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Golfreisen

Estela Golf Club: Linksspektakel im Sprühregen der Atlantik-Gischt

12. Mai. 2022 von Michael F. Basche in Estela, Portugal

Estela Golf Club in Portugal. (Foto: Michael F. Basche)

Edelstein am Atlantik: Der Estela Golf Club im hohen Norden von Portugal. (Foto: Michael F. Basche)

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Eigentlich gibt’s in Sachen Links keine Kompromisse, die Definition ist unmissverständlich: Salzwasserlage, sandiger Untergrund, typisches Küstengras als Belag. Ein Linkskurs kann Bäume, muss aber nicht zwingend Dünen haben, dafür Wasserhindernisse allenfalls in Form von Bächen, Prielen, Burns, die in Richtung Meer laufen. Für konservativen Kuratoren dieser ursprünglichen Form des Spiels zählt zudem unabdingbar die natürliche Patina der Jahrhunderte.

Reiz der Vergangenheit hat Zukunft

150 bis 160 „echte“ Linksplätze existieren noch. Grandiose, ruhmreiche Spielplätze, Sehnsuchtsorte für leidenschaftliche Golfer. Dazu weltweit vielleicht die gleiche Zahl an „Newcomers“, wunderschöne Anlagen, deren erfolgreiche Zukunft im Reiz der Vergangenheit liegt. Sie alle sind gesuchte Raritäten, Kleinode samt und sonders – auch wegen des Naturschutzes und der strengen Auflagen –, die gemeinsam kaum ein Prozent der geschätzten fast 40.000 Golfplätze auf dem Globus ausmachen.

Golfgenuss in Vintage-Gelbgoldgrün

Estela an Portugals Westküste ist so ein Edelstein. Eindeutig unterm Radar, wenn es um eindrucksvolle Erlebnisse geht. Das rund 6.300 Meter lange Par-72-Geläuf liegt knapp 50 Kilometer nördlich des wunderbaren Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes, und nahe dem populären Seebad Póvoa de Varzim. „Costa Verde“ heißt die Region hier, „grüne Küste“. Estela freilich ist eher ein Golfgenuss in Vintage-Gelbgoldgrün, mit dem grenzenlosen Graublau des Atlantik als Kulisse. Nicht nur an diesem Tag trägt das Meer Kronen aus Schaum: Der Wind ist allgegenwärtig, und Estelas elementare Bahnen verlaufen unmittelbar entlang der Küste – da spielt’s sich schon mal mit dem Sprühregen der atlantischen Gischt im Gesicht.

Die Auftaktstrecke – die Löcher 1 bis 6 – ist Linksgolf vom Feinsten. Gleichermaßen 10 bis 13. Designer Duarte Sottomayor, ein Robert-Trent-Jones-Schüler, hat das Layout einfach auf drei Kilometern Länge in die Dünenlandschaft gepflanzt. Wobei „einfach“ dem  Charakter des Kurses nicht gerecht wird. Das 1989 eröffnete Ergebnis ist phasenweise wahrhaft dramatisch – eben, weil’s die Natur vorgibt und gutes Linksdesign dem lediglich folgt.

Apropos: Estela liegt tatsächlich in einem Landschaftsschutzgebiet, „heutzutage würde das so sicherlich nicht mehr genehmigt werden“, sagt Präsident Alexandre Quintas E Sousa über die mittlerweile ebenfalls hohen Umweltauflagen in Portugal.

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(Foto: Michael F. Basche)

Das Routing verläuft in der klassischen Form einer gedehnten Acht, mit dem modernen, architektonisch ansehnlichen Clubhaus in der Schnittstelle. Gleichermaßen verharrt das Auge auf der Windmühle am Ende der ersten Schleife, die deutlich älter und das Wahrzeichen des Estela Golf Club ist. Aber, und das liegt nahe: Der Atlantik als Kulisse ist nicht zu toppen. Und ist auf den Küstenbahnen permanent im Bild.

