Es gibt diesen wenig charmanten Satz von dem Sack Reis, der in einem fernöstlichen Land umfällt und damit Belang- wie Bedeutungslosigkeit vermittelt. Der EurAsia Cup hat ein bisschen was davon. Zwölf europäische Top-Golfer treten während hierzulande weit vorgerückter Stunde gegen eine Auswahl Asiens an, von der selbst dem ambitionierten Fan höchstens die Hälfte namentlich bekannt ist. Ungefähr so, als wenn der FC Bayern München durch China reist, allerdings ohne Neuer, Robben, Müller und Lewandowski. Nett, ja, und vor allem für die Gastgeber eine Riesensache, sportlich indes ein Muster ohne Wert.
Seit 2014 läutet der Teamwettbewerb in Malaysias Kapitale Kuala Lumpur das Ryder-Cup-Jahr ein. Nach dem anfänglichen 10:10 unter Regie von Miguel Ángel Jiménez darf der jeweilige Europa-Skipper schon mal fürs kommende Duell mit den Amerikanern „üben“. Vor zwei Jahren verließ Europa mit einem 18,5:5,5-Kantersieg den Glenmarie Golf & Country Club, am Regiepult stand Darren Clarke, den entscheidenden Punkt holte der spätere Masters-Sieger Danny Willett. Was dann beim Ryder Cup in Hazeltine draus wurde, ist bekannt – so viel zu guten Omen. Heuer allerdings stehen die Vorzeichen für den EurAsia Cup noch ein bisschen anders.
Team mit lauter Turniersiegern
Erstmals tritt Europas Riege nicht als Ryder-Cup-Dominator auf. Erstmals hat sie dafür mit Tommy Fleetwood den Race-to-Dubai-Gewinner in ihren Reihen. Erstmals findet der anschließende Kontinentalwettstreit zwischen alter und neuer (Golf-)Welt quasi vor der Haustür statt. Und erstmals ist mit Paul Casey einer dabei, der nach dem Malheur von Minnesota fast als Heilsbringer herbei gesehnt wurde. Gründe genug, beim Aufgalopp für Paris ein wenig genauer hinzusehen.
Allgemein wird dem Dänen Thomas Björn attestiert, eine ziemlich starke Equipe zu haben, lauter Tour-Sieger, auf dem Papier wohl das stärkste bislang. Es fehlen nach derzeitigem Stand bloß Rory McIlroy, Justin Rose, Sergio Garcia und Jon Rahm. Dafür ist Henrik Stenson dabei, zudem Thomas Pieters und Rafael Cabrera-Bello, die in Hazeltine so großartig debütierten. Auch Bernd Wiesberger hat sich über die Punkteliste automatisch qualifiziert.
„Heilsbringer“ Paul Casey im Fokus
Und dann halt Paul Casey. „Niemand kann auf so einen Spieler verzichten“, hatte McIlroy schon unmittelbar nach der Ryder-Cup-Schlappe lamentiert. Es schien fast, als hinge das blau-goldene Wohl und Wehe von Caseys künftigem Mittun ab. Der Engländer freilich war durch seine selbstgewählte „Diaspora“ auf der PGA Tour nicht spielberechtigt. Doch als European-Tour-Chef Keith Pelley gelockerte Bedingungen in Aussicht stellte und Kapitän Björn unmittelbar nach seiner Wahl manifestierte, Casey sehr wohl auf dem Zettel zu haben, stand das Comeback des Weltanglisten-14. quasi fest. Der 40-Jährige tat mit einem Bekenntnis zur laufenden Saison der European Tour sein Übriges, Ende November bekam er die „Wildcard“ für den EurAsia Cup. Björn nannte seinen Pick „eine Selbstverständlichkeit“: „Er ist ein toller Match-Play-Spieler, und ich denke, die jungen Burschen können eine Menge von ihm lernen.“
Mit der Vorgeschichte wird Casey im September auf dem Albatros-Kurs von Le Golf National fürs öffentliche Interesse eine Hauptrolle spielen. Er dürfte damit umgehen können. 2004 und 2006 stand er in den siegreichen Staffeln von Bernhard Langer und Ian Woosnam, 2008 erlebte er unter Nick Faldo die Niederlage von Valhalla. 2010 wurde er von Colin Montgomerie – obwohl in den Top-10 der Welt – für Celtic Manor nicht berücksichtigt.
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Garantiert kein Geschenk für Martin Kaymer
Bei alldem läutet das anstehende Wettspiel auf dem 6.404 langen Parklandkurs in Kuala Lumpur zwar den Countdown für die 42. Ryder Cup Matches ein, eine Generalprobe ist es jedoch nicht. Das wäre angesichts der Papierform des Gegners auch fragwürdig. Erst recht bei der zu erwartenden Stärke des US-Teams. Außer, Europa vergeigt es. Thomas Björn braucht ohnehin kein Warm-up. Der 46-Jährige hat den Ryder Cup drei Mal gewonnen, war drei Mal Assistenzkapitän, saß zehn Jahre lang dem Turnier-Komitee vor, ist immer noch der starke Mann des Gremiums und nicht nur deswegen eines der profiliertesten Gesichter auf der European Tour.
Apropos „berücksichtigen“: In der aktuellen Ryder-Cup-Konstellation findet sich wenig bis gar kein Raum für Martin Kaymer. Der Rheinländer wird in den kommenden Monaten schon richtig was zeigen müssen, um es zum fünften Mal in die europäische Auswahl zu schaffen. Und als Mann der European Tour hat sich Thomas Björn kompromisslos dem Erfolg verschrieben, zumal mit der Mission, den Ryder Cup zurückzuholen. Der Däne mag vielleicht kein Paul McGinley sein, aber ganz sicher ist er kein Darren Clarke. Geschenke wie die Wildcard für Lee Westwood 2016 wird es von ihm nicht geben.