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Celebritee: Ulf Kirsten – „Dann ist der Ball halt mal weg, dann leg’ ich mir einen neuen hin“

26. Dez. 2021 in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Ulf Kirsten: Vom Fußballplatz auf den Golfplatz. (Foto: Getty & Golf Post)

Ulf Kirsten: Vom Fußballplatz auf den Golfplatz. (Foto: Getty & Golf Post)

Ulf Kirsten war in den 90er Jahren eine prägende Figur in der Fußball-Bundesliga. Der heute 55-Jährige gewann dreimal die Torjägerkanone und absolvierte insgesamt 100 Spiele im Nationaltrikot (49 mal für die DDR, 51 mal für die BRD). Schon zu seiner aktiven Zeit griff er erstmals zum Golfschläger, doch es dauert lange, ehe er so richtig Feuer fing. Heute ist er mit Leidenschaft dabei, lässt es aber ruhiger angehen als auf dem Fußballplatz. Kirsten hat realistische Ziele und vor allem viel Spaß mit dem deutlich kleineren Ball. Daneben nutzt er seine Freude am Golfsport auch, um Gutes zu tun.

Ulf Kirsten im exklusiven Golf Post Interview

Ulf, was kam nach der Zeit als Spieler, Trainer und Spielervermittler?
UK: Spielervermittler war ich nie wirklich, das war nicht meine Welt. Das habe ich relativ schnell erkannt. Ich habe mich dann bald mehr meiner Stiftung gewidmet. Nach einer Idee meines Sohnes haben wir dann gemeinsam mit einem Partner einen Gin hergestellt, „Der Schwatte“. Angefangen haben wir mit einem „Stiftungs-Gin“, der bombastisch lief. Wir sind dann gefragt worden, ob wir denn nicht weiter machen wollen. Der Stiftungs-Gin war limitiert auf 99 Flaschen zu je 99 Euro. Der Gin ist schwarz und des wegen heißt er auch „Der Schwatte“. Innerhalb von drei Minuten waren alle weg und die Nummer 9 ist versteigert worden für 1.000 Euro. Das Geld ging natürlich komplett in die Stiftung. Anschließend sind wir gefragt wurden: "Macht ihr noch mal was?", "Wollt ihr das nicht in größerer Stückzahl machen?" Und damit haben wir jetzt angefangen. Jetzt ist das neue Produkt auf den Markt gekommen, mit dem wir sehr zufrieden sind. Natürlich entwickeln wir alles immer weiter. Die nächste Aktion kommt im September und auch auf Weihnachtsmärkten werden wir präsent sein.

Worum geht es bei der Stiftung?
UK: Das hat eine Historie: Ich habe 2003 mein Abschiedsspiel gemacht und habe dann das Geld Dynamo Dresden zur Verfügung gestellt, die brauchten damals ein Nachwuchsleistungszentrum. Natürlich konnten wir nur einen Bruchteil beisteuern, das ganze hat eine Million gekostet. Aber das ganze Geld ist in den Bau mit eingeflossen. Als Dynamo Dresden das Geld beisammen hatte, haben wir uns breiter aufgestellt für ganz Deutschland. Seitdem unterstützen wir Jugendmannschaften und Vereine, die wenig finanzielle Mittel haben. Deswegen haben wir auch gesagt, wenn wir von unserem Gin 10.000 Flaschen verkaufen, bauen wir davon einen Bolzplatz.

Geht es nur um die Unterstützung von Fußballern?
UK: Fast immer. Aber wir können auch junge Menschen und Kinder unterstützen, die anderen Sport betreiben. Es ist nicht rein auf Fußball bezogen.

Ist die Unterstützung von jungen Golfern denkbar?
UK: (Überlegt kurz) Darüber habe ich mir bisher gar keine Gedanken gemacht. Ich denke schon, dass da immer mal was möglich ist. Die Stiftung dreht sich um Kinder und Jugendliche, die finanziell nicht gut dastehen und die möchten wir unterstützen.

"Ich habe sogar mal linksherum gespielt"

Neben deiner Stiftungsarbeit verbringst du viel Zeit auf dem Golfplatz, oder?
UK: Mittlerweile ja. Corona hat uns noch mehr auf den Platz getrieben. Ich habe aber schon vor längerem mit Golf angefangen, habe sogar mal linksherum gespielt, weil mein damaliger Golflehrer meinte, ich könnte es so besser. Ich habe aber schnell erkannt, dass das gar nicht geht, aber da hatte ich natürlich schon ein „links-Hand-Bag“… Ich kann also auch mal ein Eisen-9 links schlagen. (Lacht). Man hat jetzt natürlich auch Blut geleckt. Die Bälle fliegen schon ein bisschen besser. Man wird zu Golfturnieren eingeladen, wo man Leute kennenlernt, oder Leute trifft, die man lange nicht gesehen hat. Man lernt neue Leute kennen, das ist beim Golf sehr schön und angenehm. Da kann man gut Kontakte knüpfen. Und natürlich macht es auch Spaß. Aber erst dann, wenn der Ball halbwegs gerade fliegt. Und das kann lange dauern.

