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Golf in Deutschland

Die Energiekrise – für Golfclubs ein Tod auf Raten?

15. Nov. 2022 von Peter Marx in Zell a.H./Schwarzwald, Deutschland

Die Golfclubs straucheln in der Energiekrise. (Foto: GC Königsfeld, GC Gröbernhof, GC Öschberghof)

Die Golfclubs straucheln in der Energiekrise. (Foto: GC Königsfeld, GC Gröbernhof, GC Öschberghof)

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Aufgrund des russischen Angriffes auf die Ukraine explodieren die Kosten für Unterhalt, Personal, Technik und vor allem für Energie. Ein Thema, das derzeit viele Vereins-Manager und ehrenamtliche Vorstände von Golfclubs beschäftigt. Die nächste Mitglieder-Versammlung steht an und die neuen Haushaltspläne für 2023 sind kaum noch zu kalkulieren. Eine schwarze Null im nächsten Haushaltsjahr entspricht derzeit mehr „einem Wunschdenken als einer realen Darstellung“, wie es ein Clubpräsident formulierte.

Die Energiekrise kommt auch in den Golfclubs an

Eine E-Mail des Präsidenten des Golfclubs Gröbernhof schreckte die 504 Mitglieder auf: Ab sofort können Gäste und Mitglieder nicht mehr warm duschen in den Umkleidekabinen. Der drastische Schritt wurde mit den hohen Energiepreisen begründet. Der Präsident hatte den Gashahn zugedreht, nachdem sich der Gaspreis verdreifacht hatte. In Zahlen: von 0,0413 Euro pro kwh auf 0,148. Sport-Vorstand Stefan Kirsch: „Unsere vierteljährliche Abschlagszahlung stieg von 600 auf 2.600 Euro.“

Eine Preissteigerung, die nicht im aktuellen Haushalt eingeplant ist, genauso wenig wie die gestiegenen Dieselpreise. Sie lagen im vergangenen Jahr noch bei 15.000 Euro, dieses Jahr sind es bereits über 22.000 Euro. Tendenz steigend. Die Liste der Preis-Explosionen lässt sich beliebig fortsetzen: von Bunkersand (+70 Prozent) über Dünger (+50 Prozent) bis Saatgut (+50-70 Prozent). Der Club hat inzwischen reagiert und sämtliche Bauvorhaben und Sanierungspläne, beispielsweise Ausbau der Drainagen für die Fairway-Beregnungsanlage, wurden ersatzlos gestrichen. Zusätzlich werden seit dem Herbst die Fairways nicht mehr so oft gemäht, was wiederum Spritkosten spart. Die Gefahr bei dieser Maßnahme sieht Vorstand Kirsch überdeutlich: „Es wird schwierig sein, den bisherigen guten Standard zu halten.“

Viele Grüße vom Gröbnerhof! Se...

Dabei ist der Golfclub Gröbernhof kein Einzelfall. Eine Umfrage der Golf Post in der südbadischen Region ergab, dass in fast allen Clubs der Rotstift regiert. Entspannt agieren derzeit nur die Clubs, die bereits im vergangenen Jahr mit Großbestellungen die Kosten für 2022 senken konnten. Aus dem Schneider sind sie jedoch nicht. Für 2023 „sieht es deutlich enger aus,“ betont Rossini Postiglione, Manager des Freiburger Golfclubs.

Neuanschaffungen werden zur Utopie

Der Geschäftsführer der Golf- und Freizeitanlagen GmbH in Königsfeld, Günther Huber, weist auf ein weiteres Problem hin. „Extreme Preissteigerungen haben wir auch bei der Anschaffung von Maschinen.“ Neue Rasenmäher und Traktoren gelten inzwischen bei vielen Clubs als „unbezahlbar.“ Wobei der Head-Greenkeeper des Golfclubs Gröbernhof darauf hinweist, dass nicht nur die hohen Preise Sorgen machen, sondern auch die langen Lieferzeiten von Ersatzteilen. Klaus Mayer: „Wir warten seit rund einem Jahr auf neue Messer für die Fairway-Mäher.“ Was aber in diesem Fall nichts mit der Energiekrise zu tun hat, sondern mit den Lieferschwierigkeiten vor allem von amerikanischen Produkten. Ein Überbleibsel der Corona-Pandemie. Mayer: „Keiner kann dir sagen, was wann kommt.“

