Wortspiele: In den englischsprachigen Medien jonglieren die Kollegen mit „short game“ und „wild game“ (Wildbret), wenn sie über Brian Harman berichten; wir beschränken uns auf die Floskel, dass „Hunter“ Harman, der leidenschaftliche Truthahn- und Wildschwein-Jäger, der mit Pfeil und Bogen zu (Waid-)Werke geht, bei der 151. Open Championship heute selbst zum Gejagten wird. Fünf Schläge Vorsprung spielte der 1,70 Meter große Linkshänder aus Georgia gestern dank einer famosen 65er-Runde (-6) heraus, nach vier Birdies auf der Front Nine krönte er seine blitzsaubere Vorstellung mit einem Eagle auf der mörderischen 18 des unter wechselhaften Winden liegenden Geläufs von Royal Liverpool. Ausgerechnet.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
„Mein Putter war an den ersten beiden Tagen ziemlich heiß“, konstatierte Harman, der am Donnerstag mit einer 67 losgelegt hatte. „Jetzt will ich mich einfach nur ausruhen und mich darauf vorbereiten, am Moving Day dort weiterzumachen, wo ich vorhin aufgehört habe.“ Die Nummer 26 der Weltrangliste tritt heute in große Fußstapfen. Tiger Woods und Rory McIlroy hatten bei ihren Open-Erfolgen in Hoylake 2006 beziehungsweise 2014 ebenfalls einen 36-Loch-Score von 132 Schlägen, übrigens das niedrigste Ergebnis nach zwei Runden der Open-Historie. Na, wenn das mal kein gutes Omen für den 36-Jährigen sein könnte. Andererseits: Auf der PGA Tour vermochte der zweifache Turniergewinner noch keine seiner fünf 36-Loch-Führungen in einen Sieg umzumünzen.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Tommy Fleetwood mit Klassiker: „Langer Weg“, „Schlag für Schlag“
Binsen: „Es war von vorn bis hinten und vor allem am Ende eine Plackerei“, lautete das Fazit von Tommy Fleetwood nach seiner Par-Runde am zweiten Tag von Hoylake 2023. „Ich denke schon, dass ich die meiste Zeit über gut gespielt habe, aber am Ende war es einfach schwierig.“ Immerhin, und das darf als schwacher Trost gelten, ist außer Brian Harman niemand am Lokalmatador aus dem 30 Kilometer entfernten Southport vorbeigezogen; heute bestreiten die beiden im Schlussflight den Moving Day dieser 151. Open Championship. „Brian hatte zwei tolle Tage. Ich habe mir heute Morgen seine Runde angesehen und er hat großartig gespielt“, lobte Fleetwood. Dann ließ der 32-jährige Engländer tatsächlich den Klassiker folgen: „Er ist weit vorn, aber es ist auch noch ein weiter Weg für ihn. Für uns andere heißt es, einfach unser Ding zu machen und einen Schlag nach dem anderen spielen.“ Und, was überdies nicht fehlen durfte: „Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich am Samstag in der letzten Gruppe spiele, hätte ich das sofort angenommen.“ Fünf Pfund ins Phrasenschwein, bitte, Mr. Fleetwood!
Rory McIlroys Ziel für heute: „3, 4 oder 5 unter Par“
Zweckoptimismus? Neun Schläge Rückstand auf Spitzenreiter Brian Harman, zwei eher durchwachsene Runden von 71 und 70 Schlägen, aber Rory McIlroy hat die Wiederholung seines Open-Erfolgs von 2014 an selber Stelle – natürlich – noch keineswegs abgeschrieben. „Ich habe es nach wie vor in der Hand. Wenn ich am Moving Day drei, vier, fünf Schläge unter Par spielen kann, habe ich am Sonntag eine wirklich gute Chance“, verbreitete der 34-Jährige Optimismus, räumte jedoch ebenso ein: „Klar, es hängt davon ab, wie die Wetterbedingungen morgen sind, und vor allem davon, was Brian macht. Zehn unter Par ist erstmal unglaublich beeindruckend.“
Adam Scott und der Zwischenrufer Adam Scott
Heiterkeitsausbruch: Wenn du über deine eigene Bemerkung so kichern musst, dass die Schlagvorbereitung davon gestört wird – dann ist dein Name Adam Scott und du liegst am zweiten Open-Tag irgendwo im Rough von Royal Liverpool:
Adam Scott being interrupted by his own commentary was a highlight today. Seems like a really top bloke too.
