Aberwitzig: Ja, es ist entspricht dem Gesundheits- und Sicherheitsprotokoll, doch absurder ging‘s in Sachen Jon Rahm kaum. Ganz abgesehen von der Tragik um den wahrscheinlich sechsten, mit 1,67 Millionen Dollar dotierten Sieg des Spaniers auf der PGA Tour und seiner Titelverteidigung beim Memorial Tournament: Die Tour-Verantwortlichen hätten den positiven Corona-Test beim 26-Jährigen kaum unsensibler und schlechter managen können. Vor laufenden Kameras wurde Rahm unmittelbar nach seiner brillanten 64er-Runde und noch am Rand des 18. Grüns von Tour-Arzt Dr. Thomas Hospel der eiskalte Guss verabreicht: Quarantäne statt sonntäglicher Siegerparade; schlagartig war all das nichts mehr wert, was er zuvor auf dem Platz geleistet hatte. Kein Wunder, dass der Schock den Weltranglisten-Dritten im Wortsinn in die Knie zwang – das Bild hatte was von einem Zusammenbruch; beim TV-Sender „Sky Sports“ waren sie so fassungslos wie der Spieler selbst:
Die PGA Tour erklärte ihr Vorgehen später so: Die Information über den positiven Test nach sämtlichst negativen Ergebnissen in den Vortagen sei um 16:20 Uhr Ortszeit eingegangen, daraufhin habe man eine zweite Analyse der Probe veranlasst. Als diese um 18:03 Uhr vorlag, sei Rahm bereits auf dem 18. Fairway gewesen. Man habe ihn dann auf dem 18. Grün informiert, weil man den Spanier gar nicht mehr in die vergleichsweise abgeschlossene und damit unsichere Scoring Area lassen wollte.
So weit, so schlecht – es bleiben eine Menge Fragen. Beispielsweise warum Testergebnisse doch so lange auf sich warten lassen, nach dem ursprünglichen Sicherheitskonzept sollten Spieler ohne negativen Test erst gar nicht zum Aufwärmen oder auf die Runde dürfen? Und was ist mit Rahms Flightpartnern, Abstand und frische Luft hin oder her? Schließlich: Man hätte ihn trotz allem erst aus dem Fokus der Kameras bitten können –die praktizierte Vorgehensweise war unmenschlich.
PGA TOUR Statement on Jon Rahm pic.twitter.com/HvMmWLCHeq
— PGA TOUR Communications (@PGATOURComms) June 5, 2021
Naturgemäß gab‘s reichhaltige Reaktionen im Netz, hier einige Beispiele:
I feel very bad for Jon Rahm. He’s played absolutely brilliant golf this week. Jon knew as early as Monday that he had come in close contact with an individual who tested COVID positive, and he followed all PGA TOUR protocols as it relates to contact tracing.
— Jack Nicklaus (@jacknicklaus) June 5, 2021
I’d send Jon Rahm off at sunrise tomorrow by himself and fumigate the course behind him. Poor bastard.
— Super 70s Sports (@Super70sSports) June 6, 2021
From Jon Rahm's R3 playing partners...
Patrick Cantlay: "I've already had COVID, so, yeah, I've got to imagine I have antibodies, so I don't feel too concerned."
Scottie Scheffler: "I don't feel very concerned. I had COVID. I'm not going to say whether or not I got vaccinated."
— Jason Sobel (@JasonSobelTAN) June 5, 2021
Could he not play the final round himself and his caddy and wear a mask. With a marshal following him social distancing.
— G (@geezo31) June 6, 2021
DeChambeau-„Dissen“ beim Memorial: Koepka hetzt Fans auf – das geht zu weit
Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das sagt: „Achte auf deine Worte, denn sie werden [deine] Handlungen.“ So gesehen hat Brooks Koepka in gewisser Weise die Büchse der Pandora des schlechten Fan-Benehmens geöffnet, wenn er das „Dissen“ des ziemlich besten Feindes Bryson DeChambeau neuerdings auch noch honoriert. Ja, Sie lesen richtig: Der vierfache Majorsieger hat am Freitagabend via Video jedem Fan eine Kiste Frei-Bier seines Partners Michelob versprochen, der tagsüber bei Jack Nicklaus‘ Memorial Tournament wegen Verhöhnung von DeChambeau als „Brooksie“ vom Platz geflogen sein sollte. Der Begriff ist einerseits eine Anspielung auf den ungeliebten Kollegen, andererseits die umgangssprachliche Bezeichnung für ein Schamhaar-Toupet aus dem 18. Jahrhundert, das den Haarausfall durch die damals übliche medikamentöse Behandlung von Geschlechtskrankheiten kaschieren sollte.