Wo gab es den ersten Berührungspunkt mit dem Golfsport?
UK: Wir waren mit Bayer Leverkusen mal im Trainingslager und da gab es einen Schnupperkurs. Ich war in der Mannschaft damals schon einer der Älteren und die Jungen haben alle Golf gespielt. Irgendwann bin ich mal mitgegangen und es hat mir Spaß gemacht. Meisten trifft man ja die ersten zwei, drei Bälle ganz gut. Schlechter wird man dann erst, wenn man sich ein Bag gekauft hat und auf den Platz geht. Ich bin immer ein bisschen dran geblieben. Durch Corona ist es in den letzten zwei Jahren mehr geworden. Man ist an der frischen Luft, man kommt raus, man bewegt sich, zwar nicht allzu schnell, aber man läuft immerhin ein paar Kilometer.

Was genau macht dir Spaß an Golf?
UK: Man trifft viele Leute. Man kann mit der Familie über den Platz gehen, man kann mit Freunden über den Platz gehen. Es ist auch sehr abwechslungsreich, weil man immer verschiedene Situationen auf dem Platz hat. Es ist ja nicht so, dass man immer geradeaus schlagen muss. Manchmal muss man auch ein bisschen taktisch spielen oder kurze Schläge machen. Man kann zwei Löcher überragend spielen, das dritte, vierte und fünfte musst du aber streichen. Das sind die Herausforderungen im Golf. Oft ist es nicht erklärbar, warum man solche Schwankungen hat im Golfsport. Dafür sind wir Amateure, man soll Spaß haben, es soll Freude machen.

Inwiefern war das in deiner Profizeit ein Ausgleich zu Fußball?
UK: Gar nicht. Als Profi habe ich damals noch nicht gespielt. Ich habe zwar ein bisschen reingeschnuppert, aber nach den Trainingseinheiten dann noch mal auf den Platz zu fahren, da war mir die Erholung lieber als noch auf den Golfplatz zu gehen.

Augusta: "Komm ich da drauf?"

Wie verfolgst du den Golfsport? Geht es dir nur um dein Spiel oder verfolgst du auch den Profisport?
UK: Ich schaue viele Turniere im Fernsehen und das sehr gern. Man sieht wie „richtiges Golf“ aussieht. Und das ist echt geil! Ich schaue mir das echt gern an. Ich habe mir auch schon mal an einem Tag ab mittags die Wiederholung vom Vortag und anschließend die Live-Übertragung bis nachts um eins reingezogen. Wenn man die Zeit hat, manchmal hat man sie ja, finde ich das wirklich cool.

Hast du Favoriten?
UK: Rory McIlroy mag ich. Phil Mickelson macht Schläge, von denen ich keine Ahnung habe, wie man die spielt. Es sind alles tolle Golfer, auch hier in Deutschland haben wir tolle Golfspieler. Da ist viel Qualität dahinter. Wenn ich mir derzeit DeChambeau anschaue, wie er zum Teil sogar gerade schießt, das sind Welten im Vergleich zu meinem Spiel. Es macht Spaß zuzuschauen.

Was ist der schönste Golfplatz, den du bisher gespielt hast?
UK: Ich mag die Dresdner Plätze gern. Ich habe auch schon viel auf Mallorca gespielt, dort ist die Qualität der Plätze immer gut. Ich denke, einen richtig schlechten Golfplatz gibt es nicht. Die meisten legen großen Wert auf Qualität. Oder nehmen wir Gut Lärchenhof, da sieht man einfach, dass es ein Golfplatz ist von höchster Qualität. Da ist es für einen Laien wie mich schon schwierig dort zu spielen.

Gibt es einen Golfplatz, den du unbedingt noch spielen möchtest?
UK: Da gibt es viele. Augusta zum Beispiel. Komme ich da drauf?

Das wird wahrscheinlich schwierig.
UK: Und sehr teuer. Man muss ja erstmal hinkommen. (lacht) Wenn es einen guten Golfplatz gibt, spiele ich den gern, allein um mal eine andere Herausforderung zu haben. Ich bin ja in Leverkusen Mitglied und wenn ich hier fünf Mal die Woche spiele, spiele ich jedes Loch fünf Mal anders. Obwohl man den Platz kennt, verliert man trotzdem genügend Bälle.

"Das ist doch total egal, du wirst doch eh kein Profi mehr."

Auf dem Fußballplatz war deine Devise: „Es gibt keinen Schönheitspreis. Über die Linie reicht.“ Wie ist das beim Golf? Hast du da höhere ästhetische Ansprüche?

