Was ist los in der Golf-Weltspitze hinter Jason Day? Jordan Spieth verpasst beim ersten Turnier nach seinem Master-Kollaps sang- und klanglos den Cut, den zweiten in dieser Saison, rangierte bei der PLAYERS Championship überdies mit 59 Putts in zwei Tagen am hinteren Rand der Statistik. Rory McIlroy hat seit fast sechs Monate keinen Titel mehr gewonnen, erst einen in seinen letzten 21 Turnieren, schiebt Frust.
Lediglich Day marschiert und marschiert, holte sich beim „fünften Major“ seinen dritten Saisonsieg, den siebten in 17 Starts. Es war zudem der dritte Durchmarsch binnen elf Turnieren. Die beiden anderen hinken derzeit mächtig hinterher, so wird das nichts mit den neuen „Großen Drei“, allenthalben eh voreilig herbei geredet. Aber was läuft falsch bei den Rivalen des Australiers?
Alles Kopfsache
Die Antwort ist so schwierig nicht, die Lösung sehr wohl. Weil‘s um mentale Aspekte geht, darum, dass Golf halt vornehmlich zwischen den Ohren gespielt wird, nicht um spielerische Probleme. Keiner hat das Golfen auf höchsten Niveau verlernt, die eingestreuten Toprunden sprechen für sich. Immerhin ist Erkenntnis vorhanden, bekanntlich der erste Weg zur Besserung.
Spieth hat eingesehen, dass er wieder in sein altes Muster verfallen ist. Er verliert die Beherrschung, wenn‘s nicht läuft, diese Attitüde verhagelte ihm schon früher öfters das Spiel und stand dem Jungstar ohnehin nicht gut zu Gesicht. Im grandiosen Jahr 2015 schien der Texaner das abgelegt zu haben, prompt sprangen zwei Majors und der FedEx-Cup-Triumph heraus. Doch bei der „Players“ raunzte er selbst Caddie Michael Greller an, ein ebenso ungewöhnliches wie bezeichnendes Verhalten: „Ich rege mich auf dem Platz etwas zuviel auf. Es beeinträchtigt mich, was mir nun bewusst geworden ist.“
Nicht unbedingt hilfreich war die Flightkonstellation mit dem überragenden Jason Day, der zur „Players“-Halbzeit bereits 15 unter Par lag. „Es ist hart, wenn du in deiner Gruppe von jemandem so abgewatscht wirst“, sagte Spieth, der diese Woche beim AT&T Byron Nelson in Irving nahe Dallas ebenso ein Heimspiel hat wie Gastgeber McIlroy mit der Irish Open im K-Club.
Wirklich Große stecken Debakel weg
Die Golfgeschichte zeigt, dass wirklich große Spieler solche Einbrüche stets verkraftet haben. Bestes Beispiel ist Arnold Palmer, Spieths Spind-„Kamerad“ im Augusta National. Der „King“ verlor das 1959er Masters mit einem ähnlichen Einbruch an Loch zwölf und ließ sein bestes Jahr folgen, als er 1960 bei Masters und US Open triumphierte.
Der Ausweg aus den Tiefs liegt in den Stichworten „Entschlossenheit“ und „Vergessen“. Gary Player wurde mal gefragt, ob ihn ein Debakel wie McIlroys 80er Finalrunde, mit der „Rors“ das Masters 2011 weg schmiss, hätte aus der Bahn werfen können? „Niemals“, antwortete der Südafrikaner, der mit Palmer und Jack Nicklaus die bislang einzigen und wahrhaften „Big Three“ bildete, „dafür war ich viel zu willensstark und zielstrebig!“ McIlroy gewann übrigens zwei Monate später die US Open.
Der Nordire räumte nach seinem geteilten zwölften Platz im TPC Sawgrass ein, er hadere immer wieder mit schlechten Schlägen und lasse sich dadurch aus dem Rhythmus bringen. Wie an Loch 13 der Finalrunde, als McIlroy den Ball ins Wasser setzte, weil „ich noch sauer war wegen des verpassten Birdie-Putts auf der Zwölf“: „Ich spiele gut genug, um gewinnen zu können, da überkommt einen halt manchmal die Frustration!“
Die Gabe des Vergessens
Sein guter Freund und Ryder-Cup-„Skipper“ von 2014, Paul McGinley, hat eine Erklärung parat. Und einen Tipp. „Es fehlt ihm aktuell an Selbstvertrauen und an konstantem Konzentrationsvermögen.“ McIlroy müsse wieder lernen, negative Dinge schnell abzuhaken, sagt McGinley und zitiert Arnold Palmer: „Zu den wichtigsten mentalen Fähigkeiten, die man bei diesem Spiel benötigt, zählt die Gabe des Vergessens.“
Jason Day braucht momentan solche Leitsätze nicht. Der Australier zieht nahezu unwiderstehlich seine Kreise. „Es ist kein Zufall, dass er die Nummer eins ist“, schwärmt Justin Thomas. „Er schlägt den Ball fast bis zum Mond, extrem lang und gerade. So kann er die Fahne angreifen wie kein anderer. Und sein kurzes Spiel ist schier unmöglich gut.“ Adam Scott jedenfalls bescheinigt dem 28-Jährigen aus Queensland gar einen „tigermäßigen Lauf“. Vielleicht lähmt ja auch das seine beiden größten Rivalen?