Es ist vollbracht! Zwischenzeitliches Hände-über-dem-Kopf-Zusammenschlagen, teils haarsträubende Balllagen im Verlauf der Finalrunde der 146. British Open - alles vergessen. Jordan Spieth hat am Ende von der Spitze weg das dritte Major des Jahres und ebenso seiner Karriere gewonnen. Im Royal Birkdale Golf Club vor den Toren Liverpools sicherte sich der 23-Jährige den Claret Jug, darf sich vier Tage vor seinem Geburtstag als neuer "Champion Golfer of the Year" bezeichnen und hat in drei Wochen bei der PGA Championship die Chance, den Karriere-Grand-Slam zu vervollständigen.
Vorsprung bei British Open schnell verspielt
Viel hatte vor dem großen Finale auf einen Sieg Jordan Spieth' hingedeutet. Zu dominant hatte sich der junge Amerikaner an den Tagen zuvor präsentiert. Zwei bogeyfreie Runden und eine abgeklärte, beeindruckende Darbietung bei Regen und Sturmböen am Freitag hatten ihn zum klaren Favoriten gemacht. Immerhin nahm Spieth satte drei Schläge Vorsprung auf Landsmann Matt Kuchar mit ins Finale.
Doch wer hätte gedacht, dass die so schnell verpufft sein würden? Zugegeben, das Wetter verschlechterte sich zunehmend. Wolken, Wind, und einsetzender Regen lösten blauen Himmel und Sonne ab. Aber ein verzogener Abschlag auf der ersten Bahn, ein Birdie von Kuchar am zweiten Loch und plötzlich war Spannung da, noch bevor die Runde so richtig in die heiße Phase ging.
Über die Driving Range zum Majorsieg
Genie und Wahnsinn gaben sich bei dem Texaner in der Folge die Klinke in die Hand. Nach seinen Abschlägen fand sich Spieth häufiger im Rough oder zwischen den Zuschauern wieder, als auf dem Fairway. An der 13 gipfelte sein an diesem Tag schwaches Driverspiel in einem Novum. Selbst erfahrenste Golfjournalisten machten große Augen und beteuerten, Vergleichbares noch nicht erlebt zu haben.
Nach minutenlanger Suche fand sich der Ball auf der Rückseite einer Düne. Regelhüter scharrten sich um Jordan Spieth, der Ball wurde für unspielbar erklärt. Blieb die Frage, wo er weiterspielen solle. Die verlängerte Linie traf zuerst die Trucks der Equipment-Hersteller und führte dann weiter auf die Driving Range.
Nach einer geschlagenen Ewigkeit erlebten die Fans bei der British Open dann tatsächlich, dass der Amerikaner dort droppte und sein Spiel fortsetzte. Zwei starke Schläge retteten ihm zwar das Bogey, Matt Kuchar ging jedoch erstmals in Führung.
Jordan Spieth wie von einem anderen Stern
Was dann folgte, war die Demonstration seiner ganzen Stärke und Kuchar wurde zwangsläufig zum Statisten degradiert, immerhin reichte es mit neun unter Par aber souverän zum zweiten Platz.
Jordan Spieth legte hingegen den Schalter um, spielte plötzlich wieder wie von einem anderen Stern. Fast das Hole-in-One an der 14, gefolgt von langen Eagle- und Birdieputts an den folgenden Löchern. So war es logische Kosequenz, dass der neue "Champion Golfer of the Year" nach nervenaufreibendem Finale und mit zwölf unter Par schließlich Jordan Spieth hieß.
Unbelievable! @jordanspieth holes an eagle at the 15th. #TheOpen pic.twitter.com/DuRgow3ldg
— The Open (@TheOpen) 23. Juli 2017
Martin Kaymer - "Generell alles ein bisschen besser"
Fernab des spannenden Duells um den Sieg, mühten sich derweil Martin Kaymer und Bernd Wiesberger am letzten Tag der British Open nochmal nach Kräften, um zu einem versöhnlichen Abschluss zu kommen. "Es war heute generell alles ein bisschen besser", resümierte Kaymer (T37) nach der persönlich besten Runde der Open-Woche. "Einige gute Abschläge waren dabei, aber in erster Linie habe ich sehr gut geputtet, was der Unterschied zu den vergangenen drei Tagen war."
Tatsächlich überzeugte der Deutsche insbesondere auf den Grüns. Unter Druck fielen im Kampf um das Par auf der Back Nine gleich mehrere lange Putts. Trotz einiger Birdies und einer guten 68 (-2) zum Abschluss, hat Martin Kaymer dennoch über die Tage in England einen Bereich seines Spiels mit Verbesserungspotenzial ausgemacht. "An den Eisenschlägen", erzählte er, "da muss ich in den nächsten Wochen arbeiten."
Nach einer Pause, auf die sich Kaymer gerade wegen seiner lädierten Schulter freue, werde dann gemeinsam mit seinem Trainer Günter Kessler in den USA viel auf der Driving Range gearbeitet. Zum anstehenden WGC-Event, spätestens aber zur PGA Championship, soll dann wieder alles passen.
Putter bleibt bei Bernd Wiesberger kalt
Anders als sein deutscher Kontrahent bekam Bernd Wiesberger hingegen nicht mehr die nötige Kurve, um mit Rückenwind aus der British Open zu gehen. Hatte der Österreicher in den Tagen zuvor schon mit sich gehadert und zu selten aussichtsreich für Birdies auf den Grüns gelegen, setzte sich diese Serie bis Turnierende fort.
Früh gestartet, brachten auch die guten Bedingungen am Vormittag mit erneutem Sonnenschein über der britischen Küste und moderaten Winden nicht die erhoffte Wende. Wiesberger traf zwar so viele Grüns in Regulation wie in keiner Runde zuvor, der Ball wollte an diesem Tag aber einfach nicht ins Loch und der Putter blieb kalt. Im Clubhaus angekommen machte er sich dann auch schnell auf den Heimweg - mit acht über Par und einem geteilten 74. Platz im Gepäck.