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Profisport Herren

Florian Fritsch: „Golf ist maximal leistungs- und erfolgsabhängig“

28. Dez. 2019 in Köln, Deutschland

Nach einem sehr schwachen Jahr 2018 hat er sich in diesem Jahr wieder stabilisiert: Florian Fritsch. (Foto: Getty)

Nach einem sehr schwachen Jahr 2018 hat er sich in diesem Jahr wieder stabilisiert: Florian Fritsch. (Foto: Getty)

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Florian Fritsch ist bekannt dafür, viele Dinge zu hinterfragen und gilt als einer der deutschen Golfer, die das große Ganze im Blick haben. Im Interview mit Golf Post spricht er nun über das sportlich schwierige Jahr 2018 und berichtet darüber, wie er sich - auch mit der Hilfe der Pro Golf Tour - wieder stabilisierte. Anschließend wirft Fritsch einen Blick in die Zukunft und gibt preis, was seine Pläne abseits seiner aktiven Laufbahn sind. Auch sein Statement zur Lage der Golfnation bleibt natürlich nicht aus.

Florian Fritsch im Interview

Golf Post: Florian, Du hast dieses Jahr überraschend oft auf der Pro Golf Tour gespielt, einige Male auf der Challenge Tour und ein Turnier auf der European Tour. Wie fällt das Saison-Fazit aus?

Florian Fritsch: Ich hatte 2018 ein wirklich schlechtes Jahr, da bin ich ziemlich abgeschmiert. Da habe ich Ergebnisse geliefert, vor allem in einer Konstanz, die auch mich kalt erwischt haben. Also stand für mich 2019 unter dem Stern, mich wieder zu finden, wieder Konstanz aufzubauen, meine Hausaufgaben zu machen und das ganze Spiel wieder ein bisschen beständiger zu machen. Das ist mir weitestgehend gelungen. Ich habe jetzt keine super-tollen Ergebnisse geliefert, aber ich hatte auch wiederum keine super-schlechten Ergebnisse wie in den Jahren zuvor. Wir alle wissen aber, wie das System auf den Touren aufgebaut ist. Wenn man jede Woche Dreißigster, Vierzigster oder auch Zwanzigster wird, ist das schön und gut, aber es bringt einem gar nichts.

Und so hat mir in diesem Jahr die Durchschlagskraft in meinem Spiel gefehlt. Vor allem vom Abschlag aus der Tee-Box war ich schlecht und konnte deshalb einfach nicht diese tiefen Runden spielen, die einfach nötig sind, um gegen die Top-Jungs auf den einzelnen Touren bestehen zu können. Und deswegen resümiere ich dieses Jahr als ein bisschen frustrierend, weil ich einfach ergebnistechnisch nicht vorwärts kam. Es war so "lala". Es gibt mir aber Optimismus und Hoffnung für das nächste Jahr und die Jahre danach, dass es insgesamt wieder kommen kann, und dass ich vielleicht auch wieder dahin zurückfinde, wo ich mal war. Ein, zwei Jahre Tour würde ich schon noch gerne spielen. Das will ich nicht ausschließen.

Golf Post: Seit 2013 ging es bei dir stetig bergauf. Jetzt hat deine Karriere einen Knick nach unten gemacht. Woran lag das

Florian Fritsch: Ich habe leider eine sehr schmerzhafte Erfahrung machen müssen. Ich war eigentlich immer der Überzeugung, dass ich in Anführungsstrichen zu klug dafür bin, aber Golf hat die wunderbare Eigenschaft, einen sehr schnell und demütig auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen. Ich empfand meine Technik unter Druck als nicht stabil genug. Ich bin ein sehr handdominanter Spieler. Deshalb kann ich den Ball in alle möglichen Richtungen bewegen, aber wenn dann mal Druck da ist und ich muss liefern, dann waren sehr aktive Hände eher ungünstig. Zumindest empfand ich das so. Deshalb habe ich irgendwann die Entscheidung getroffen, ich möchte mein Treffmoment-Verhalten mit den Händen verändern.

Für eine Zeitlang konnte ich das kompensieren und in den letzten zwei Jahre waren dann graduelle Veränderungen und Weiterspielen angesagt, aber dafür habe ich einfach nicht die Geduld. Und ich bin dann mit der Brechstange rangegangen und habe sehr technisch gearbeitet. Das hat anscheinend dazu geführt, dass ich nicht mehr Herr über mein Spiel war. Ich war auch nicht mehr zugänglich. Ich war verbohrt in diese Idee. Das werde ich in diesem Winter definitiv verändern. Ich möchte in den nächsten ein, zwei Jahren dahin, dass es ein paar Basics gibt, die stimmen müssen. Wenn jemand sprintet, macht es keinen Sinn rückwärts dazustehen mit überkreuzten Beinen.

