Schon Ben Hogan nutzte die idealen Bedingungen zur Vorbereitung auf das Masters, Jack Nicklaus begründete 1965 den Boom der Residenten, neuerdings kommt sogar der US-Präsident, um mit Tiger Woods zu spielen: Florida, dieser buchstäbliche USA-Zipfel, ist das Arkadien der Golfstars, ihr „Schauplatz glückseligen Lebens“. Genauer gesagt handelt es sich um einen nicht mal 50 Kilometer langen Ostküstenstreifen samt etwas Hinterland zwischen dem südlichen Ende des Martin County und dem Distrikt Palm Beach, auf dem sich mittlerweile fast das Who‘s Who der Gilde angesiedelt hat.
„Lifestyle“ ist das Zauberwort, das sie alle an diesen Flecken rund 125 Kilometer nördlich von Miami gelockt hat, „Easy Living“, das leichte, unbeschwerte Dasein. Dass die Gegend mit Golfplätzen geradezu gespickt ist, versteht sich sowieso von selbst.
Kein Aufschlag auf die Einkommenssteuer
Tiger Woods bringt hier seine Kinder zu Schule und trainiert dann im Medalist Golf Club. Dustin Johnson trifft sich dort mit Rickie Fowler zur Kumpelrunde oder sticht zum Hochseefischen in See. Rory McIlroy pendelt zwischen dem Wozniacki-Appartement in Monaco und Palm Beach Gardens, wo im The Bear Club seine Vereinskameraden Keegan Bradley und Ernie Els mit Michael Jordan golfen, während Luke Donald auf dem Kurzplatz an den Wedges feilt. „In Florida kann ich absolut entspannen“, sagt der Engländer mit Erstwohnsitz im „deutlich hektischeren“ Chicago.
Gut, die Attraktivität des Standorts leidet gewiss nicht darunter, dass Florida zu den US-Bundesstaaten gehört, die keinen Aufschlag auf die grundsätzliche Einkommenssteuer erheben. Aber der fiskalische Aspekt allein lockt die golfenden Großverdiener nicht in den „Sunshine State“. Vielmehr genau dieses Attribut: Das Wetter ist zumeist besser als anderswo, das Meer liegt direkt vor der Haustür, der Dresscode ist maritim und lautet Shorts, Golfhemd, Flip-Flops. „Wenn du fast jeden Tag blauen Himmel siehst, hat das einfach eine positive Wirkung auf deine Stimmung“, grinst Donald. Kennen wir, „Luuuke“!
„Nicht mehr das Eis von den Grüns kratzen“
Hat‘s zwischen Jupiter und Palm Beach im Januar mal weniger als 15 Grad, dann kommt das einem Kälterekord gleich. „Hier musst du morgens nicht erst aus dem Fenster gucken, um zu wissen, was du anziehen sollst“, sagt Lee Westwood. Er zog Ende 2012 nach West Palm Beach und tauschte seine Farm im englischen Worksop gegen ein Domizil in der Wohnanlage des Old Palm Golf Clubs.
Seitdem fährt er mit dem Golfcart zum Training, trifft auf der Straße Charl Schwartzel, Darren Clarke oder Louis Oosthuizen, geht mit der Familie zum Heiligabend-Büffet in den Golfclub und hat sich an den „komischen“ Umstand gewöhnt, „dass ich im Winter nicht mehr zuerst das Eis vom Grün kratzen muss“.
Jahrelang galt Orlando als Refugium der Golfgrößen. Henrik Stenson, Justin Rose, Ian Poulter oder Graeme McDowell sind nach wie vor im Golfer-„Kiez“ am Lake Nona zuhause. Schon in den 1980er-Jahren indes verlegten Stars wie Greg Norman oder Nick Price ihre Wohnsitze in die Metropolregion von Miami. Als berühmtester „Umzieher“ kehrte Woods der Orlando-Enklave Isleworth den Rücken. Das Haus hat mittlerweile Bubba Watson übernommen; Tiger hingegen residiert seit 2011 in einem 65-Millionen-Dollar-Anwesen auf Jupiter Island, wo auch seine Jacht „Privacy“ vor Anker liegt.
„Perfekte Mischung aus dem Besten aller Welten“
Obwohl der Nobelort einige der teuersten Immobilien in den USA beherbergt, geht‘s entspannt und wenig förmlich zu. Man trifft die Bewohner in legeren Kneipen bei Meeresfrüchten und Bier. Und den Tiger auch schon mal, wenn er sich auf dem Heimweg vom Besuch bei Mutter Kultida Woods, die am nahen Fluss Loxahatchee lebt, im örtlichen Delikatessladen ein Sandwich genehmigt.
„Unsere Region ist zu einer Oase für Tour-Pros geworden und in ihrer Lebensqualität kaum zu übertreffen“, schwärmt Ken Kennerly, Turnierchef der Honda Classic, die auch jetzt wieder den Florida-Swing auf der PGA Tour eröffnet: „Es ist die perfekte Mischung aus dem Besten aller Welten!“