Jedes Jahr, rund um die längsten Tage des Sommers, findet ein nicht ganz alltägliches Turnier im wunderschönen Golfclub Schloss Georghausen im Bergischen Land vor den Toren Kölns statt – das 72-Löcher-Turnier. Dank der Leidenschaft und des privaten Engagements von zwei Familien gehört es zu den traditionsreichsten Turnieren im Club und ist ein echter Geheimtipp.
Der Plan
Als ehemaliges Mitglied des Clubs und bereits mehrfacher Teilnehmer ist mir das 72-Löcher-Turnier immer noch präsent. So ist der Reiz das Turnier trotz der mittlerweile relativ großen räumlichen Trennung von über 400 Kilometer zu spielen, jedes Jahr gegeben. In diesem Jahr stand die Teilnahme bereits lange fest, da ein Freund und gleichzeitig regelmäßiger Golfpartner ebenfalls Lust auf eine golferische Grenzerfahrung äußerte. Ferner begleitete uns sein Sohn, da ich als „erfahrener“ Teilnehmer des 72-Löcher-Turniers wusste, wie wertvoll ein Caddy bei 15 Stunden Golf sein kann. Ich selbst nahm ebenfalls einen Caddy über alle vier Runden in Anspruch. An dieser Stelle gilt mein ausdrücklicher Dank unseren Caddies und wir hoffen auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.
Der Platz
Da das Turnier an einem Samstag ausgetragen wurde, begann unsere Reise bereits Freitagvormittag. Somit war es uns möglich am Nachmittag noch eine Proberunde zu spielen. Bei optimalem Golfwetter zeigte der Platz seine ganze Schönheit (alter Baumbestand, Terrassenabschlag) aber auch seine Zähne. Die ersten neun Löcher sind ein topografisches Auf und Ab. Selbst als Golfspieler der Schwäbischen Alb ist man solche Höhenmeter nicht gewohnt. Überwiegend begleitet von schweren Hang- sowie Schräglagen kann der erste Teil des Platzes einen in die Knie zwingen. Anderseits sind die ersten neun Spielbahnen auffallend abwechslungsreich, perfekt in die Natur integriert und können durchaus als außergewöhnlich bezeichnet werden.
Nach der Hälfte der Runde darf man durch den Innenhof des Schlosses zum zehnten Abschlag schreiten. Der herrliche Anblick des Schlosses sollte nur während der Proberunde unsere volle Aufmerksamkeit genießen. Die Bahnen 10-18 im GC Schloss Georghausen spielen sich allesamt eben, allerdings ohne die Schönheit des alten Baumbestands zu verlieren. Am Ende des langen Tages hieß es dann zeitig ins Bett zu gehen, da der Wecker bereits um 4:00 Uhr morgens klingeln sollte. Es ist schon ein seltsames Gefühl so früh aufzustehen, um an einem Golfturnier teilzunehmen.
Das Turnier
Die rund 30 Teilnehmer, welche mindestens ein Handicap von 28 aufweisen mussten, fanden sich gegen kurz nach 5:00 Uhr zwischen Parkplatz und Schloss ein. Für mich etwas überraschend entstiegen nicht alle Teilnehmer unmittelbar ihren Autos, sondern kamen vereinzelt von der Driving-Range. Meinen Fokus genoss das Einschlagen an diesem Morgen aufgrund der circa 400 bevorstehenden Golfschläge nicht. Die Stimmung beim Austeilen der Scorekarten war gut - mit jener bei den bekannten Early-Bird-Turnieren zu vergleichen. Allerdings waren die Spieler stärker als sonst mit sich selbst beschäftigt. Schließlich galt es noch schnell das zweite, dritte Paar Golfschuhe sowie Wechselkleidung in der Umkleide zu verstauen und zu prüfen, ob genug Wasser, Obst, Müsliriegel und sonstige Energielieferanten im Bag ihren Platz gefunden hatten. Im Anschluss ging es ausschließlich in zweier Flights zum jeweiligen Abschlag. Der Turnierplan sah den Kanonenabschlag um Punkt 5:30 Uhr vor. Die vier Golfrunden sollten jeweils in drei Stunden absolviert werden. Zwischengelagert gab es jeweils eine Frühstücks-, Mittags- sowie Nachmittagspause von 30-45 Minuten.
