Schon Golf-Entzug? Na klar, wer nicht. Dafür kann es ziemlich dicke kommen, wenn‘s dann mal wieder losgeht: Die European Tour bastelt hinter den Kulissen des Turnier-Shutdown emsig am Nachhol-Zeitplan, und da kommt womöglich einiges auf uns zu. Nach derzeitigem Planungsstand wollen Keith Pelley und seine Truppe in der letzten Mai-Woche mit der Irish Open im Mount Juliet Estate wieder zu einer gewissen Turnier-Normalität zurückkehren und anschließend auch die neben Masters und PGA Championship bislang verschobenen sechs weiteren Turniere neu ansetzen. Das verspricht für den Rest des Jahres einen ziemlich dichten Kalender, und den bis Ende 2020. Laut einem Bericht der britischen „Daily Mail“ will die Tour ihre Turniere auf der ganzen Welt verteilen, um den Spielern so viele Einsatzmöglichkeiten wie möglich zu geben – und noch so viel Geld wie möglich unter die Pros zu bringen. Vor allem aber, um die laufenden TV-Verträge mit „Sky Sports“ und dem „Golf Channel“ zu erfüllen und die daraus resultierenden Einnahmen nicht zu gefährden.
Laut „Daily Mail“ könnte das zu Zeitplänen führen, bei denen ein Turnier von Montag bis Donnerstag ausgetragen wird, gefolgt von einem (Reise-)Tag Pause, und dem nächsten Turnier dann von Samstag bis Dienstag, danach kommt der klassische Donnerst-bis-Sonntag-Turnus. Auf diese Art soll soviel wie möglich nachgeholt werden bis die drei Finalturniere im Race to Dubai anstehen.
Woods und Rahm bitten um Distanz
Befürworter: Es ist schwierig, die Ausnahmesituation von Golf als Individualsport an der frischen Luft und mit mühelos zu erzielender Distanz der Solidarität unterzuordnen, aber selbst Stars wie Tiger Woods und Jon Rahm plädieren für „Physical Distancing“, obwohl z. B. in den USA viele Plätze noch geöffnet sind und das Kontaminierungsrisiko mit allerlei Maßnahmen wie entfernten Flaggenstöcken oder weiteren Locheinsätzen gemindert werden soll. „Um das Corona-Virus zu bekämpfen, müssen wir als Team agieren. Und dieses Team spielt drinnen“, proklamierte Woods im Rahmen eines entsprechenden Nike-Tweets.
Now more than ever, we are one team. #playinside #playfortheworld pic.twitter.com/LRLhL4FwkG
— Nike (@Nike) March 21, 2020
Und Jon Rahm nutzte seine neu entdeckte Social-Media-Affinität zu einem Aufruf an die Millenial-Generation und an den Respekt gegenüber der Gesellschaft: „Eine Menge Leute weigern sich derzeit, die Sicherheitsrichtlinien zu respektieren, und das stinkt mir gewaltig. Ja, es ist die Zeit von ,Springbreak‘ und jeder will Spaß haben. Aber es kann nicht sein, dass euch das alles nichts angeht, was gerade passiert.
Please everyone respect the people around you as try to stay home and limit the amount of people you have contact with, this virus is not a joke#IStayAtHome Este vídeo está dedicado más al público estadounidense, estamos intentando prevenir lo que paso en España e Italia pic.twitter.com/GGVttZbe8I
— Jon Rahm Rodriguez (@JonRahmpga) March 20, 2020
Masters im Herbst? Ryder Cup 2021?
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Nachfolgend in Kürze das Neueste zum Thema „Bedeutende Golf-Events in Zeiten von Corona“:
Rory McIlroy fände es toll, wenn das Masters im Herbst stattfände; er freut sich fast auf den Look von Augusta National im Oktober. „Das wäre irgendwie cool. Mal völlig was anderes als die gewohnte Platz-Kulisse und eine gute Möglichkeit, dieses Jahr doch noch ein Masters über die Bühne zu bringen“, sagte der Weltranglistenerste in einem Radio-Interview. Jack Nicklaus hingegen glaubt, dass es kein Masters 2020 geben wird: „Ich sehe nicht, wie sie das noch in einen ohnehin dichten Zeitplan packen wollen. Und es wäre auch nicht fair gegenüber anderen Turnieren, die sowieso später stattfinden.“
Die US Open könnten nach Oakmont verlegt werden und damit zum unerreicht zehnten Mal im Speckgürtel von Pittsburgh stattfinden, weil der etatmäßige Austragungsort Winged Foot durch die Nähe zum Riesen-Ballungsgebiet und derzeitigen Epidemie-Epizentrum New York eher brisant ist. Angeblich existieren bereits diesbezügliche Überlegungen der USGA.
Nach wie vor hängt das Damoklesschwert der Corona bedingten Absage über den Olympischen Spielen in Tokio und damit auch über den Golfwettbewerben im Kasumigaseki Country Club. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte den Termin bislang ausdrücklich nicht in Frage gestellt, will aber nun doch binnen vier Wochen entscheiden.