by u/Disastrous-Ad-7173 in golf
Während der Australier hier den Ball sauber traf und Richtung Grün beförderte, hätte er im folgenden Fall sicher gern das „Ziel“ verfehlt. Natürlich gab es den obligatorischen signierten Handschuh:
Max Homa siegt – beim „Schnick, Schnack, Schnuck“
Spaß am Rande: Einen Erfolg hat sich Max Homa auf den Links von Royal Liverpool schon gesichert. Der Weltranglisten-Achte wurde während der Einspielrunde von einem jungen Fan zum „Schnick, Schnack, Schnuck“-Duell herausgefordert, im anglophilen Sprachraum bekannt als „Rock, Paper, Scissors“, und behielt nach kurzer Einweisung mit einer Schere gegen das Blatt Papier die Oberhand. Mal sehen, ob Homa am Sonntag auch irgendwie nach der Claret Jug greifen kann: Er gehört wie Rory McIlroy zu der 14er-Gruppe, die bei -1 auf dem geteilten elften Platz liegt.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Materialtester Gary Woodland legt sich mit Zaun an
Ab durch die Hecke! Oder in diesem Fall: Ab durch den Zaun. Untertitel: Wenn der Stinger zu flach bleibt. In der Hauptrolle: Gary Woodland, der am Donnerstag auf dem Schlussloch den Materialtester gab, nachdem er das Fairway derart weit verfehlte hatte, dass sein Ball im Rough der parallel in die Gegenrichtung verlaufenden Eins zum Liegen. Zwischen beiden Bahnen ist ein hübscher Gitterzaun platziert, denn Woodland mit seinem Stinger-Versuch per Holz 3 voll und krachend erwischte.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Der Zaun bestand den Belastungstest und ließ den Ball nach knapp 76 Metern mitten im Niemandsland zu Boden plumpsen. Am Ende schaffte der US-Open-Champion von 2019 doch irgendwie das Par – und ging anschließend vermutlich auf die Range, um seine bevorzugten Stinger zu üben.
Caddie: "Gary, I assure you the fairway wood won't hit the fence..."
🫣🫠#TheOpen pic.twitter.com/QjfwMGipbS— Sounder Golf (@sounder_golf) July 21, 2023
Justin Thomas: Per „Liebesbrief“ zum Ryder Cup?
Verzweiflungstat: Justin Thomas ist erwartungsgemäß bei dieser 151. Open Championship am Wochenende nicht mehr mit von der Partie. Nach der 82 vom Donnerstag schaffte der zweifache PGA-Champion gestern zwar eine Par-Runde (71), verpasste den Cut (+4) indes trotzdem um sieben Schläge, zum dritten Mal bei einem Major in diesem Jahr. „Eigentlich habe ich heute ganz gut gespielt“, befand Thomas anschließend. Aber ich mache einfach so viele dumme Fehler und dann passieren auch noch verrückte Dinge. Doch das wird schon wieder.“ Gar nicht beruhigen konnte er sich freilich wegen der unterirdischen Auftaktrunde: „16 Bahnen lang mache ich Schläge wie ein Weltranglistenerster und dann spiele ich auf dem letzten Loch der Runde eine 9“, lamentierte der 30-Jährige. „Ich weiß nicht, ob es eine Sache der Konzentration ist oder ob ich mich zu sehr unter Druck setze? Wenn ich es herausgefunden habe, läuft es auch wieder besser.“
JT unintentionally describes amateur golf
by u/Korevo in golf
Dabei tut Eile Not, denn Thomas verspielt gerade seine Chancen auf einen Platz im amerikanischen Ryder-Cup-Team. „Notfalls muss ich Kapitän Zach Johnson halt einen Liebesbrief schreiben und um eine Wildcard betteln“, juxte er. Der US-Skipper hat Thomas für dessen dritten Kontinentalwettbewerb nach 2018 und 2021 jedenfalls noch nicht aufgegeben.: „Ich bin etwas besorgt, weil er mein Kumpel ist, weil ich weiß, wozu er fähig ist, und weil er ein Fels in der Brandung sein kann“, sagte Johnson. „Hoffen wir, dass seine Talsohle nur kurz ist.“
2024 womöglich erweiterte Zulassung für LIV’ler
Öffnung: 16 Spieler aus der LIV Golf League sind bei der Open Championship an den Start gegangen, angeführt von Titelverteidiger Cameron Smith; der Australier und neun seiner Liga-Kollegen haben es ins Wochenende geschafft. Nächstes Jahr in Royal Troon könnte das Kontingent aus dem Konkurrenz-Circuit noch größer sein. Denn der R&A hat angekündigt, seine bisher auf Open- und Major-Gewinnen sowie PGA-Tour-Platzierungen und Weltranglistenpositionen basierenden Zulassungskriterien zu überdenken und eventuell zu erweitern. „Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass es Qualifikationen und Ausnahmeregelungen gibt, damit die weltbesten Spieler an unserer Open teilnehmen können“, sagte R&A-Chef Martin Slumbers. So schließt man in St. Andrews auch nicht aus, künftig die LIV-Saison-Endwertung als Faktor einzubeziehen und die bestplatzierten LIV’ler starten zu lassen, sofern sie nicht bereits anderweitig qualifiziert sind.
Billy Horschel macht Aktivisten dingfest
Zum Schluss: Über die Aktion der „Just Stop Oil!“-Protestler am neuen 17. Grün von Royal Liverpool, das über den Strand relativ einfach zu erreichen ist, wurde bereits berichtet. Auch, dass Billy Horschel beteiligt gewesen sein soll, als die Aktivisten dingfest gemacht wurden, die das Open-Geschehen stören wollten. Jetzt ist dazu ein Foto aufgetaucht, dass Horschels Engagement noch mal eindeutig aus der Nähe belegt – was zu beweisen war:
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an