DeChambeau und sein Caddie hatten im Muirfield Village Golf Club tatsächlich einige allzu übergriffige und beleidigende Fans ausgemacht, die anschließend der Anlage verwiesen wurden. Koepka meldete sich darauf hin zu Wort, bedankte sich für die verbale Unterstützung, obwohl er gar nicht am Start sei, und stellte die flüssige Entschädigung für eventuelle Platzverweise in Aussicht. Damit freilich überschreitet das eigentlich noch harmlose und irgendwie unterhaltsame Brooks-Bryson-Ballyhoo eindeutig eine Grenze: Koepka überzieht die Rivalität. Indem er Pöbeleien nachträglich honoriert, ermuntert er seine Fans förmlich dazu. Oder anders: Er hetzt sie gegen DeChambeau auf. Die beiden mögen sich tatsächlich nicht leiden können; DeChambeau mag für Koepka ein rotes Tuch sein, der wiederum für den „Mad Scientist“ vielleicht nicht intellektuell genug; oder sie inszenieren da eine besondere Form von „Bromance“ – wie auch immer, das jedenfalls geht zu weit.
Der amtierende US-Open-Champion, der nächste Woche in Torrey Pines zur Titelverteidigung antritt, hat unterdessen erklärt, dass ihm das „Brooksie“-Geblöke nichts ausmache und er sich davon nicht irritieren lasse: „Von mir aus können sie das den ganzen Tag rufen. So viel Aufmerksamkeit ist ja fast schmeichelhaft.“ Andererseits sei Koepkas Aktion „haarscharf an der Grenze dessen, was die Tour in Sachen Verhalten von den Spielern erwartet“.
McIlroy und sein Schwung-„Double“ bei der US Women‘s Open
Ominös: Nach ein wenig Verwirrung um die Absagen von Pressekonferenz und Pro-Am-Start „aus persönlichen Gründen“ hat Rory McIlroy bei Jack Nicklaus‘ Memorial Tournament einen unspektakulären geteilten 18. Platz (-1) belegt – oder anders: Viel war in den Tagen von Dublin vom vierfachen Majorsieger nicht zu sehen. Da sorgte an anderer Stelle ein „Double“ des Nordiren für viel mehr Wirbel. Bei der US Women‘s Open im Olympic Club zu San Francisco fiel die 19-jährige Filipina Yuka Saso erst wegen ihres nahezu identischen Golfschwungs und gestern schließlich als ebenso unerwartete wie glückliche Majorsiegerin auf.
Da war selbst das Original baff. „Da gibt es schon etliche Übereinstimmung“, sagte McIlroy, der TV-Übertragungen vom Damen-Major angeschaut hatte. Die Ähnlichkeiten im Schwung sind alles andere als Zufall: US-Women‘s-Open-Championesse Saso pflegt sich vor dem Einschlafen eine Stunde lang Schwungstudien von McIlroy via YouTube „reinzuziehen“ – Fortbildung sozusagen. Es hat geholfen.
DiMarco: „Undercover“-Security gegen Fan-Rowdies
Undercover? Noch ist die Golfszene uneingeschränkt begeistert von der Rückkehr der Zuschauer an die Ränder von Abschlägen, Fairways und Grüns – die Veranstalter und Ausrichter aus wirtschaftlichen Gründen und die Spieler, weil sie von der Kulisse „ungemein viel Energie aufsaugen“ (Rory McIlroy), die so schmerzlich vermisst wurde, als wegen Corona unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt wurde. Jack Nicklaus findet es sogar klasse, wenn die Fans hinter dem Schlussflight das 18. Fairway fluten – wie beim Finale der PGA Championship rund um Phil Mickelson und Brooks Koepka geschehen. Mal abwarten, wie lange es dauert, bis das nicht selten alkoholbefeuerte „Mashed-Potatoes“- oder „Get-in-the-Hole“-Gegröle die Spieler wieder nervt oder gar schlimmere Übergriffigkeiten und Beleidigungen zu Beschwerdetiraden und erneuten Alkoholverbots-Forderungen (auch Rory McIlroy) führt.
Der einstige PGA-Tour-Gewinner Chris DiMarco (52) hat derweil eine Idee verlautbart, besonders ab- und ausfällig agierende Turnier-„Besucher“ ausfindig zu machen. Er plädiert für anonyme, nicht kenntlich gemachte Sicherheitskräfte, die sich quasi „undercover“ unter die Zuschauermassen mischen und so Rowdys ermitteln sollen. „Viele Fans denken offenbar, dass die Trennseile zwischen Spielern und Zuschauern auch schalldicht sind“, sagte DiMarco gegenüber „Bunkered.co.uk“ und erinnert an die restriktiven Zuschauerregeln beim Masters: „Es ist aber ein so kleiner Prozentsatz an Leuten, dass es nur ein paar Undercover-Beamte bräuchte, um das Problem zu lösen. Wenn du zehn Leute rausgeschmissen hast, spricht sich das schnell rum und entwickelt eine abschreckende Wirkung.“
Mickelsons Wanamaker-Wein: 450 Dollar
Marketing-Maschine: Dass Phil Mickelson mal wieder exzellenten Rotwein aus einer Majortrophäe verkostet hat, wurde bereits berichtet. Nachzutragen wäre, dass es sich bei dem Tropfen um einen 450 Dollar teuren 2018er-Cabernet Sauvignon von Tor Wines aus dem kalifornischen Kult-Weinanbaugebiet Napa Valley handelt, den er zu Ehren seiner Frau Amy aus der jüngst auf Kiawah Island gewonnenen Wanamaker Trophy schlürfte.