Europas Ryder-Cup-Kapitän Padraig Harrington hat Spekulationen als Unfug abgetan, nach denen der für September in Whistling Straits angesetzte Kontinentalwettbewerb auf 2021 verschoben werden könnte. „Bis September ist noch lang hin, da muss derzeit nichts geändert werden“, sagte der Ire. Paul Casey hingegen spricht sich wegen des Corona-Virus klar für eine Verlegung ins kommende Jahr aus. „Ich bin eigentlich kein Fan von Verschiebungen, aber es ergäbe Sinn. Und der Ryder Cup wurde schon mal verschoben, warum dann nicht jetzt auch?“, erinnert der Engländer an 2001 und die Verlegung wegen der Terrorattacken.
Wenn schon Golffilme, dann vielleicht so …
Herausforderung: Die besten Golffilme haben wir schon vorgestellt, Ersatzbefriedigung für rundenlose Zeiten wie diese. Hier kommt die passende Challenge, wie der DVD-Player zu beschicken ist. Vorschlag: Erst Film schauen, wenn die Einführung der Disc auf diese Weise geschafft ist – das dürfte die Langeweile enorm strecken und dafür sorgen, dass wir nicht alle verfügbaren Filme binnen einer Woche „weggucken“ …
Management der PGA Tour verzichtet
Angemessenes Signal: Auch die Organisation der PGA Tour passt sich dem Corona-Shutdown an. Commissioner Jay Monahan verzichtet auf unbestimmte Zeit auf seine Aufwandsentschädigung, die Mitglieder der obersten Managementebene haben eine Reduktion der Gehälter um 25 Prozent vereinbart, die Löhne aller sonstigen Angestellten werden auf den Stand von 2019 eingefroren. Laut der PGA-Tour-Steuererklärung für 2017 hat Monahan in diesem ersten Jahr als „Commish“ 4,78 Millionen Dollar an Honorar, Aufwandsentschädigungen und Bonus erhalten. Es dürfte in den Jahren danach deutlich mehr geworden sein.
Nordqvist und eine 59: Minitouren sind noch aktiv
Sportliche Nische: Auf der ganzen Welt machen die Golftouren Pause? Nicht ganz, ein paar kleine Circuits tragen noch unverdrossen ihre Turniere ausgetragen. Beispielsweise die Cactus Tour in Arizona und Kalifornien. Dort hat gerade die Schwedin Anna Nordqvist, Majorsiegerin und Mitglied des erfolgreichen europäischen Solheim-Cup-Teams 2019, einen 54-Loch-Wettbewerb gewonnen – „weil alle spielen wollen und man halt jede Gelegenheit nutzt“, sagte Nordqvist.
Das Pendant für die Herren ist die Outlaw Tour in der Großregion Phoenix, wo vergangene Woche sogar eine magische Marke fiel. Jared du Toit, der normalerweise auf derPGA Tour Latinoamerica unterwegs ist, schaffte eine 59er Runde, verlor aber anschließend das Play-off gegen den Kanadier Wil Bateman.
Statt Lagerkoller: Golfer, bitte Ruhe bewahren!
Schlechtes Beispiel: So sieht das wohl aus, wenn Eishockeyspieler einen Lagerkoller bekommen, weil sie ihrem Sport nicht richtig nachgehen können. Von uns Golfern gibt es zahlreiche „Do-it-yourself“-Beispiele, wie man sich auf kreative Weise die Platzabstinenz etwas erträglicher gestalten kann, Auswüchse wie diese waren noch nicht zu sehen. Also bitte, auch weiterhin Ruhe bewahren und das Mobiliar schonen!
Klimawandel-Leugner Trump scheitert mit Mauer für Doonbeg
Gerechtigkeit: Der Mann, der an sehr prominenter Stelle den Klimawandel leugnet, scheitert mit einer geplanten Maßnahme gegen den Klimawandel – genau meine Art von Humor, könnte man dazu sagen. US-Präsident Donald Trump wollte vor sein irisches Golfresort Doonbeg einen Damm bauen lassen, um die Anlage gegen den Anstieg des Atlantik-Meeresspiegels zu schützen, doch das Ansinnen wurde von der zuständigen Behörde abgelehnt, weil man einen Beschädigung der Dünen und der Küstenvegetation befürchtet. Die Trump Golf-Organisation wollte eine Barriere aus 38.000 Tonnen Felsgestein an die Doughmore Bay setzen.
Safer Golf
Zum Schluss: Wo man noch Golf spielen darf … Muss diese Art von „Safer Play“ nun auch nicht sein. Leider ist es hierzulande im Zug der Schließung aller Sportstätten bekanntlich untersagt, auch in dieser Form. Und die Golfgemeinde übt sich in Solidargemeinschaft mit allen anderen von ihren sportlichen Aktivitäten ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen, so diese denn dafür auf gesonderten Anlagen angewiesen sind. Die meisten tun es schweren Herzens, aber in selbstverständlichem Einsehen; die anderen notgedrungen und bei Deklamation allmöglicher Argumente, die richtig sein mögen, aber schlicht in Unverständnis an der solidarischen Sache vorbei gehen.