In Abhängigkeit der eigenen Flightgeschwindigkeit sowie der Startbahn fielen die geplanten Pausen erfahrungsgemäß unterschiedlich aus. Mir war es zum Glück an diesem Tag vergönnt, immer zeitig die Runde zu beenden, sodass Eile bzw. Hektik nie meine Begleiter waren. Es gab vereinzelt Spieler, denen es anders erging. Ich erinnere mich an ein vorheriges 72-Löcher-Turnier, an dem ich mit belegtem Brötchen zur Startbahn der zweiten Runde rennen musste, um die vorgegebene Abschlagzeit einzuhalten. Solche Situationen sind jedoch die Ausnahme. Generell, und das ist aus meiner Sicht der Mehrwert gegenüber den vereinzelt in Deutschland stattfindenden 100-Loch-Formaten, gilt es festzuhalten, dass sich das eigentliche Golfspiel bezüglich seiner Schnelligkeit bei diesem Turnier nicht von „normalen“ Turnieren unterscheidet. So ist es dann doch wenig verwunderlich, dass über alle vier Runden vorgabewirksam gespielt wird. Jener Umstand der gehäuften, vorgabewirksamen Runden mag dem einen oder anderen wahrscheinlich sogar dazu verhelfen, etwas entspannter oder gelassener zu spielen. Ich jedoch konnte keinen Unterschied zu üblichen Turnieren erkennen. Jeder misslungene Schlag, und es waren nicht wenige an diesem Tag, sorgte für leichte Verärgerung.
Körper und Geist
Bezüglich der körperlichen Konstitution, und das ist selbsterklärend absolut subjektiv, sind 15 Stunden Golf erstaunlich gut zu bewältigen. Hier muss allerdings zwischen „während“ und „nach“ der Runde differenziert werden. Das Format über vier Runden scheint in der Reflektion perfekt abgestimmt zu sein. Die ersten beiden Runden spielen sich problemlos. Während der dritten Runde lassen die Kraft sowie geistige Frische etwas nach, sind aber immer noch ausreichend vorhanden, um anständiges Golf zu spielen. Die vierte Runde wäre hingegen aufgrund von Belastungserscheinungen im Bereich der Hände, Füße und des unteren Rückens für Gedanken an Aufgabe oder Sinnhaftigkeit des Golfspiels geeignet, was jedoch durch den Umstand, dass es die letzte Runde ist, erfolgreich unterdrückt wird. Demnach spielen sich 15 Stunden Golf einfacher als angenommen.
Ein interessanter Fakt ist, dass nicht selten die dritte oder vierte Runde des Turnieres am erfolgreichsten absolviert wird. Als Begründung könnte zum einen die nachlassende Kraft und somit ein einhergehendes, lockeres Schwingen sowie auf der anderen Seite der ermüdete Geist, mit dem auch der selbstauferlegte Druck schwindet, herhalten. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings der Müdigkeitshammer, der wahrscheinlich jeden Teilnehmer im Laufe des Abends erwischt. Bei mir stellte sich eine selten erfahrene Müdigkeit direkt nach der Siegerehrung ein und ließ mich später gefühlt innerhalb von fünf Sekunden einschlafen. Während der nächsten Tage war die außergewöhnliche Belastung noch immer im unteren Rückenbereich spürbar. Etwa nach einer Woche erinnerte dann nichts mehr an die golferische Grenzerfahrung.
Die Siegerehrung
Nicht unerwähnt sollte die passend zum außergewöhnlichen Turnier-Format gestaltete Siegerehrung bleiben. Denn als Preise werden neben einem Wanderpokal für den Brutto-Sieger ausschließlich Delikatessen ausgelobt. So finden Parmaschinken, Champagner, Salami, Käse usw. ihre Abnehmer. Für die Spieler am Ende der Ranglisten gibt es traditionell ein extra großes Gurkenglas bzw. Schnaps in ausreichender Menge.
von mir aus hätte der Bericht noch ausführlicher sein können 🙂 danke !