Eine schöne Metapher: „Transparenz wie Obsidian“, das schwarze vulkanische Gesteinsglas, war dieser Tage über den Augusta National Golf Club und seine Heimlichtuerei zu lesen. An „2604 Washington Road“ ist fast alles geheim, jedenfalls offiziell: die Namen der Mitglieder, das Aufkommen an Masters-Besuchern - sorry, an „Patrons“ - die Zahl der Turnierhelfer, die Umsätze sowieso. Augusta National ist halt ein Privatclub mit Hausrecht, der Öffentlichkeit zu rein gar nichts verpflichtet.
Eins freilich steht fest: Beim Masters trifft sich nicht nur die golfspielende Weltelite, sondern die Golfwelt an sich, vor allem diejenigen mit handfesten wirtschaftlichen Interessen. „Das Masters“, erzählt einer, der sich auskennt, indes nicht genannt werden will, „ist der globale Kick-off der Turniersaison.“ Und keiner, der am Golfrad dreht, kann es sich leisten, nicht dabei zu sein.
Clubhaus-Terrasse ist der Hot Spot beim Masters
Dreh- und Angelpunkt des Netzwerkens ist die Clubhaus-Terrasse, weiß der Insider und schätzt, dass dort „vielleicht 1.000 Leute Zutritt haben: Das ist der Hot Spot!“. Unter den grün-weißen Sonnenschirmen werden Geschäfte und Politik gemacht, dort treffen sich Spielermanager und Turnierdirektoren, Golfplatzarchitekten und Investoren, es wird gelächelt und geworben, geplaudert und verhandelt. Der Deutsche Golf-Verband und die PGA of Germany haben ebenfalls Vertreter zum Gipfeltreffen der Branche nach Augusta geschickt.
Rund um diesen inneren Kern machen zahlreiche große Unternehmen das Masters zu einer Werbe- und Incentive-Veranstaltung für Kunden und Geschäftspartner. Von der weltweiten Rezession ist hier nichts mehr zu spüren. Der „Augusta Regional Airport“ steht in diesen Tagen voller Firmen- und Privatjets, die Hospitality-Zelte sind bis auf den letzten Stuhl und das letzte Buffetschnittchen ausverkauft.
Weibliche Mitglieder gut für den Umsatz
„Die Aufnahme von weiblichen Mitgliedern in Augusta hat sich sehr positiv auf die Bereitschaft ausgewirkt, das Masters als Plattform für die Pflege von Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen“, sagt Charlie Besser, dessen Firma Intersport im „Double Eagle Club“ 2014 für 500 Dollar pro Tag und Person Firmen und ihre Kunden bewirtet hat. In „Berckmans Place“, dem luxuriösen Hospitality-Bereich von Augusta National selbst, kostet das VIP-Wochenticket aktuell 7.500 Dollar. Der Erlebniswert freilich ist hoch, und kleine Geschenke an Abnehmer oder Auftraggeber erhalten bekanntlich die (geschäftliche) Freundschaft.
Bei alldem ist der Augusta National Golf Club eine werbefreie Zone. Coca-Cola-Schilder oder andere Sponsoren- und Werbebanner gibt es nicht, obwohl die Koffeinbrause seit Anbeginn des Masters ausgeschenkt wird.
Überhaupt wären Augusta National und sein Turnier nicht das, was sie heute sind, ohne den Softdrink-Riesen aus Atlanta. Der damalige Coca-Cola-Chef Robert W. Woodruff gehörte Anfang der 1930er-Jahre zu den ersten Mitgliedern und trug mit seiner generösen Art, vor allem jedoch mit seinem Einfluss wesentlich zur Club-Entwicklung bei.
Bobby Jones übrigens besaß schon 1939 eine Abfüllanlage in Massachusetts; gemeinsam mit Partner Clifford Roberts gründete der Grand-Slam-Gewinner außerdem nach dem Zweiten Weltkrieg die Firma „Joroberts“, die Coca-Cola-Werke in England, Schottland, Südafrika sowie Mittel- und Zentralamerika betrieb. Das kam der Lizenz zum Gelddrucken gleich. Alle 30 Teilhaber, darunter auch Woodruff, waren selbstredend Mitglieder von Augusta National. Die enge Verbindung zum Konzern hält bis zum heutigen Tag an.
Sponsoren zahlen TV-Aufwand
Offizielle Masters-Sponsoren freilich sind IBM, AT&T und Exxon Mobil. Dieser Status garantiert ihnen neben Ehre und Prestige vier Werbeminuten pro Sendestunde bei Augusta Nationals TV-Partner CBS, gerade mal die Hälfte des bei Golfturnieren sonst üblichen Umfangs. Wie diese Konstellationen gehandhabt werden, weiß Jim Andrews von der Marketing-Firma IEG aus der Gerüchteküche: „CBS sagt: Wir brauchen 15 oder 20 Millionen Dollar, um unseren Aufwand zu decken und ein bisschen Gewinn zu machen. Dann agiert Augusta National wie ein Makler und arrangiert mit den drei Hauptsponsoren die Übernahme der Kosten.“
Der Club selbst lässt sich dadurch TV-Honorare in mehrfach zweistelliger Millionenhöhe entgehen, wie sie beispielsweise für die US Open gezahlt werden. Das kann er sich dank Mitgliedsbeiträgen, Ticket-Erlösen, Merchandising und sonstigen Einnahmen offenbar problemlos leisten. Dafür behält er die Kontrolle über alles, was im Fernsehen gezeigt wird. Und das ist beim Selbstverständnis von Augusta National unbezahlbar.