Huber vom Golfclub Königsfeld im Schwarzwald-Baar-Kreis hängt täglich über den Zahlen des aktuellen Haushaltsplanes und überprüft alle Kostenpositionen auf „Einsparpotentiale.“ Als erstes wurde der Investitionsplan inclusive Greenkeeping überarbeitet. „Trotzdem haben wir beschlossen, 150.000 Euro in den Platz zu investieren.“ Dazu zählt: Sanierung von Abschlägen sowie einigen Grüns und Fairways. Außerdem wird die Driving Range neu angelegt. Der Club verfügt jedoch über keine hohen Rücklagen, sondern muss die Investitionssummen über Einsparungen ausgleichen. Huber: „Die Tilgung von Krediten wird ausgesetzt und für einen Greenkeeper, der den Club verlassen hat, gibt es keinen Ersatz.“

Nicht nur die Golfclubs, sondern fast alle Vereine, stehen vor diesem Dilemma: Angesichts der hohen Energie-Kosten müssten sie entweder die Sportstätten über den Winter komplett schließen, nächstes Jahr später eröffnen oder die Mitgliedsbeiträge vervielfachen, was sie jedoch eine größere Zahl an Mitglieder kosten könnte. Nach Untersuchungen von Sportverbänden schließen immer mehr Frauen und Männer derzeit eine Kündigung ihrer Vereinsmitgliedschaft nicht aus. Die Gründe: hohe Inflation, höherer finanzieller Aufwand für Energie und Nahrungsmitteln sowie geringe Rücklagen für Krisenzeiten.

Die Zwei-Klassen-Gesellschaft in deutschen Golfclubs

Die Folgen sind in den Golfclubs schon spürbar: es bilden sich wieder Zwei-Klassen-Gesellschaften. Die einen, die es sich leisten können 1.800 Euro und mehr für die Mitgliedschaft zu bezahlen und die anderen, die es nicht können. Wie beispielsweise Paul. Der 68-jährige Rentner (Hcp 18) ist ein leidenschaftlicher Golfer und derzeit täglich auf dem Platz. Er spielt, bei welchem Wetter auch immer, jeden Tag. Bis zum 31.12.2022. Dann ist Schluss mit Golf. Wahrscheinlich für immer. Paul hat gekündigt, weil er sich den hohen Mitglieds-Beitrag mit seiner bescheidenen Rente nicht mehr leisten kann. Der Club-Vorstand lehnte es ab, ihm finanziell entgegenzukommen, obwohl Paul anbot, dafür freiwillige Arbeitsstunden zu verrichten. Ähnliches erlebte die 58-jährige Bertha. Die Bäckereifachverkäuferin hat ihre langjährige Mitgliedschaft in ihrem Club gekündigt, „weil mir mein liebstes Hobby zu teuer geworden ist.“ Auch sie fand keine Unterstützung im Vorstand, sondern wurde mit dem Satz des Clubpräsidenten verabschiedet: „Wer sich Golf nicht leisten kann, sollte wegbleiben.“ Ein Verhalten, das an vergangene Zeiten erinnert, als Golfclubs noch als abgehoben galten.

Noch sind die Pauls und Berthas die Ausnahmen in den Clubs. So zählte Sportwart Stephan Kirsch in seinem Club erst drei Kündigungen von Mitgliedern aus finanziellen Gründen. Die Treue der Mitglieder zum Golfclub Gröbernhof hielt trotz der diesjährigen Umlage und der angekündigten Erhöhung der Beiträge im nächsten Jahr. Beide Entscheidungen wurden von einer großen Mehrheit mitgetragen. Doch die beiden Preissprünge zeigen für Vorstand Kirsch bereits Wirkung: „Neue Golfmitglieder sind schwerer zu binden. Sie warten lieber erst mal ab.“
Einen anderen Weg geht der Golfclub Königsfeld. „Preiserhöhungen sind schädlich“, formuliert es Geschäftsführer Huber. Sein Weg lautet sinngemäß: „Nicht alte Mitglieder vertreiben, sondern noch mehr neue Mitglieder gewinnen.“ Bislang hatte Huber Erfolg mit seinem Plan.

Der Strom fließt in die Caddyhallen

Am Beispiel Golfclub Königsfeld wird deutlich, für welche Bereiche wieviel Energie verbraucht wird. Huber nennt die Jahres-Zahlen aus der Club-Bilanz: 50.000 Kilowattstunden (kwh) für die Caddyhalle, unter anderem für das Aufladen der Trolley-Batterien. 30.000kwh Gas und 10.000kwh Strom für das Clubhaus samt Gastronomie; 20.000kwh Strom für das Greenkeeping, Benzin/Diesel zirka 15.000 Liter. Beim Freiburger Golfclub waren im vergangenen Jahr rund 70.000 Euro notwendig, um den Energiebedarf des Clubs zu decken, davon 8.000 Euro für Gas, 28.000 Euro für Strom und 27.000 Euro für Diesel. Ebenfalls aufgeführt sind weitere 7.000 Euro für Wasser. Preiserhöhungen schließt Manager Postiglione für die nächste Saison jedoch aus.

Eine substanzielle Bedrohung für ihre Vereine sehen die Vertreter der Golfclubs derzeit noch nicht. Allerdings ergänzt Rossini Postiglione: „Wenn sich die Situation nicht entschärft, sieht es anders aus.“ Der Krieg in der Ukraine kann jedoch noch Jahre dauern, die damit verbundenen Preise werden eher steigen als fallen. Auf die Frage, wieweit kann der baden-württembergische Golfverband den Clubs helfen atmet Präsident Otto Leibfritz erst mal tief durch. Außer guten Ratschlägen kann er nichts anbieten. Denn im schwäbisch geprägten Golf-Verband gilt nach wie vor der Satz mit dem früher Bettler von der Haustür vertrieben worden sind: „Wir hon nix, wir gäbe nix.“ Frei übersetzt: Wir haben nichts und wir geben nichts.“

Etwas entspannter als seine Kollegen sieht Ben Hortig, Manager Golf & Sport im Öschberghof am Rande von Donaueschingen, die Entwicklung. Was damit zusammen hängt, dass der dortige Club kein Verein ist, sondern eine kommerzielle Golfanlage mit zwei Plätzen und insgesamt 45 Löchern. „Die Energiepreise treffen ganzheitlich das 5 Sterne-Resort,“ sagt der Manager. Bedeutet: Die Kosten für Hotel und Golfanlage laufen nicht getrennt, sondern gemeinsam über die Buchhaltung. Ben Hortig klagt derzeit vor allem über den Mangel an Rohstoffen wie Dünger oder ebenfalls über fehlende Ersatzteile bei Maschinen. Um die hohen Wasserpreise zu senken, wird auf der Bahn 5 des Old-Courses ein neuer Stauteich mit einem Volumen von 14.000 Kubikmetern gebaut. Er dient künftig ausschließlich der Bewässerung des Golfplatzes.

Erneuerbare Energien - Die Lösung des Strom-Problems?

Die entscheidende Frage in dieser Gemengelage von Kostenexplosionen und sinkenden Einnahmen lautet: Wie wollen die Clubs gegensteuern, um beispielsweise die Energiepreise in den Griff zu bekommen? Eine Antwort lautet „Neubau bzw. Ausbau von Photovoltaikanlagen.“ Im Golfclub Freiburg wird mit der neuen Anlage derzeit fast ein Drittel an Strom eingespart. Und auch der Golfclub Königsfeld plant eine neue Photovoltaikanlage auf den Dächern von Clubhaus und Caddyhalle, um die Stromkosten deutlich zu senken. Huber: „Dazu einen Speicher, der nachts die Energie für unsere Beregnungsanlage liefert.“

Für ähnliche Bau-Maßnahmen reicht im Golfclub Gröbernhof das Geld nicht aus. Aber immerhin eine gute Nachricht gibt es trotzdem: Es darf wieder warm geduscht werden. Allerdings nur auf Vorbestellung im Sekretariat.

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