Alle Wege führen nach Rom: An Berlin und Wien vorbei, Spanien rechts liegen lassend. Mit der Wahl des Marco Simone Golf & Country Clubs als Austragungsort für die 44. Matches um den Ryder Cup im Jahr 2022 haben European-Tour-Chef Keith Pelley, Richard Hills als Direktor der englischen Ryder Cup Ltd. und ihre Berater für eine echte Überraschung gesorgt. Auf Bad Saarow hat man gehofft, nach den jüngsten Gerüchten an Fontana geglaubt, Marco Simone und PGA Catalunya hatte – Hand aufs Herz – niemand wirklich auf der Rechnung.
„Die italienische Bewerbung war in allen geforderte Belangen durchgängig stark und das besonders hinsichtlich des Versprechens, den Platz nach höchsten Standards auszubauen“, heißt es in der Pressemitteilung der Ryder Cup Ltd. Das ist PR-„Sprech“ und erklärt mitnichten „Warum?“, die anderen Bewerber erfüllen ebenfalls den Katalog – siehe nur Nick Faldos Engagement in Bad Saarow –, sonst wären sie längst keine Kandidaten mehr gewesen.
Sieben Millionen Euro Preisgeld für Italian Open
Auch Pelleys Stellungnahme gibt wenig her, wenn er von einer „mutigen und ambitionierten“ Bewerbung spricht und die „Ewige Stadt“ Rom als wunderbare Kulisse beschwört: „Mit Paris 2018 und Rom 2022 wird sich die magische Wirkung des Ryder Cups fortsetzen.“ In der Tat sieht man bei klarem Wetter von Marco Simones 18. Grün die Silhouette der rund 20 Kilometer entfernten italienischen Kapitale und vielleicht sogar die Kuppel des Petersdoms. Aber für schöne Blickachsen gab‘s noch nie eins der prestigeträchtigsten und aufmerksamkeitsstärksten Sport-Events der Welt. Sonst wäre es doch Berlin, bekanntlich „arm, aber sexy“ geworden …
Schon eher lässt sich das Plazet durch die veröffentlichten Zahlen nachvollziehen. Die Italiener haben sich verpflichtet, das Preisgeld ihrer Italian Open signifikant zu erhöhen. Damit reden sie Keith Pelley und seinen Anstrengungen, die European Tour mit attraktiven Dotierungen als „lebensfähige Alternative zur PGA Tour“ auszubauen, geschmackssicher nach dem Mund.
Keith Pelley lobt italienisches „Bekenntnis“
Kommendes Jahr schon soll sich der Turniertopf von bislang 1,5 auf drei Millionen Euro verdoppeln, ab 2017 garantiert Italien ein Gesamtpreisgeld von sieben Millionen Euro, für mindestens elf Jahre. Damit kommt Pelley nach seiner Watsch‘n für die BMW PGA Championship in Wentworth dem Ziel eines finanziell angemessen ausgestatteten Flaggschiff-Turniers auf europäischen Boden ein gutes Stück näher. „Wir haben aufregende Pläne zur Entwicklung der European Tour und zum Wohle all unserer Spieler, Italien unterstützt diese Bemühungen. Das Bekenntnis zur Italian Open setzt neue Maßstäbe!“ Was zu beweisen war. Die offen bekundete Unterstützung der italienischen Regierung, namentlich von Premierminister Matteo Renzi, tat wohl ihr Übriges.
Sinnigerweise spricht Europas Ryder-Cup-Chef Hills von einer „würdigen Goldmedaille“ für Rom gegenüber den „beeindruckenden Silbermedaillisten“ Deutschland, Österreich und Spanien. „Worthy“ war in seinem Statement zu lesen, und das bedeutet gleichermaßen „wertvoll“. In der Tat lackiert sich die Tour den Goldüberzug selbst auf die Plakette für Rom.
Der von Jim Fazio in den 1980er-Jahren in die hügelige Landschaft der Gemeinde Guidonia gebaute Kurs erfüllt aktuell bei weitem nicht den Anspruch an einen Ryder-Cup-Parcours und muss hinsichtlich Design und Qualität stark überarbeitet werden. So hat es Hills schon bei seiner Inspektion im März zu Protokoll gegeben: „Golfplätze und ihre Technologie haben sich fraglos seit Jahrzehnten in ganz andere Richtungen entwickelt.“
Tour-Tochter baut den Platz um
Das wirft die Frage auf, wieso eine eigentlich untaugliche Bühne den Zuschlag für den Ryder Cup bekommt? Doch genau hier wird aus einer Schwäche das Plus von Marco Simone: Der fraglos millionenschwere Renovierungsauftrag geht an „European Golf Design“, auch das tat Hills bereits kund, eine hundertprozentige Tochter der European Tour, die Marco Simone längst inspiziert und ihre Kooperation mit der Fazio-Familie vereinbart hat.
Oder anders: Es gibt nebst den generellen Erlösen aus dem europäischen Zweig des Kontinentalwettstreits noch ein profitables Schmankerl, die Tour quetscht halt raus, was nur geht, sie lebt schließlich fast ausnahmslos von den Ryder-Cup-Einnahmen.
Glamour-Faktor hat‘s übrigens auch. Der Marco Simone Golf Club wurde 1989 von Laura Biagiotti gegründet, die weltberühmte, mittlerweile 72-jährige Modedesignerin residiert auf Castello del Duca Federico Ces und bestimmt noch heute als Präsidentin das Geschehen auf der 150 Hektar großen 27-Loch-Anlage unterhalb ihres Schlosses. 1994 erlebte Marco Simone seine einzige Open D‘Italia, es gewann der Argentinier Eduardo Romero, anschließend kam der Platz einfach nur noch in die Jahre, jetzt wird die betagte Anlage durch den Ryder Cup zu neuem Leben erweckt.