Golf Post: Wie sieht denn die Situation für 2020 ganz konkret für Dich aus?

Florian Fritsch: Meine Situation ist jetzt so, dass ich weder auf der Challenge Tour noch auf der European Tour irgendeine Kategorie habe. Ich glaube, dass ich aufgrund meines Pro-Golf-Tour-Ranglisten-Sieges von 2013 noch ein Jahr Kategorie eins oder zwei auf der Pro Golf Tour habe. Und selbst wenn das nicht stimmte, hätte ich noch eine ganz normale Kategorie auf der Pro Golf Tour durch einen 33. Platz in der Rangliste. Insofern plane ich nächstes Jahr mit der Pro Golf Tour.

Auf der Pro Golf Tour bleiben mir, wenn sie nach Europa kommt, nicht 18 bis 20 Turniere wie auf der Challenge oder European Tour, sondern nur neun oder zehn. D.h. ich habe neben den wenigen Turnieren auf der Pro Golf Tour, die ich spielen kann und werde, eine Menge Zeit für andere Dinge. Wenn wir das jetzt mal nüchtern betrachten: Die letzten zwei Jahre waren natürlich auch wirtschaftlich nicht rosig für mich. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ich nicht mehr alleine in einer WG wohne, sondern eine Familie habe und die hat natürlich einen ganz anderen finanziellen Bedarf. Deshalb muss ich einfach mal gucken. Selbst wenn man auf der Pro Golf Tour sehr gut spielt, ist es eigentlich ein Minusgeschäft. Man muss andere Wege finden sich zu finanzieren und darüber habe ich mir Gedanken gemacht. Ich habe mich entschieden, berufsbegleitend die Golflehrerausbildung bei der PGA of Germany zu beginnen. Die endet dann im Februar 2022 mit Bestehen der Prüfung Ende 2021.

Golf Post: Welche anderen Dinge kannst Du Dir vorstellen?

Florian Fritsch: Nebenher möchte ich andere Dinge machen, die mir einfach Spaß machen. Mir macht Einzelcoaching Spaß, mir macht Mannschaftscoaching Spaß, außerdem macht mir Laufbahnberatung Spaß. Das ist etwas, was, wie ich finde, im Profi-Bereich fehlt. Es gibt zwar viele Menschen, die in einzelnen Bereichen sehr gut sind und auch übergreifend eine Menge Erfahrung und Expertise mitbringen, aber ich stelle mir vor, ich bin ein Elternteil eines 15 oder 16 Jahre alten Kindes und das hat die Ambition Pro zu werden. Da stellt sich für mich die Frage, ob es irgendwo eine Anlaufstelle oder Person gibt, die einen umfangreich über viele Facetten einer Laufbahn informieren kann. Und da ist mir aufgefallen, dass wir an dieser Stelle gar nicht so stark aufgestellt sind wie es vielleicht sein könnte. In diese Kerbe möchte schlagen.

Golf Post: Wie sieht gute Laufbahnberatung für Dich aus?

Florian Fritsch: Denken wir das Beispiel des 16-jährigen Kindes von eben weiter: Da gibt es das Thema College, da gibt die Ausbildung zu Hause. Wie sieht es mit Sponsoring aus? Wie sieht es mit Turnieren aus? Wie sieht es mit Einladungen aus oder den Kategorien? Wie ist das mit dem Werdegang, wie funktioniert das mit der Q-School? Was für Kosten kommen auf mich zu? All diese Geschichten.

In ganz vielen dieser Bereiche habe ich Erfahrungen, weil ich das alles selber durchlebt habe und es mich auch einfach interessiert. Ich mache nicht den Golflehrer, um Golfunterricht zu geben. Ich weiß, dass es ein Teil von so etwas sein könnte, aber ich möchte das einfach nur zusätzlich machen, um mehr Wissen zu haben und auch diesen Bereich abdecken zu können, sollte es mal erforderlich sein. Aber für mich ist eigentlich interessant, so eine Art unabhängige Informationsstelle zu sein für ambitionierte Spieler und deren Eltern. Daneben habe ich Interesse daran bei Pro-Ams oder Veranstaltungen mit aufzutreten und sie mit durchzuführen. Das sind Dinge, die ich mir überlegt habe, die ich komplementär neben meinem Spiel noch machen könnte, um mich erstens zu finanzieren und zweitens, wenn es dazu kommt, dass ich nicht mehr spielen kann, dort einen weichen, relativ schnellen Übergang zu haben.

