Überwältigende Landschaften, großartige Naturschauspiele, märchenhaftes Terrain: In Neuseeland fand Regisseur Peter Jackson für seine Kino-Epen „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ wahrlich angemessene Kulissen. Es sind fast unwirkliche Szenerien, kaum von dieser Welt, die Zauberer Gandalf und seine Gefährten auf ihren Questen durchstreifen, viele von uns haben die grandiosen Bilder gesehen. Auf der anderen Seite des Globus freilich gibt es auch einige der spektakulärsten Plätze der Welt, lohnende Ziele trotz des 18.000 Kilometer langen und knapp 24-stündigen Flugs mit Zwischenstopp. Und nicht nur, weil laut Tolkien das Spiel nun mal vom Hobbit-Recken Bandobras Tuk erfunden wurde, ist Neuseeland wahrlich Golfen in Mittelerde!
Cape Kidnappers
Wie Finger einer Riesenhand greifen die Klippen und Höhenzüge von Cape Kidnappers in den Südpazifik, himmelwärts strebend liegen oben drauf vor allem die Fairways und Grüns der Back Nine. Tom Doak hat auf Neuseelands Nordinsel, fünf Autostunden von der Hauptstadt Auckland entfernt, ein weiteres Beispiel seiner Design-Meisterschaft abgeliefert. Die gelegentlich blinden Abschläge erfordern eine Menge Selbstvertrauen angesichts der vermeintlich schmalen Bahnen und drohend nahen Kanten, die Par-drei-Löcher führen über Schluchten und Schründe, auf den Grüns ist Konzentration schwierig bei all den atemberaubenden Ein- und Aussichten in die Abgründe zwischen den Klippen und auf den offenen Ozean.
Dafür verzichtet der Architekt als erklärter Golfplatz-Purist auf Bäume und Wasserhindernisse, seine Schwierigkeiten begegnen dem Spieler in Form von anspruchsvoll modulierten Fairways und ungnädigen Bunkern rund um die Fahnen. Cape Kidnappers ist von dramatischer Schönheit!
Paraparaumu Beach
Auf den ersten Blick wirkt der „Paraparaumu Beach Golf Club“ so lieblich wie das Auenland. Aber das 1949 von Australian-Open-Champion Alex Russell kreierte Par-71-Geläuf, 60 Autominuten von Wellington und ein paar hundert Meter vom Meer entfernt, gilt als Neuseelands bester Linkskurs. Dabei hat der nicht allzu lange Platz bloß 34 Bunker. Die aber liegen immer genau da, wo man sie bei gestreuten Bällen partout nicht brauchen kann. Paraparaumu will präzise gespielt werden, die Landezonen sind schmal, das Rough wie Draht, die Fairways bretthart, die Grüns von Hügellandschaften umgeben, die groß genug sind für Hobbit-Höhlen. Und von den erhöhten Putt-Flächen rollen unexakt Bälle gerne mal ins Nirgendwo herab.
Kein Geringerer als Tiger Woods kann ein Lied von den Tücken der Grüns singen. Bei der „New Zealand Open“ im Jahr 2000 benötigte der Superstar auf der Par-drei-Vier geschlagene vier Putts. Und das, obwohl Paraparaumu der Heimatplatz seines damaligen Caddies Steve Williams ist, der ein paar Straßen weiter aufwuchs und im Metzgerladen des Städtchens jobbte, bevor er an der Tasche diverser Golfstars zum reichsten Sportler Neuseelands avancierte.
Titirangi
Die Entstehungsgeschichte ist so spannend wie der Platz selbst. 1927 kam Dr. Alister MacKenzie nach Auckland und strichelte ein 18-Loch-Konzept für das bereits seit 1909 „begolfte“ Areal aufs Papier, die Granden von Royal Melbourne hatten den berühmten Designer an Titirangi ausgeliehen, um das Honorar des Schotten für ihren eigenen Platz zu refinanzieren. MacKenzies Layout existiert noch heute, Mitte der 1990er-Jahre sanierte Chris Pitman für Millionen von Dollar und mit viel Respekt für den Vorgänger: „Wäre MacKenzie noch bei uns, er wäre vom Ergebnis der Renovierung begeistert.“
Mit Recht. Von außen eher unscheinbar, erweist sich der Platz für den Spieler als echtes Juwel. Jede Bahn hat ihren ureigenen Charakter, keine gleicht der anderen. Wie jeder MacKenzie-Kurs, allen voran Augusta National, braucht es vom Abschlag den Blick und die Drive-Genauigkeit für den richtigen Anspielpunkt zur Fahne. Die Grüns sind teilweise extrem onduliert, manche Fahnenposition kaum spielbar. Tatsächlich wird jeder Schläger im Bag gebraucht, Titirangi ist ein Platz für den kompletten Golfer.
Kauri Cliffs
Der Platz im Norden von Neuseelands Nordinsel rangelt permanent mit Cape Kidnappers um den besten Meerblick. Dreieinhalb Autostunden von Auckland entfernt fand Architekt David Harman fast 2.000 Hektar, „aus denen ich hunderte von Golflöchern hätte herausholen können“. Er beließ es bei 18 famosen Bahnen, von denen sechs ganz unmittelbar am Wasser liegen. Besonders die Schlussstrecke sorgt für Schnappatmung: Vier Löcher, von 14 bis 17, im Gänsemarsch über die Klippen, mit Blick über blaues Wasser auf die Cavalli-Inseln in der Ferne.
Ebenso enorm wie die Ausdehnung des Platzes ist das Rough, verirrte Bälle sind meist verlorene Bälle, ohnehin ist jeder Spieler auf dem zumeist kaum bevölkerten Platz mit einigen blinden Schüssen gut beraten, das seinen Fertigkeiten angemessene Tee zu wählen. Erst recht, wenn der Wind bläst, was er meistens tut. Dem üppigen Reiz von Kauri Cliffs tut das indes keinen Abbruch.
Kinloch
Der „goldene Bär“ darf nicht fehlen: „The Kinloch Club“ ist Jack Nicklaus‘ bislang einziges Projekt auf Neuseeland. Im Inneren der Nordinsel am See von Taupo gelegen, ist der Platz dennoch eine Reminiszenz an die britischen Links-Originale. Vor dem beeindruckenden Seepanorama schuf Nicklaus auf einstigem Schafsfarm-Gelände, wie es so seine Art ist, eine komplett neue Golflandschaft.
Gleichwohl gilt Kinloch als schwierigster Platz Neuseelands, von den Champion Tees hat noch niemand den 6.734 Meter langen Parcours besser als 70 Schläge gespielt, und auch von den vorderen Tees mit 5.961 Metern ist die Runde alles andere als ein Spaziergang.