Zurückgefallen: Henrik Stenson, der seit seinem triumphalen Jahr 2013 dem nächsten großen Erfolg hinterher läuft, musste sich am zweiten Tag der 115. US Open mit einer Runde von vier über Par aus der Spitzengruppe verabschieden und rutschte auf den geteilten zwölften Platz ab. Schuld waren natürlich wieder die Grüns von Chambers Bay: „Das ist wie Putten auf Brokkoli“, bemühte der Schwede einen vegetarischen Vergleich. Er benötigte 38 Putts, elf mehr als bei seinem 65er-Auftakt, „weil man hier eher auf der Oberfläche des Monds spielt als auf einem Golfplatz“. Ganz anders sieht das Geoff Ogilvy, der Sieger von Winged Foot 2006. „Wir haben schon US Opens auf wesentlich schlechteren Grüns gespielt“, sagte der Australier. Seine Kollegen und er seien viel zu sehr an ideale Bedingungen gewöhnt: „Wir sind alle sehr verwöhnt und dadurch auch etwas verdorben.“
„Dämlichste Golfbahn“
Noch‘n Sündenbock: Neben den Grüns rückte am zweiten Tag der US Open auch das Schlussloch in den Mittelpunkt der Kritik. Die 18 wurde diesmal als knapp 460 Meter langes Par-4 statt als 512 Meter Par-5 gespielt, was nicht nur Spitzenreiter Jordan Spieth „bescheuert“ fand. „Das Loch macht so keinen Sinn“, sagt der Major-Champion über die „dämlichste Golfbahn, die ich je gesehen habe“: „Zehn, zwölf Spieler können ,carry‘ 280 Meter weit schlagen, der Rest muss den Ball in eine fünf Meter große Landezone zirkeln und darf hoffen, dass er auf den harten und welligen Fairways nicht in einen Bunker springt.“ Als Par-5 zum Auftakt spielte sich die 18 mit einem Durchschnittsscore von 4,96, als Par vier lagen die Ergebnisse im Schnitt bei 4,38.
Played great today. Shame about 18. I know I made triple but it's a stupid par 4 and a great par 5.
— Lee Westwood (@WestwoodLee) 19. Juni 2015
Exzellentes Golf in Chambers Bay
Um auch mal faktisch die Luft aus all der Kritik an Chambers Bay heraus zu lassen: Das Quartett an der Spitze des Leaderboards beweist, dass sich der US-Open-Kurs sehr wohl exzellent bespielen lässt! Auch wenn am zweiten Tag der Durchschnittsscore des gesamten Felds auf 73,37 anstieg. Patrick Reed beispielsweise fand 29 von 36 Grüns „in Regulation“ und notiert einen Schnitt von 1,62 Putts pro Loch, hatte bislang lediglich einen Drei-Putt und traf mit dem Abschlag 23 von 28 Fairways. Jordan Spieth traf 27 Grüns auf Anhieb, puttete 1,64 Mal und musste nur zwei Drei-Putts hinnehmen. Branden Grace verbuchte ebenfalls 29 von 36 Grüns, während Dustin Johnson gar einen Putt-Durchschnitt von 1,61 hat. Zum Vergleich: Das Feld liegt bei 1,82 Putts pro Loch.
Amateur verhilft Promis auf die Cut-Linie
Auch eine Art von Happy End: Nick Hardy ist derzeit wahrscheinlich der beliebteste Spieler im US-Open-Feld. Mit seinem Bogey auf der Schlussbahn schraubte der 19-jährige US-Amateur im Schlussflight des Tages nämlich den Cut auf 145 Schläge (+5) und verhalf damit namhaften Akteuren wie Ian Poulter, Sergio Garcia, Webb Simpson, Colin Montgomerie oder Angel Cabrera zum Sprung ins Wochenende und damit ins Geld. Prominente Cut-Opfer neben Martin Kaymer, Tiger Woods und Rickie Fowler sind Bubba Watson, Ryder-Cup-Held Jamie Donaldson, Miguel Ángel Jiménez, Victor Dubuisson und Graeme McDowell. Insgesamt überstanden auch sechs der 16 gestarteten Amateure den Cut.
Como-Schützling Lovemark sticht Woods aus
Tiefpunkt: Mit seinen desaströsen 156 Schlägen spielte Tiger Woods nicht nur die schlechtesten 36 Loch seiner Profi-Karriere, sondern verpasste bei nunmehr 19 US-Open auch zum erst zweiten Mal nach 2006 den Cut. Woods traf lediglich 16 von 28 Fairways und 21 von 36 Grüns „in Regulation“. Dort leistete er sich dann 73 Putts, 2,03 im Schnitt. Pikant ist übrigens, dass mit Jamie Lovemark ein anderer Schützling des immer wieder in Frage gestellten Woods-Trainers Chris Como aktuell auf dem geteilten neunten Platz (-2) rangiert.
Jordan Spieth mit einmaliger Major-Strecke
Gegensatz: Während Woods nur noch ein Schatten seiner selbst ist, steht der designierte Nachfolger als US-Golf-Idol auf der Sonnenseite: Masters-Champion und Co-Spitzenreiter Jordan Spieth liegt in der Gesamtrechnung der diesjährigen sechs Major-Runden 23 unter Par – das hat in der Golf-Neuzeit noch kein Spieler zuwege gebracht!
Auf einen „Schnack“ mit Steve Williams
Ruheständler: Was macht eigentlich Steve Williams, Star-Caddie im Ruhestand und Neuseelands reichster Sportler, wenn er nicht gerade von Adam Scott zur US Open reaktiviert wird? Holz hacken und Geschichten erzählen: