Am Sonntag hat der SWR seine dreistündige Live-Übertragung von den Einzelmatches des Solheim Cup beendet, weil um 16 Uhr „Wahl der Deutschen Weinkönigin - Die Vorentscheidung“ im Programm stand. Wenige Minuten später machte Paula Creamer gegen Sandra Gal im „Off“ zwischen Regionalsender und ARD-„Sportschau live“ ab 16.30 Uhr den Sieg der USA perfekt. Für David Feherty wäre sowas ein gefundenes Fressen, mit ironisch-bissigen Kommentaren, womöglich im Putz einer Weinkönigin samt blonder Perücke und Rebensaft-Pokal.
Ein Beben geht durch die US-Fernsehlandschaft
Der Nordire, Ex-European-Tour-Spieler mit fünf Siegen und Ryder-Cupper 1991, gilt als schillerndste Figur in Amerikas Golf-TV-Landschaft, sein schräger Humor ist Legende, seine Gags und Sprüche sind Legion. Soeben hat der 57-Jährige nach knapp 19 Jahren den Sender CBS verlassen und heuert ab 2016 bei NBC unter dem Dach des Kabel-Giganten „Comcast“ an, für dessen „Golf Channel“ er schon seit 2011 seiner preisgekrönten Talkshow „Feherty“ vorsitzt. Die jenseits des großen Teichs viel diskutierte Personalie wirft ein bezeichnendes Licht auf die Verhältnisse im US-Fernsehbusiness mit dem kleinen weißen Ball.
David Feherty über Tiger Woods
Ich stand staunend da, beobachtete sein Spiel und dachte: Davon gab's keine Zwei auf Noahs Arche.
In den USA tobt das Buhlen und Ringen um die lukrativen Golf-Übertragungen, eine „scheinbar endlose Schlacht um Inhalte und Gesichter“, schrieb „Golf Digest“. Anders als hierzulande ist Golf ein Quotengarant, erst recht seit „American Idol“ Jordan Spieth dem nicht mehr omnipräsenten Tiger Woods an die Seite getreten ist, die Übertragungen sind prall gefüllt mit Werbung. CBS zeigt die Wochenenden von rund 20 PGA-Tour-Turnieren pro Jahr, vor allem aber ist der Sender exklusiver Partner von Masters und PGA Championship, seit 1997 funkte Feherty dabei als „On-Course“-Reporter entlang der Fairways und hinter den Grüns seine Beobachtungen in den Äther.
Eine Milliarde Dollar für Golf-Übertragungsrechte
Mit dem neuen Brötchengeber geht der Mann, der 2006 seinen Alkoholismus und schwere Depressionen öffentlich machte, rosigen Zeiten entgegen: NBC/Golf Channel teilt sich mit CBS die Wochenend-Übertragungen von der PGA Tour, hat die Players Championship, die FedExCup-Playoffs und den Ryder Cup sowie die olympischen Golfturniere im Portfolio. Ab 2017 kommt auch noch die Open Championship hinzu. Da lässt es sich verschmerzen, dass man die US Open an einen „Emporkömmling“ verloren hat.
David Feherty über den Golfschwung von Jim Furyk
Der sieht aus, als wenn ein Einarmiger in einer Telefonzelle mit einer Schlange ringt.
Eine Milliarde Dollar soll „Fox Sports“ der Zwölfjahresvertrag mit dem US-Golfverband USGA für die Rechte an deren Herren-, Damen- sowie Senioren-Major angeblich wert sein. Allein 15 Millionen Dollar schmiss der Sender in die Werbetrommel, um sich vor Chambers Bay ins rechte öffentliche Licht zu rücken. Dieser jüngste Mega-Deal zeigt, welche Dimension Golf in den USA hat, und dabei ist hier nicht die Rede von Amerikas Nummer-eins-Sportart. Zum Vergleich: Für die Rechte an der Fußball-Bundesliga zahlt Sky 480 Millionen Euro pro Saison, unlängst ersteigerte man für 4,2 Milliarden Pfund (5,8 Milliarden Euro) die Übertragungsrechte an der englischen Premiere League von 2016 bis 2019.
Das Salz in der Suppe: Prominenz
Nebst einem Haufen Geld und ausgewiesenen Fachkommentatoren bieten die US-Sender jede Menge prominente und zugkräftige Gesichter auf, um dem Zuschauer das Geschehen zu vermitteln: Greg Norman, Juli Inkster oder Holly Sonders etwa bei Fox, Nick Faldo, Gary McCord, Jim Nantz bei CBS, Johnny Miller, Dan Hicks, Annika Sörenstam und eben David Feherty bei NBC und Golf Channel, um nur einige zu nennen, ohne auch die Studiosendungen zu berücksichtigen.
David Feherty über sich selbst
Meine größte Leistung ist vermutlich, noch nicht tot zu sein. Wenn jemand ein Buch über mich schreiben würde, müsste der Titel wohl lauten: ,Echt, der ist noch am Leben?'
Von all dem sind Golfszene und Fernsehbranche in Deutschland Lichtjahre entfernt. Der Solheim Cup war, trotz des Weinköniginnen-Abbruchs, ein guter Anfang; 2022 könnte der Ryder Cup ein weiterer großer Schritt in Richtung TV-Ereignis Golf werden.
Golf-TV in einer anderen Liga
Bis dahin erfreuen wir uns an Typen wie David Feherty, der bei NBC demnächst mehr sein darf als nur rasender Reporter, die Übertragungstürme und wohl auch das Studio entern darf, was ihm CBS verwehrte, neue Formate kriegen soll und sogar mit Spartenwechseln liebäugelt. Vielleicht berichtet er demnächst für NBC mal vom Curling, hat Feherty „angedroht“. Das dürfte spaßig werden.