ja erst mit der BMW Championship in Wentworth. Es ist zwar nur noch ein Jahr, aber da liegt noch viel Golf dazwischen. Aber ich hoffe, dass ich ihm bis dahin noch einige Gründe mehr geben kann, um auf mich aufmerksam zu machen. Europa auf der Ebene zu vertreten, wäre genial.
Was steht noch auf der Wunschliste eines Herrn Wiesberger? Majors, alle WGCs, Nummer 1 der Welt?
Ein Sieg bei den Rolex Events war für mich weit oben mit dabei. Das war auch kein schlechter Zeitpunkt dafür, so unmittelbar vor der British Open. Meine Ziele haben sich seit April sehr verändert. Vorher war die Frage, was ist das Worst-Case-Szenario nach der Verletzung? Und jetzt reden wir über Majors und den Ryder Cup, das ändert sich alles so schnell. 2018 ging es darum, mich zu rehabilitieren und ich bin sehr dankbar für alles, was ich hoffentlich noch erreichen kann. Mein Fokus ist immer, dass ich mich mit den Besten der Welt messen möchte und die Majors und WGCs gehören natürlich dazu. Bei der Open hatte ich eine ganz solide Woche, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich zwei Wochen vorher noch aufgeteet habe, ohne zu wissen, dass ich dann spielen würde. Es waren mental zehrende Wochen, das hat sich auch auf die Open-Woche ausgewirkt. Und die US Open in Pebble Beach war einfach super.
Die Suche nach der sportlichen Herausforderung
Wie viel Amerika-Sehnsucht schlummert in Dir?
Bernd Wiesberger: Als Lebensmittelpunkt eigentlich gar nicht, aber die sportliche Herausforderung ist natürlich immer da. Ich hoffe, dass ich über die nächsten Jahre mit positiven Ergebnissen die Möglichkeit habe, die Majorturniere und die WGCs zu spielen und wenn es gut strukturiert ist vielleicht auch das ein oder andere Turnier darum herum. Aber als Lebensmittelpunkt habe ich da bisher keinen Gedanken dran verschwendet. Im Moment habe ich eh kein Startrecht. Gesetzt den Fall, dass ich es hätte, will ich mich nicht einschränken. Dann kann man die Situation betrachten und neu bewerten. Aber mein Hauptfokus ist das Race to Dubai und die European Tour. Wie sich die Dinge sonst entwickeln, bleibt abzuwarten.
Ist es ein angenehmer Effekt, dass man, wenn man gut spielt, von gewissen Brands ausgesucht wird? Das ist bei Dir ja nicht nur mit Audemars Piguet sondern auch mit BMW der Fall. Siehst Du das eine Aufwertung dessen, was Du erreicht hast?
Bernd Wiesberger: Ich sehe das als Symbiose. Es muss in erster Linie die Leistung passen und du musst die Partnerschaft auf sportlicher Ebene auf einem hohen Niveau repräsentieren können, aber besonders für die Kooperation mit Audemars Piguet müssen auch die Charaktere passen. Es ist ein ziemlich breit gefächertes Spektrum an Spielern, die alle ihre eigene Persönlichkeit und die Affinität zum Produkt haben. Ich kann nicht Partner einer Marke sein, mit der ich mich nicht identifizieren kann. Ich hatte vorher schon eine gewisse Liebe zu den Uhren, von daher passt die Symbiose gut. Das bekommt das Klientel dann auch mit. Das sind die Faktoren, die auf beiden Seiten dazu beitragen, dass es ein ideales Kooperationsklima gibt. Ich habe meinen Status in der Golfwelt so gefestigt, dass ich mir meinen Platz unter großen Namen wie Lee Westwood, Xander Schauffele und Henrik Stenson auch erarbeitet und verdient habe.
Audemars Piguet hat meinen Vertrag zu einem Zeitpunkt verlängert, als ich kaum den Schläger schwingen konnte und das drückt für mich ein ziemlich großes Vertrauen ihrerseits aus. Wenn die Marke nicht nur hinter dir steht, wenn es gut läuft und das Logo oft im Bild ist, sondern auch wenn es schlecht läuft und sie hinter dir als Person steht, macht das die Beziehung sehr familiär und deshalb finde ich es sehr passend, dass sie immer von der AP Family sprechen, und dass es eine Golfcommunity ist, die auch zusammen hält und in der es sehr wenig Rotation innerhalb dieser Botschafterfamilie gibt.
Neben dem Golfen standen natürlich die Schmuckstücke und Unikate von Audemars Piguet im Fokus. (Foto: Audemars Piguet)