Womit anfangen, um diese Story voller Facetten zu erzählen? Mit dem Wein, der an den Abschlägen immer wieder im Spiel ist und am 18. Loch in Form von Rebstöcken sogar die Distanz zwischen Teebox und Grün füllt? Oder mit einem Namen voller Klangfülle, deren Begründer zu den Berühmtheiten des europäischen Golfsports zählt? Weil er die Open Championship 1969 sowie die US Open 1970 gewonnen und als insgesamt viermaliger Ryder-Cup-Kapitän die europäische Equipe nicht nur 1985 zum ersten Erfolg nach 28 Jahren, sondern zwei Jahre später auch zum zum ersten Auswärtserfolg in den USA überhaupt geführt, den goldenen Henkelmann 1989 zudem durch eine geteilte Partie verteidigt hat.
Der berühmte Name Jacklin
Genau, von Tony Jacklin ist die Rede, mittlerweile 78 Jahre alt, dessen Bromance mit Jack Nicklaus auf dem Schlussgrün von Royal Birkdale als „The Concession“ in die Golfgeschichte eingegangen ist und zu einer engen Freundschaft des Engländers mit dem „Golden Bear“ samt gemeinsamer Gestaltung des Platzes für den Concession Golf Club in Bradenton/Florida geführt hat. Und seit 2021 gibt es sogar den „Nicklaus Jacklin Award“ für besonderen Sportsgeist.
Zwei von Jacklins Söhnen sind ebenfalls Professionals. Der jüngste, Sean, trat heuer in die Fußstapfen des Vaters, als er sich für die US Open im The Country Club in Brookline qualifizierte. Warren, der mittlere, lebt in der baden-württembergischen Weinregion Kraichgau und leitet dort als Geschäftsführer das Heitlinger Golf Resort.
Persönliche Anmerkung: Der Verfasser dieser Zeilen ist Warren Jacklin zu ewigem Dank verpflichtet, hat dieser ihn doch vom unsäglichen Herumgestochere auf den Grüns befreit. Nicht nur, dass der ausgebildete PGA-Professional dem Journalisten das gefürchtete Muskelzucken Yips attestierte, was sich viel besser anhört als das von Hoffnungslosigkeit geprägte Hadern mit dem nächsten verzitterten Putt – nein, dank des von Jacklin verordneten Claw Grip bleibt der Autor zwar weiterhin notorisch zu kurz, das aber deutlich souveräner. Spaß beiseite: Seit der Umstellung ist der Roll des Balls stabiler, bei den vielzitierten Wadenbeißern tritt der Delinquent nicht mehr mit depressionslastigen Vorahnungen zur Ausführung an und die Exekution von eigentlichen Tap-ins ist längst kein Nervenspiel mehr. Danke, Warren, für ein kleines Stück Sicherheit in Golf-Skills von erheiternder Unvollkommenheit.
Seine Frau Christine ist die Tochter von Heinz Heiler, unter anderem Beton-Unternehmer und Begründer der Hotelkette Motel One. Der im Kraichgau geborene Patriarch legte 1994 den Grundstein des heute unter der Dachmarke Heitlinger Genusswelten firmierenden kleinen Reichs, als er den Golfplatz in Tiefenbach kaufte und mithilfe seines Schwiegersohns und dessen Vaters, der selbstredend Ehrenmitglied im Golfclub ist, zu einem Schmuckstück aufpolierte.
Christine Jacklin wiederum ist CEO der Heitlinger-Firmen und entwarf als Architektin unter anderem das seit 2018 existierende Clubhaus (Foto unten). Zwei der gemeinsamen vier Söhne, Philip und Patrick Jacklin, sind ebenfalls im Unternehmen aktiv und kümmern sich ums operative Tagesgeschäft.
„Family Affairs“ also. Dabei passen die Heitlinger Genusswelten längst nicht mehr ins Klischee vom Familienbetrieb: mit zwei Hotels, dem ebenfalls von Christine Jacklin konzipierten und 2014 eröffneten Heitlinger Hof sowie dem vergangenes Jahr erworbenen Kreuzberghof; mit der von Warren Jacklin verantworteten Golfanlage und Trainings-Academy; nicht zuletzt mit den zwei Prädikats-Weingütern Heitlinger und Burg Ravensburg, letzteres 770 Jahre alt, deren 140 Hektar mit rund 700.000 Rebstöcken biodynamisch bewirtschaftet werden und biologisch zertifiziert sind. Was sie zu Deutschlands größtem Ensemble dieser Art macht.
