Jetzt, da sich die Golfsaison in Deutschland unaufhaltsam dem Ende zuneigt, der Winter schon seinen matschigen Stiefel in die Tür des Clubhauses gestellt hat, da beginnt das Golferherz zu träumen. Wenn draußen nass-kalte Nebelschwaden ein undurchdringliches Grau auf die Grüns heimischer Plätze legen, schweifen die Gedanken ungesteuert über den Globus auf der Suche nach der perfekten Destination. Vor ein paar Tagen saß ich in eben solcher Stimmung in der Bahn, und mit jedem Regentropfen, der gegen die Fensterscheibe knallte, wurde das Bild vor meinem inneren Auge schärfer. Bis mich die ungefilterte Farbpracht des Great Barrier Reefs fast blendete.
Tropische Erlebnisse im Norden der Insel
Meine Reise beginnt in Queensland, dem nordöstlichen Territorium des Kontinents. Der tropische Teil Australiens hält Sonne ohne Ende, den Regenwald im Hinterland und einsame Strände entlang des Great Barrier Reefs bereit, die perfekte Pforte ins Golfparadies. Denn das Beste kommt noch: Abgesehen von der Pracht der Tier- und Pflanzenwelt befindet sich nahe der Stadt Cairns einer der besten Golfplätze Australiens, wobei es schwer fällt nicht ununterbrochen im Superlativ zu bleiben, wenn man über Golf in Down Under spricht.
Passender könnte der Name kaum sein: Der Paradise Palms Golf Club taucht in nahezu jedem australischen Top Ranking auf und besticht einerseits durch seine Lage - zwischen dem World Heritage Rainforest auf der einen und dem Great Barrier Reef auf der anderen Seite - und andererseits durch sein Layout: Breite Fairways, sich windende Bachläufe, sechs Seen und kleine, ondulierte Grüns vor dieser spektakulären Kulisse lassen die Runde zum einmaligen Erlebnis werden.
In die vielleicht beste Golfstadt der Welt
Während ich die Ostküste entlang gen Süden fahre, bleibt genug Zeit um diesen umwerfenden ersten Eindruck zu verarbeiten. Gefangen von den Impressionen fällt mir in Melbourne auf, dass ich Sydney verpasst habe. Doch das wird später nachgeholt. Zuerst erkunde ich die zweitgrößte Stadt Australiens, und die hat einiges zu bieten. Von den Links-Plätzen der Halbinsel Mornington bis hin zum nur 20 Minuten von der City Melbournes entfernten Melbourne Sandbelt ist die Auswahl an erstklassigen Golfplätzen kaum zu übertreffen. Daher wundert es kaum, dass US Golf Travel der Ansicht ist, Melbourne biete "im weltweiten Vergleich der Städte die hochkarätigste und einzigartigste Auswahl von Golfplätzen überhaupt".
Einen Gedankensprung später schlage ich auf dem Royal Melbourne Golf Club ab, dem laut eigener Aussage ältesten Golf Club Australiens. Eine Gruppe von Männern traf sich am Freitag, den 22. Mai 1891 in der Collins Street, um die Rahmenbedingungen für den Bau des Platzes zu besprechen. Am ersten Abschlag des Presidents Cup Course, der 2011 Austragungsort des gleichnamigen Wettbewerbs war, drive ich meinen Ball genau in den Knick des 324 Meter langen Par 4, Dogleg links, und habe nur noch ein Wedge ins Grün.
Wie auf Wellen in die Wildnis
Beeindruckt von dieser Erfahrung gleite ich wie auf Wellen über die Bass Strait, wie die Meerenge zwischen Australien und Tasmanien genannt wird. Mich erwarten weitere atemberaubende Bilder. Strahlend weiße Strände, zerklüftete Bergformationen und die zum Weltnaturerbe zählende Wildnis, die ein Fünftel der Insel bedeckt. Vor der Kulisse der wilden Dünen entlang der Nordküste befinden sich zwei Golfplätze, die ihresgleichen suchen.
Barnbougle Dunes und Barnbougle Lost Farm heißen die Glanzstücke und gelten als Musterbeispiele der australischen Variante ursprünglich schottischer und irischer Links-Plätze. Barnbougle Dunes erstreckt sich über die gemäßigte Hügellandschaft der tasmanischen Dünen und stellt mit breiten Fairways, tiefem Rough und ondulierten Grüns eine Herausforderung für Golfer aller Klassen dar. Der Bruder, Barnbougle Lost Farm, schlängelt sich mit seinen welligen Links-Bahnen an der Küste entlang, umwerfende Aussichten inklusive. Kein Wunder, dass er nach seiner Eröffnung 2010 als Senkrechtstarter die Top-100-Liste der besten Golplätze der Welt von Golf Magazin stürmte.
Was wäre Australien ohne Sydney?
Während ich versuche, den feinen Sand aus den Grooves meiner Schläger zu polieren, durchfährt mich auf meinem Rückweg ein Blitz - da war doch noch was! Sydney! Und noch bevor sich der Gedanke setzten konnte, erscheinen mir die malerische Oper, die Harbour Bridge und der Bondi Beach auf dem inneren Bildschirm. Nachdem ich die gebräunten Körper insbesondere der Surferinnen mit gewohnt kritischem Blick betrachtet, nach eingehender Prüfung aber als äußerst attraktiv bewertet habe, stecke ich die Pitchgabel in die Tasche und mache mich auf zum letzten Platz meiner Reise - mich erwartet ein krönender Abschluss.
Von drei Seiten mit Wasser umgeben thront der New South Wales Golf Club über der Botany Bay. Der von Dr. Alister MacKenzie entworfene Platz legt sich im Links-Style über Hügel und Täler und schmiegt sich an die wilde Küste des Pazifischen Ozeans. Wenn die Brise vom Meer einmal so richtig einsetzt, dann wird das Spiel im New South Wales Golf Club zur echten Härteprüfung. Als mein letzter Annäherungsschlag auf der 18, die Skyline von Sydney im Hintergrund, hinter den drei Pottbunkern tot am Stock landet, werde ich unsanft in die raue Wirklichkeit zurück geholt: "Nächster Halt, Köln Hauptbahnhof. Ausstieg in Fahrtrichtung Links."