Seit dem werbeträchtigen Outing von „Verkaufsgenie“ Mickelson ist die entsprechende 3.000-Flaschen-Charge des Gewächses namens „Black Magic“ übrigens ausverkauft. „Lefty“, der seinen Pokal überall mit sich herumschleppt und nicht müde wird, auf seinen Triumph hinzuweisen, hat offenbar eine betuchte Fan-Base.
„Bacchanalien“ mit dem Major-Silber haben beim nunmehr sechsfachen Majorsieger übrigens Tradition. Schon nach dem Open-Championship-Triumph von Muirfield 2013 nutzte Mickelson die Claret Jug für ihren originären Verwendungszweck – als Weinkanne nämlich. Damals dekantierte er freilich noch einen ganz anderen Rebensaft, einen 23.000 Dollar teuren Romanée-Conti Grand Cru von 1990. Was angesichts seiner ersten Open verständlich, aber nicht ganz stilecht war. Er hätte statt des Burgunderweins besser einen Bordeaux einlaufen lassen sollen, denn für den sind dergleichen Kannen von jeher gedacht. Der Bordeaux war im Mittelalter das Alltagsgetränk der britischen „High Society“, eine willkommene Alternative zu den noch schwereren Roten aus Spanien und Portugal. Während das gemeine Volk Bier trank – Wasser fiel wegen der hohen Verunreinigung komplett aus –, gönnten sich die feinen Leute tagsüber halt den Clairet oder Claret …
Statt Woods: LaCava am Bag von „Bruder“ Couples
Seriöser Seitensprung: Tiger Woods pausiert bekanntlich und arbeitet nach seinem schweren Autounfall im Wortsinn daran, wieder auf die Beine zu kommen. Joe LaCava indes, sein Caddie seit 2011, bleibt in dieser Phase nicht untätig – anders wie vor Jahren, als der getreue Joe nach Woods‘ Rücken-OPs geduldig aufs Comeback seines Chefs wartete. Und so kam es anlässlich der Principal Charity Classic bei den PGA Tour Champions zu einer besonderen Wiedervereinigung. LaCava trug im Wakonda Club in Des Moines/Iowa das Bag von Fred Couples, an dessen Seite er schon in den 1990er-Jahren war und mit dem er 1992 das Masters gewann. „Ich würde dafür sterben, mit Tiger beim Memorial unterwegs zu sein“, sagte LaCava, der seit Dezember nicht mehr im Einsatz war: „Aber das hier kommt direkt danach, ich liebe Fred wie einen Bruder.“
Abraham Ancer und das „grüne Biest“
Entschädigung: Das Gefährt für den Tages-Spitzenreiter, der dafür per Porsche zwischen Hamburger Hotel und den Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe) pendeln darf, blieb Abraham Ancer verwehrt. Ein Ass auf der 17 zum Auto-Gewinn spielte der mexikanische Gast von der PGA Tour bei dieser vierten Auflage der Porsche European Open in Norddeutschland auch nicht. Und nach insgesamt Acht über Par und dem verpassten Cut ist er für den heutigen Final-Montag sowieso raus. Dennoch hatte Ancer seinen Spaß, beim Turnier und gleichermaßen mit Porsches Elektrorenner Taycan – auf der Autobahn rund um den Veranstaltungsort nämlich. Sein Caddie Dale Valelly auf dem Beifahrersitz ebenfalls – temporär jedenfalls:
Open Play: Handicap ohne Club in Schottland
Revolution: Der schottische Golfverband „Scottish Golf“ hat umgesetzt, was in Großbritannien schon länger rumort und diskutiert wird. Auch Golfer ohne Clubbindung können sich ab sofort ein Handicap gutschreiben und es pflegen lassen. Das neue Procedere, genannt „Open Play“, wird (zurecht) als eine der bedeutendsten Änderungen im Golfsport der vergangenen Jahrzehnte bezeichnet: Man muss sich nicht dem organisierten Golfsport anschließen, um als „Nomade“ dennoch ein „vollwertiger“, weil mit Handicap ausgewiesener Golfer zu sein. In Schottland zielt dieses Angebot auf rund 500.000 Golfer, die aktuell nicht Mitglieder eines Clubs sind; es kann per App für rund sieben Euro im Monat gebucht werden. Für ein Basishandicap müssen mindestens 54 Loch in Form von 9- oder 18-Loch-Runden registriert werden. Golf werde so zugänglicher und diverser, heißt es bei „Scottish Golf“; man geht davon aus, dass England und Wales sich bald ebenfalls für „Open Golf“ erklären.
Bad Bounce
Das Letzte: Aller Anfang ist schwierig, und wer von uns hat sich im Umgang mit Ball und Schläge nicht schon ungeschickt angestellt – in den Anfängen oder wann auch immer … Und so macht auch dieser Sportkamerad eine eher unsanfte Bekanntschaft mit dem im Golf allgegenwärtigen, seltsamen „Eigenleben“ eines eigentlich ruhenden Balls – und erfährt gleichzeitig sozusagen am eigenen Leib die Definition von „Bad Bounce“: