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Panorama

Den Golfplatz hören und fühlen: Karin Becker golft blind

20. Dez. 2015 von Gastautor in Seefeld, Österreich

Karin Becker ist seitdem sie 20 Jahre alt ist sehbehindert. (Foto: Karin Becker)

Karin Becker ist seitdem sie 20 Jahre alt ist sehbehindert. (Foto: Karin Becker)

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Golfbälle, sagt Karin Becker, nehme sie nur als "kleine weiße Flecken" wahr. Denn die 43-Jährige ist fast blind. Zwischen sechs und sieben Prozent beträgt ihr Sehvermögen. Und dennoch spielt sie Golf. Mit sehr, sehr viel Gefühl. Beispielsweise beim Putten. Ganz langsam und hoch konzentriert schreitet die Tirolerin die kurze Strecke auf dem Grün ab. Sie zählt dabei ihre Schritte, macht auf diese Weise die Entfernung zwischen ihrem Golfball und dem Loch aus. Fast auf den Zentimeter genau. Mit den Füßen tastet sie dabei immer wieder den Boden ab. Auf der Suche nach versteckten Breaks. Dann geht sie, begleitet von ihrem Guide, zurück, holt aus – und der Putt sitzt. Beckers Flightpartner staunen immer wieder. Über diese Sicherheit, über dieses besondere Gefühl, über diese sportliche Höchstleistung.

Mit Sehbehinderung Siege in Österreich und Italien

Die Österreicherin Karin Becker gehört zu den besten Blindengolferinnen der Welt. (Foto: Karin Becker)

Die Österreicherin Karin Becker gehört zu den besten Blindengolferinnen der Welt. (Foto: Karin Becker)

Ausgesprochen sportlich ist Karin Becker schon als Kind. Allerdings ist sie zu diesem Zeitpunkt noch ohne jegliche körperliche Einschränkung. Dann folgt der Schicksalsschlag im Jahr 1992. Becker ist 20 Jahre jung als sie fast ihr komplettes Augenlicht verliert. Aufgrund eines Gendefekts ist sie plötzlich hochgradig sehbehindert. Doch Becker zeigt Stärke, lässt sich davon nicht von ihrem großen Hobby, dem Sport, abbringen. Sie fährt weiter erfolgreich Ski und traut sich wenig später sogar an eine neue Herausforderung: das Golfspiel. Heute hat sie Handicap 27 und blickt auf ihre bislang erfolgreichste Saison zurück. Die Innsbruckerin wurde heuer zum zweiten Mal hintereinander österreichische Staatsmeisterin für Golferinnen mit Behinderung, sie gewann die Austrian Blind Open genauso wie die Italian Blind Open im Golfclub Barlassina bei Mailand. Bei den prestigeträchtigen British Blind Open in Schottland wurde sie Zweite. "Ja, es lief dieses Jahr nicht schlecht für mich", meint sie ganz bescheiden.

Karin Becker ist nicht nur Österreichs Aushängeschild und eine der besten Blindengolferinnen der Welt. Sie sieht sich selbst auch als eine Art Botschafterin für den Behindertensport im ganzen Land. "Ich veranstalte immer wieder Schnuppertage für Interessierte und kümmere mich um entsprechende Fördergelder", sagt sie. Beim Österreichischen Golf-Verbands (ÖGV) sitzt die 43-Jährige in einem speziellen Gremium, das sich um die Belange der Golfer mit Behinderung kümmert.

"Ich höre sofort, ob es perfekt war"

Am Golfsport liebt sie besonders die Unberechenbarkeit. "Jede Runde ist anders, jeder Tag bringt neue Herausforderungen", meint sie. Herausforderungen, die bei sehbehinderten Sportlern die gleichen sind wie bei sehenden. Doch während so mancher ihrer Flightpartner nach einem verkorksten Abschlag fluchend sieht, wie die kleine weiße Kugel nach rechts in Richtung Rough saust, hat Karin Becker das im Gefühl. In diesem Fall im Gehör. "Wenn ich geschlagen habe, höre ich sofort, ob es perfekt war oder der Ball nach links beziehungsweise rechts weggeht", erklärt sie. Und dieses besondere Gespür für Ball und Schläger zieht sich über die gesamte Runde.

Mit GPS, Guide und Routine zum Erfolg

Via GPS-Gerät lässt sie sich die Entfernungen ansagen. Zum nächsten Wasserhindernis zum Beispiel, bis zum Dogleg oder zur Mitte des Grüns. Dann verlässt sie sich auf ihre Schlagroutine. Die Sportlerin stellt sich eine Uhr vor – und holt entsprechend aus. Sie sagt: "Wenn ich mit einem Pitching-Wedge 50 Meter weit schlagen will, hole ich bis acht Uhr aus, bei zehn Uhr komme ich 75 Meter weit." Vor einem Abschlag wird sie zunächst von ihrem Guide Markus Huber ausgerichtet, dann folgt ein Probeschwung anhand dessen wiederum Huber den Ball entsprechend aufteet. Den Schlag führt die Golferin wieder selbst aus. Dann ist der Ball aber auch erst einmal weg, Entfernungen kann Becker nicht alleine einschätzen. Wichtig, erzählt sie, sei daher auf jeden Fall großes Vertrauen zum persönlichen Guide. "Wir sind beste Freunde", sagt die 43-Jährige über ihren Caddy. Und dieses Verhältnis nimmt selbst dann keinen Schaden, wenn Karin Becker wieder einmal eine Runde gegen Markus Huber gewinnt.

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