UK: Mittlerweile habe ich mir einen blöden Schwung angewöhnt, der sieht aus wie eine Acht. Deswegen verreiße ich ab und an einige Schläge. Das will ich mit meinem Golflehrer versuchen zu ändern. Ich möchte einfach, dass der Ball halbwegs gerade fliegt und ich mich daran erfreuen kann und nicht jedes Mal im hohen Gras oder im Wald Bälle suchen. Das sollte schon möglich sein. Wenn man dann noch mal ein Par oder Birdie spielt, ist die Freude groß. Wahrscheinlich hat es sich dann anschließend auch erstmal für längere Zeit wieder erledigt. Aber daran erfreue ich mich im Golf. Da kann der nächste schon wieder Mist sein, aber der davor war super. Das macht Golf für mich aus.

Ist das Gefühl ein Birdie zu spielen für dich vergleichbar mit dem Gefühl aus deiner Profi-Zeit ein Tor zu schießen?

UK: Nein, diesen brutalen Ehrgeiz entwickle ich beim Golf nicht mehr. Ich ärgere mich hin und wieder mal. Früher habe ich auch mal einen Schläger zerstört, aber das ist heute gar nicht mehr der Fall. Dann ist der Ball halt mal weg, dann leg’ ich mir einen neuen hin und versuche den zu spielen. Ich spiele öfters mit einem Freund, der total Handicap-besessen ist. Ich sage ihm immer, "das ist doch total egal, du wirst doch eh kein Profi mehr." Das muss für mich nicht mehr sein. Es muss in der Gruppe Spaß machen. Wenn man zu viel Ehrgeiz hat tut man sich mitunter schwerer. Ich spiele sowieso nur mit gefunden und geschenkten Bällen, dann ist es nicht so schlimm, wenn mal einer wegkommt. (Lacht)

Welches Handicap spielst du momentan?
UK: 26. Ich will aber noch ein Stück runter. Auf 20 will ich kommen, das reicht mir dann. Wenn der Rücken und die Gelenke mitmachen, will ich noch lange spielen. Golf kann man ja bis ins hohe Alter spielen, dann wird der Schwung halt ein bisschen anders.

Wer wären in einem Wunsch-Vierer deine drei Mitspieler?
UK: Rory McIlroy wäre cool. Der würde mir alleine schon fast reichen. Martin Kaymer finde ich klasse. Aber die sind alle so gut, ich hätte wahrscheinlich zu viele Komplexe. Jon Rahm oder Tommy Fleetwood finde ich gut. Aber McIlroy allein wäre schon super.

Was findet du an ihm so bewundernswert?
UK: Er spielt mit einer Entspanntheit. Er strahlt aber auch eine Persönlichkeit aus. Er ärgert sich auch mal, das sieht man bei vielen Golfern nicht. Dieses nicht immer nur Professionelle. Viele schlagen den Ball und gehen einfach hinterher. Er zeigt aber auch Emotion. Jeder hat ja irgendwo seinen Favoriten, das ist im Sport ja allgemein so. In jeder Sportart nimmt man sich einen raus und sagt, "den finde ich cool, der ist gut, der hat Qualität, der hat Klasse."

Du hast mal gesagt: „Wenn beim Auswärtsspiel keiner ruft ‚Kirsten du Arschloch‘, dann weiß ich genau, dass ich schlecht war.’ Was wird denn auf dem Golfplatz zu dir gerufen, damit du weißt, dass du gut warst?
UK: Nichts, da kennt mich zum Glück keiner. Manchmal: "Der liegt dahinten im Wald.“ (lacht) Man denkt ja, jeder beobachtet dich. Und wenn man den Ball schlecht schlägt, sagen sie: "ach schau mal, der Blinde." Aber das Gute am Golf ist, es geht allen so. Zumindest in der Klasse, in der wir uns bewegen. Man denkt es zwar, aber es ist nicht so. Wenn ich manchmal schaue, wenn einer mit einem einstelligen Handicap einen Abschlag macht, und das Ding trotzdem weghaut, denke ich mir, "ja, das passiert mir auch." Wenn man in einer Gruppe spielt, lacht man natürlich darüber. Da feiern wir uns manchmal richtig ab und lachen drüber. Dann landet halt keiner auf dem Grün und es ist trotzdem gut. Der Kopf macht viel aus.

Woher nimmst du die Entspanntheit? Hast du den Ehrgeiz mit den Fußballschuhen an den Nagel gehängt?
UK: Wie gesagt, als ich noch jünger war, habe ich mal einen Schläger zerbrochen, wenn ich nichts getroffen habe. Ich spiele ab und an mit Mirko Lüdemann von den Kölner Haien. Der ist als Hockeyspieler natürlich besser im Golf. Da habe ich mich manchmal geärgert. Aber das bringt einen ja keinen Schritt voran. Vielleicht liegt es mittlerweile wirklich am Alter, dass ich gelassener werde.

Das Interview führte Tobias Hennig

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