"Linksiger" geht’s selbst in Schottland kaum zu

Schon zum Auftakt häufen sich die Schwierigkeitsgrade. Während der Golfer noch vom ersten Eindruck überwältigt ist und sich auf den vorherrschenden Gegenwind aus Norden einzurichten versucht, wartet mit der Drei, einem 411 Meter langen Par-4, bereits das herausforderndste Loch des Parcours. Und mit Bahn 4 treibt Sottomayor das Ganze früh auf eine spektakuläre Spitze. Das 175 Meter lange Par-3 führt diagonal und abfallend durch ein Tal auf ein wiederum erhöhtes, eher unterdimensioniertes Grün, das auf dem Kamm einer Düne sitzt, über dem Strand hängt und dessen Oberfläche mit dem Ozean dahinter zu verschmelzen scheint. „Linksiger“ geht’s selbst auf schottischen Schmuckstücken kaum zu.

(Foto: Michael F. Basche)

(Foto: Michael F. Basche)

Die schmalen Fairways tun ihr Übriges und kommen nahezu ohne Bunker aus, zumal der Kurs lange Abschläge erfordert, um eine Chance zu bekommen, die erhöhten Grüns „in regulation“ zu erreichen. Da kommt dann Bahn 8 ganz gelegen, eine mit 311 Metern eher kurze und durchaus ausladende Angelegenheit – sofern man sich von der künstlich angelegten Lagune zwischen Teeboxen und Fairways nicht ins Bockshorn jagen lässt.


Allerdings: Die vereinzelten Wasserhindernisse – besagter Teich sowie ein Tümpel hier und da – stören den Stil und zerstören als Fremdkörper ein wenig die Stringenz. Zumindest der Linkspurist runzelt die Stirn.

Dafür reißt er ganz weit die Augen auf, als es über eine der zahlreichen Brücken zum 13. Abschlag geht. Das Par-5, 457 Meter lang, ist ein Paradebeispiel für Linksgolf und zieht sich komplett am Strand entlang, bevor es in einem leichten Dogleg zum Grün abfällt. Schlichtweg herrlich, erst recht im leichten Vormittagsdunst, den der (Rücken-)Wind vom Atlantik herein weht.

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(Foto: Michael F. Basche)

Wie bei so vielen Linkskursen folgt irgendwann der Knick weg von der Küste, und die Schlusslöcher laufen in zweiter Reihe zum Clubhaus zurück. Estela ist auch in dieser Hinsicht klassisch, man wendet sich mit großem Bedauern vom phänomenalen Panorma ab und macht sich auf den „Heimweg“. Gärten und Gewächshäuser rechter Hand verdeutlichen, wo der Sandboden in fruchtbares Ackerland übergeht.

Bester Platz im gesamten Norden von Portugal

Die finalen Fairways und beeindruckend bebunkerten Grüns hingegen sind in ihrem Design unvermindert mehr als ansehnlich, die 18 ein knackiger Schlussspurt, der über 359 Meter leicht aufwärts führt und durchaus in einem der Sandhindernisse landen kann, die – angeordnet wie die Punkte auf einem Würfel – als Quartett die Fahne schützen.

Fazit: Dieses Estela ist ein feines Fleckchen und gilt nicht von ungefähr als bester Platz der Region und womöglich im gesamten Norden von Portugal. Porto ist ohnehin jede Reise wert, und der 30-Minuten-Trip an den Atlantik dann ein „Must-Go“. (estelagolf.pt)


 

Kacheln, Francesinha, Portwein

Where to be: Portugals nördliche Atlantikküste steht stets ein wenig hinter der Algarve im Süden und dem Alentejo im Südwesten zurück. Dabei ist die Region rund um und hinter Porto bis an die Grenze zu Spanien zwar urwüchsiger, aber von landschaftlichem Liebreiz und ruralem Reichtum, allein schon durch den Weinanbau an den Hängen des Douro, der ein paar Kilometer hinter Porto in den hier eher anders schönen, weil wilderen Atlantik mündet.


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Die Região Norte ist die älteste Region Portugals und historisch eng mit der Entwicklung des einstigen Königreichs verbunden. Der Palast von Vidago beispielsweise, eine Autostunde von Porto entfernt, entstand Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts auf Initiative von Carlos I. Der Monarch freilich hat seinen „Landsitz“ im Belle-Epoque-Stil nie gesehen und die dortigen Thermalquellen nie genossen, er starb 1908 kurz vor der Fertigstellung. Heute ist Vidago Palace ein erlebenswertes Fünf-Sterne-Haus in bester Grand-Hotel-Manier und hat einen nicht weniger empfehlenswerten Golfplatz, der sich durch den Schlosspark und die angrenzenden Ländereien zieht.

What to see: Porto natürlich. Die „Barockstadt“ ist hinreißend, charismatisch, bezaubernd. Portos terrassenartig platzierte Altstadt Ribeira mit ihren buntbemalten schmalen Häusern ist seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe; das historische Viertel Foz Velha am Ufer des Douro steht geschlossen unter Denkmalschutz.

Die mit den charakteristischen weiß-blauen, Azulejos genannten Kacheln belegten Fassaden der zumeist aus Granitstein errichten barocken Kirchen und Prachtbauten der Stadt sind weltberühmt und allein schon einen Bummel wert. Nicht verpassen sollte man dabei den Hauptbahnhof São Bento und seine herrliche Eingangshalle, deren Wände unter der Stuckdecke mit 20.000 Azulejos verfliest ist.


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Was noch? Beispielsweise der Börsenpalast von 1844 mit dem prächtig geschmückten neomaurische Festsaal Salão Árabe; die Prachtstraße Avenida dos Aliados; die Buchhandlung Livraria Lello mit neogotischer Außenfassade, die weltweit als Schmuckstück gepriesen wird und deren Jugendstil-Holz-Interieur sogar „Harry-Potter“-Autorin J. K. Rowling inspiriert hat. Natürlich der Blick von der Brücke Ponte Dom Luìs I auf ganz Porto, die mit ihrer schmiedeeisernen Bogen-Konstruktion nicht von ungefähr an den Pariser Eiffelturm erinnert, stammt das ursprünglichen Konzept doch von ebenjenem Baumeister Gustave Eiffel.


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Und sowieso alles zum Thema Portwein, dessen große Marken im Stadtteil Vila Nova de Gaia auf der gegenüberliegenden Douro-Seite ihre Lagerhäuser haben. Allein mit Wissenswertem zum Likörwein in seinen Erscheinungsformen „White“, „Ruby“ und „Tawny“ ließen sich Bände füllen, stattdessen ist eine Führung zu empfehlen, die von nahezu allen Kellereien angeboten werden.

Where to eat: Am typischsten und meistpittoresken in einem der zahlreichen Lokale von Foz Velha direkt am Douro-Ufer, mit Blick auf die zur Zier am Kai vertäuten Rabelas – das sind Holzbarken, auf denen früher die Portweinfässer transportiert wurden. Verkostenswert sind absolut immer die Pastéis del Nata, Blätterteig-Törtchen mit Vanille-Creme-Füllung, wenngleich sie ursprünglich im Lissaboner Stadtteil Belém erfunden wurden.


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Oder die Bola de Berlim, eine Art gefüllter Krapfen. Mittags sollte zwingend das aus Porto stammende Sandwich Francesinha auf dem Speiseplan stehen: Toast, verschiedenes Fleisch bzw. Wurst (meist Mortadella, Räucherwürstchen, Rindersteak), überbackener Käse, Biersoße. Und abends dürfen es für Liebhaber von Deftigem gern Bacalhau-Bällchen mit tomatigem Graupen-Risotto sein, „Bouletten“ aus Stockfisch, die gegrillt, gebraten oder frittiert werden.


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Where to stay: „The Yeatman“ im Stadtteil Vila Nova de Gaia ist laut Eigenwerbung das „erste Wein-Hotel der Welt“. In der Tat trägt jedes Zimmer den Namen einer berühmten Portwein-Marke. Terrassenförmig über den Lagerhäusern am Douro erbaut, offenbart das Haus stets und überall – beispielsweise durch raffinierte Blickachsen –  den Blick auf die gegenüberliegende Altstadt der Metropole des Nordens. Der Blick auf Porto im abendlichen Lichterglanz, bevorzugt bei einem Portwein-Cocktail auf der „Yeatman“-Terrasse, ist das perfekte Betthupferl nach einem Tag mit Golf oder Sightseeing. Saúde!


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