Selbst die organisch hergestellten Präparate zur Pflege der Weinstöcke – quasi Gesundheitstee aus Kamille, Brennnessel oder vom Ackerschachtelhalm – stammen aus eigenem Anbau.
Klassischen Burgunder-Rebsorten
Ach übrigens: Claus Burmester, wiewohl weder verwandt noch verschwägert, ist auch längst „Stammesmitglied“. Er macht den Wein – bis zu einer Million Flaschen pro Jahr – und keltert aus klassischen Burgunder-Rebsorten wie Pinot Noir, Pinot Blanc, Pinot Gris, Chardonnay oder Auxerrois önologischen Feinstoff namens Husarenkappe, Königsbecher oder den Rotwein Dicker Franz.
Vom Golfplatz aus kann man ihm dabei quasi zusehen. Das 18-Loch-Layout ist im Lauf der Jahre gerade auf der ersten Neun zu einer splendiden Spielwiese gewachsen, die trotz einer Parkland-Fläche von 84 Quadratmetern aufgrund der Topographie des Kraichgauer Hügellands einige knifflig-schmale Bahnen anbietet, auf denen nur besteht, wer wirklich präzise vom Tee ist. Andererseits bieten sich von der Back Nine atemberaubende Blicke auf die Schönheit der Landschaft mit ihren 160 Millionen Jahre alten Kalkstein-Sedimentböden, in der die Rebstöcke Spalier stehen.
Was Wunder, dass Warren Jacklin die „Kombination aus schöner Landschaft und guter Pflege“ zu den herausragenden Attributen der Golfanlage mit ihrem 18-Loch-Platz und dem Sechs-Loch-Kurzkurs addiert: „Mit unserer Qualität und unserer Infrastruktur sprechen wir alle Bedürfnisse unserer Gäste an.“ Der Brite, der gern die gemeinsamen Golfrunden mit Vater Tony zu seinen besonderen Kindheitserlebnissen zählt, nennt das „alle Boxen müssen getickt werden“ und sagt: „Wir haben langfristig gedacht, als wir gebaut haben, und sehr großen Wert darauf gelegt, das ganze Paket anbieten zu können.“
„Das ganze Paket“
Will heißen: von großzügigen Umkleiden und Members Lounge mit Fernsehschirmen für Sportübertragungen, über Fitness und Sauna bis hin zur Toptracer-Technologie auf der Driving Range, wo heute die Golf Post Winter Trophy 2022/2023 Station macht. Zwölf Abschlagsflächen sind mit der digitalen Trainingshilfe ausgestattet, die gleichzeitig so viel virtuellen Spielspaß ermöglicht und das alte Credo von „die Wahrheit is auf’m Platz“ etwas ausgehebelt hat.
Dennoch: Es heißt ja auch „In Vino Veritas“, womit der Bogen zum Einstieg in diesen Artikel geschlagen ist. Denn die Reblage auf den 186 Metern zwischen 18. Abschlag und Grün liefert einen limitierten Ertrag an Silvaner-Trauben, besser bekannt als Müller-Thurgau. Und Heitlinger-Winzer Burmester kreiert daraus einen frisch-fruchtigen, süffigen Wein, der lediglich im Clubhaus des Heitlinger Golf Resort ausgeschenkt wird.
Rarer Rebensaft für glückliche Golfer
Auf dem Etikett steht dann „Albatros“, was natürlich nicht ganz passt, weil niemand auf einer Par-3-Bahn Drei unter Par schafft. Ein Ass freilich mag’s auch tun, wenn der Golfer doppeltes Glück hat und das Familienoberhaupt im Haus ist: Manchmal nämlich stiftet Heinz Heiler, der vor kurzem vom Gastronomie-Gütesiegel Gault&Millau als „Vordenker des ökologischen Weinbaus“ ausgezeichnet wurde, dem Kunstschützen dann eine Flasche seines raren Rebensafts.