Auf den Punkt gebracht: ich möchte weiter spielen! Ich möchte noch auf die Tour. Ich bin mal so arrogant: wenn man auf der Internetseite der European Tour auf mein Profil und meine Karriere-Einnahmen schaut, dann steht da irgendwas von 978.000 Euro. Irgendwie würde ich gerne das Siebenstellige voll machen. Das ist natürlich nicht der einzige Grund, aber es ist eine kleine Geschichte, die mich befeuert. Ich möchte zurück auf die European Tour.

Golf Post: Hat dir die Laufbahnberatung selber gefehlt?

Florian Fritsch: Eigentlich schon. Um ein Beispiel zu nennen: Ich bin in die USA aufs College gegangen, University of Carolina, und habe damals nicht gewusst, dass ein Stipendium als geldwerter Vorteil gewertet wird. D.h. ich hätte in meinem ersten Jahr eine Einkommenssteuererklärung machen und abgeben müssen, was ich nicht getan habe. Somit bin ich auf rund 2000 Dollar sitzen geblieben, die ich zusätzlich zahlen musste. Solche Beträge können bei manchen Personen die ganze Finanzierung sprengen und darauf gilt es einfach zu achten. Das war jetzt ein einfaches Beispiel.

Ein anderes Beispiel: Ein Drittel des Feldes auf der Challenge Tour besteht aus eingeladenen Spielern. Das ist etwas, das sehr wenige wissen. Aber es ist ein entscheidender Punkt. Gerade für Spieler, die niedrige Kategorien haben und dennoch denken, sie kommen auf eine gewisse Anzahl von Turnieren. Das sind einfach Infos, die sind in keinem Buch zu finden. Die muss man erlebt haben, um zu wissen wie das Ganze funktioniert. Ich frage ja nicht nach Einladungen und bekomme die dann. Das wird ja auch ganz unterschiedlich gehandhabt. Auch das Thema Kosten. Wie finanziere ich mich? Wie kann ich meine Kosten reduzieren? Wie komme ich an Sponsoren? Sponsoring ist hier abstrakt zu verstehen. Es geht nicht nur darum, Geld von Firmen zu erhalten, sondern auch mögliche Mäzene und Förderer anzusprechen.

Macht es vielleicht Sinn eine Ausbildung nebenher zu machen? Da gibt es viele kleine Geschichten, die ihre Anwendung nur dann finden, wenn eine Person auch wirklich in diesem Bereich unterwegs ist. In der Summe können diese Detailfragen einen entscheidenden Unterschied machen. Das sind für mich aber auch philosophische Fragen, weil sie nicht mit „ja“, „nein“, „richtig“, „falsch“, „1“ oder „0“ zu beantworten sind. Es sind aus meiner Sicht aber sehr wichtige Fragen für Eltern und Sportler, die sagen, ich möchte Pro werden.

Golf Post: Mal abgesehen von der Million, die du knacken möchtest: Wie kannst du dich motivieren, wieder auf der Pro Golf Tour anzutreten? Wenn wir z.B. auf das Jahr 2017 zurückblicken, da hattest du beim British Masters, einem der größten Turniere auf der European Tour, einen vierten Platz. 2016 hast du mit guten Platzierungen in Hamburg (Fritsch ging bei der Porsche European Open am Sonntag im letzten Flight auf die Runde) und dann in Portugal noch in den letzten beiden Wochen die Tour-Karte gerettet. Du hast tolle Erfolge auf der European Tour geliefert. Jetzt wirst Du auf der Pro Golf Tour wieder einen Trolley schieben und ohne Caddy spielen.

Florian Fritsch: Dieses ganze Phänomen betrachte ich aus unterschiedlichen Perspektiven. Zum einen gefällt mir an Golf, dass es ziemliche nüchtern ist. Eigentlich ist es brutal nüchtern. Spielst du schlecht, geht es ziemlich schnell nach unten. Ich kann mich nicht wie manch andere Sportler, die bei einem Erstligisten einen Vertrag unterschreiben, erstmal drei oder vier Jahre lang auf die Bank setzen und nichts machen und bekomme trotzdem mein Gehalt. Golf ist maximal leistungs- und erfolgsabhängig. Ich könnte mich natürlich auf den Dingen ausruhen, die Du genannt hast und einfach sagen, ich bin ein toller Typ und toller Golfer, weil ich das alles geschafft habe.

