Goethe war in Marienbad und verfasste aus lauter Liebeskummer seine unnachahmliche Elegie. James Bond alias Daniel Craig – was für Antagonisten! – war „nebenan“ in Karlsbad und inszenierte im legendären Grandhotel Pupp das „Casino Royale“. Ob die beiden, der Dichterfürst aus Weimar und der Geheimagent Ihrer Majestät aus London, während des Aufenthalts Golf gespielt haben, ist nicht überliefert, indes unwahrscheinlich.
Dennoch stehen beide Bäder als Synonym für Golf in der Tschechischen Republik. Deutsche Golfer mögen das, die grenznahen Plätze, das soignierte Flair der Kurorte zudem. Dabei besteht Böhmen beileibe nicht bloß aus Mariánské Láznӗ und Karlovy Vary. Was die staatlichen Touristiker zu betonen nicht müde werden. Und daher luden sie deutsche Journalisten ein, um mal zu zeigen, wo man im westlichen Tschechien sonst noch Golf spielen kann.
Albatross im Tour-Trimm
Also lassen wir Prag außen vor, die goldene Stadt, ein Konglomerat an Sehenswürdigkeiten, das angesichts der ganzen „Karlsdies“ und „Wenzelsdas“ die Frage aufwirft, was entlang der Moldau nicht auf die Regentschaft von Karl IV. oder der seines Sohns Wenzel, gleichfalls der Vierte, zurückzuführen ist. Auch über die allgegenwärtigen böhmischen Knödel, die Knedlíky, wahre Ballastbomben im Verbund mit sämiger Soße von Gesottenem, soll nur verhalten Klage geführt werden, der Autor hätte ja alternativ Salat und Möhrengeraspeltes ordern können.
Reden wir stattdessen über Golf, darum ging‘s immerhin bei dieser Reise. Die Touristiker fahren direkt eine Preziose auf, das Albatross Golf Resort, zum Zeitpunkt des Besuchs frisch von der European Tour hinterlassen und noch im Czech-Masters-Trimm. Schönen Dank, Stimpmeterwerte weiterhin deutlich über Zehn lassen den Ball munter rollen und rollen und rollen. Ansonsten ist es ein typischer moderner Turnierplatz von gefälligem Charakter, ein Must-Play für den Prag-Besucher, für den Geschmack des Verfassers freilich zu glatt, nicht knorrig und unangepasst genug.
Alex Cejka als Architekt
Da geht‘s im Prague City Golf Club schon charaktervoller zu: wellige Fairways, wulstige Bunkerränder, gehörig ondulierte Grüns. Das Architektenduo Jeremy Ford und Alex Cejka, letzterer in Marienbad geboren, hat jede Menge Links-Elemente ins Gelände gepflanzt. Die Hochspannungsleitungen stören ein wenig, schade jedoch ist vor allem, dass es nur für eine Platzrundfahrt im Cart reicht.
Gleiches gilt für Cihelny. Den Gary-Player-Kurs nahe Karlsbad erkundet die Reisegruppe ebenfalls vierrädrig und leider ohne Bags. Cihelny zeigt die typischen Designmerkmale aus dem Planungsbüro des „Black Knight“, schmiegt sich in eine Flussniederung, und trotz der hereinbrechenden Dämmerung zuckt es mächtig in den Fingern, Schläger und Bälle für ein paar schnelle Löcher aus dem Bus zu holen. Stattdessen wartet das Abendessen auf der Terrasse des wirklich schicken Clubhauses mit allerhand Schottenkaros im Interiordesign. Natürlich Knedlíky, diesmal als Beilage des Nationalgerichts „Svícková na Smetanӗ“, Lendenbraten auf Sahne, immer noch keine Möhrenschnitze...
Der älteste und der schönste Platz
Zuvor durften wir anschauen, wo Alex Cejka als Platzgestalter noch Hand angelegt hat, nämlich auf der Vier von Karlstein. Der Platz ist eine fast alpine Angelegenheit voller Hang- und Schräglagen, Cejkas Loch ein spektakuläres Dogleg-Par-4, in der Kulisse trutzt die Burg Karlštejn auf einem bewaldeten Hügel, vom Abschlag geht‘s aufs Fairway in die Tiefe, das Grün liegt rechter Hand hinter Bäumen, von oben gar nicht sichtbar. Ziemlich hügelig geht‘s auch in Konopiště zu, das Golfresort mit zwei sportlichen 18-Loch-Plätzen und dem 9-Loch-Public-Course hat ein hübsch antiquiertes Schlösschen als Club-Heimstatt, Hotel mit Pool, Appartements zum Mieten und auch sonst alles, was man für einen Golfurlaub annehmlich finden kann.
Ja, und dann doch Marienbad und Karlsbad, ganz ohne die beiden Aushängeschilder des tschechischen Golfspiels geht‘s halt nicht. Der Royal Golf Club Mariánské Lázně ist die älteste Anlage, Karlovy Vary nach unmaßgeblicher Ansicht des Chronisten hingegen der schönste Platz dieser Reise. Dass wir zuvor nach einer Stadtführung durch das wirklich sehenswerte Karlsbad im Becherovka-Museum eingekehrt sind und zur Mittagszeit Karlsbads „13. Quelle“, den weltberühmten Bitter-Likör des seligen Apothekers Josef Vitus Becher, in diversen Geschmacksrichtungen verkosten durften, macht sich nicht nachteilig bemerkbar.
Würdiger Abschluss in Pilsen
Marienbad, 1905 vom englischen König Edward VII. eröffnet, war als Spielort nicht vorgesehen. Lediglich eine Besichtigungstour über das weitgehend flache Parkland-Layout stand im Programm. Und in Karlsbad war Clubmeisterschaft, da mochten nur die Hardcore-Golfer der Truppe sich für vier Loch und zweieinhalb Stunden ins „Getümmel“ stürzen, wir anderen kurvten im Cart durchs Gelände und schworen uns angesichts der in den dichten Baumbestand gegossenen sowie aufs Feinste angelegten und hergerichteten Bahnen, dieses Golfvergnügen zwingend alsbald nachzuholen. So fand die Abschlussrunde der Reise im Golfpark Pilsen statt. Wahrlich nicht das schlechteste Finale, vielmehr ein spannender Parcours mit etlichen gut gestalteten Löchern und dem Höhepunkt einer ebenso malerisch platzierten wie schwierig zu treffenden Inselgrün-Elf.
Als Fazit bleibt: Golf in Böhmen ist wirklich mehr als nur Marienbad und Karlsbad, bis nach Prag gibt es eine Menge netter Spielwiesen zu entdecken, nicht alles wurde bei diesem ersten Trip ausgeschöpft. Aber das hatte vermutlich Methode, denn wir sollen ja wiederkommen.