Aber Golf ist einfach zu ehrlich und zu nüchtern. Ich bin jetzt nicht grundlos auf der Pro Golf Tour. Und ich bin nicht grundlos außerhalb der Top-1000 der Welt als Profi. Und das finde ich schön. Wenn man dann wieder gut spielt, dann ist der Erfolg, der dann kommt und wie er reflektiert wird, so geballt und so krass - das ist toll.

Golf Post: Die Situation ist nicht neu für dich.

Ich bin 2011 von der European Tour abgestiegen, 2012 von der Challenge Tour. Eigentlich bin ich jetzt in der gleichen Situation wie 2013. Und ich kann sagen, dass 2013 bis 2017 eigentlich eine ziemlich coole Zeit für mich war. Und zu wissen, dass ich das schon einmal geschafft habe und wie schön diese Zeit war, gibt mir die Motivation wieder weiter zu machen.

Das nächste, was dazukommt ist, dass ich gerne Golf spiele. Und ganz ehrlich ist es mir wurscht, ob das ein European-Tour-, ein Challenge-Tour- oder ein Pro-Golf-Tour-Turnier ist. Natürlich ist ein European-Tour-Turnier angenehmer. Wir dürfen in der Players Lounge sitzen. Wir bekommen da leckeres Essen. Wir bekommen von den Herstellern alles Mögliche. Das ist jetzt halt nicht mehr so. Und ich finde das auch richtig und deshalb habe ich auch kein Problem damit, einen Trolley zu schieben. Wenn ich dann wieder auf die Challenge Tour oder auf die European Tour komme, dann gönne ich mir auch wieder mehr als nur ein Zwei-Sterne-Hotel oder eine Pension, weil ich es mir dann auch verdient habe. Das motiviert mich. Deshalb ist es für mich gar nicht so schlimm, weil ich das Potential sehe, was ich bei Erfolg bekommen könnte.

Golf Post: Eine weitere interessante Alternative hattest Du kürzlich in einem Facebook-Post noch erwähnt. Nämlich, dass du als Speaker auftreten möchtest.

Florian Fritsch: Ich glaube, dass ich einiges erlebt habe bis jetzt in meinem Leben. Ryder Cup, Majors oder ein European-Tour-Sieg sind mir zwar verwehrt geblieben, aber ich glaube, dass ich sehr unterschiedliche Facetten kennengelernt habe. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir die zweitgrößte Golfnation sind und ein Interesse daran haben, im Leistungssport weiter voranzukommen, glaube ich, dass ich Erfahrungswerte habe, die interessant sein könnten. „Speaker“ ist ja recht abstrakt. Es könnte ja alles Mögliche sein. Ich würde gerne über meine Erfahrungen reden. Ich würde gerne darüber reden, was aus meiner Sicht Erfolg bringen könnte im Leistungssport. Ich kann mir auch gut vorstellen, mich im Breitensport einzubringen. Die Golfentwicklung insgesamt in Deutschland interessiert mich. Es macht mir Spaß diese Themen zu behandeln.

Golf Post: Wie wäre es denn mit einem Amt in einem Verband?

Florian Fritsch: Das könnte ich mir auf jeden Fall vorstellen, definitiv. Allerdings habe ich oft eine Vorstellung von den Dingen, von denen ich überzeugt bin. Es würde nicht funktionieren, dass die Legislative sagt, du, Fritsch, als Funktionär hast das auszuführen, was wir beschließen. Ich will nicht das Maskottchen sein und Dinge umsetzen müssen, an die ich nicht glaube. Natürlich würde es Teil davon sein, denn Politik funktioniert nur als Kompromiss. Natürlich muss man auch mal Dinge unterstützen, von denen man nicht hundertprozentig überzeugt ist. Man kann aber trotzdem versuchen, seine Seite der Dinge so gut wie möglich mit einzubringen. Und das ist natürlich etwas, das ich machen würde. Also konkret: ich bekleide kein Amt, um einfach das zu machen, was mir gesagt wird, sondern ich möchte dann auch mitgestalten.

Das Interview führte Tobias Hennig

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