Peter Ganser reißt den rechten Arm hoch, dann zuckt die rechte Hand wieder nach unten, wieder und wieder. Der Geschäftsführer von PG-PowerGolf dirigiert. So sieht es jedenfalls aus. Doch es ist weder die 9. Symphonie von Beethoven noch der Radetzkymarsch. Zu Füßen von Ganser, im Vorführraum seines Unternehmens, dreht sich ein Trolley um die eigene Achse, fährt vor und zurück, links, rechts und wieder eine Drehung. Alles ohne laute Kommandos. Gestensteuerung lautet die Erklärung.
Keine Tasten, keine Laute - nur die Gestik
Der Dirigentenstock ist ein kleiner Sender, den Ganser in der Hand hält und mit dem er den Trolley bewegt. „Wir haben einen Knopfsender entwickelt, der nur einen Ein- und Ausschalter hat und ansonsten über Gesten gesteuert wird.“ Die Steuerung läuft über „das Erdmagnetfeld ähnlich wie die Kompass-App auf dem Handy. Dabei wird jede kleine Bewegung in Steuerungsimpulse umgesetzt,“ erklärt der 71-jährige Hobby-Golfer. Die Gestensteuerung ist für alle SteelCad- und TitanCad-Modelle erhältlich. Der Preis liegt zwischen 390 und 590 Euro.
Die Entstehung von PG-PowerGolf
Die zweistöckige, blaufarbene Fabrik von PG-PowerGolf steht tief im Industriegebiet von Ettlingen bei Karlsruhe. Vor 17 Jahren verkaufte Peter Ganser seine IT-Firma und wollte, wie er sagt, „in Rente gehen und ein wenig Golf spielen.“ So war sein persönlicher Zukunftsplan. Aus der Idee wurde allerdings nichts. Vorausgegangen war ein Besuch in einem Pro-Shop und das Angebot für einen E-Trolley 5000 Mark zu bezahlen. Ganser: „Ich empfand den Preis als unverschämt.“
Was folgte war eine intensive Recherche im Internet und die Bestellung und der Verkauf von 18.000 E-Trolleys aus China innerhalb eines Jahres. „Trotz Qualitätsmängel ein geschäftlicher Erfolg.“ Was zur Gründung von PG-PowerGolf führte. Seit 2006 stellt Ganser eigenentwickelte E-Trolleys her, die er allerdings Caddies nennt. Seine Begründung: „Für mich ist ein Trolley ein primitiver Taschenträger und der Caddy ein edler Taschenträger.“
Gansers Spezialgebiet ist die Elektronik
Peter Ganser, dichtes graues Haar, stämmige Figur, denkt schon lange nicht mehr an die Rente. Bei allem, was er erzählt, ist zu spüren, dass ihm die Aufgabe als Geschäftsführer viel Spaß macht. Was vermutlich daran liegt, dass der Golfsport ihm „so viele Chancen bietet.“
Den Senior einen Computer-Nerd zu nennen, lässt ihn schmunzeln. „Ich war IT-ler.“ Entsprechend liegt sein Interesse mehr bei der Elektronik seiner „Caddies“ als im Metallbereich. „Ich bin kein Schlosser wie meine Konkurrenten.“ Sein Geschäftsmodell ist leicht zu beschreiben. Er kauft alle Metall- und Elektrik-Teile, die er für seine Caddies braucht von Firmen aus der Nachbarschaft und aus ganz Europa. PG-PowerGolf hat keine eigene Entwicklungsabteilung, dafür hat Ganser immer neue Ideen, mit denen er seine Konkurrenten vor sich hertreibt. „Ich sage was ich mir vorstelle und meine Partner liefern Rahmen, Motoren, Getriebe, die elektronische Steuerung und die notwendige Software.“ Die Teile werden dann von den insgesamt 20 Mitarbeitern der Firma zusammengebaut, verpackt und verschickt. 2.000 Caddies verkauft PG-PowerGolf pro Jahr, was einem Jahresumsatz von rund vier Millionen Euro entspricht. Gansers geschäftliche Ziele sind anspruchsvoll: „3.000 Caddies bis 2023.“
Neue Entwicklungen bauen auf das Feedback der Kundschaft auf
Heute steht der Name PG-PowerGolf für die Entwicklung innovativer Technologien. Mit dem neuen Nitro Flat und dem Steel-Cad Zorro stellt das Unternehmen flache Elektro-Caddies der neuen Generation vor. Ganser: „Der Auftakt einer Modell-Offensive.“ Nach Darstellung der Firma trägt die neue Rahmenkonstruktion dazu bei, dass das Packmass der neuen Caddies nicht höher ist als zehn Zentimeter, verpackt inklusive Räder in der Tragetasche.
Die „Superflachen“ sind das Ergebnis von regelmäßigen Gesprächen mit Kunden, weil Ganser immer wissen will, was Golfspieler von einem E-Caddy erwarten. Das Feedback ist für den Geschäftsführer eindeutig: „Der moderne Caddy sollte flach sein, so dass man ihn bequem transportieren, einfach bedienen und kinderleicht auf- bzw. abbauen kann.“ Aus diesem Grund entwickelte PG-PowerGolf eine neue Gelenk- und Falttechnik. „Unsere Caddies elektrisieren.“
Sprachsteuerung ist fehl am (Golf-)Platz
Und vielleicht können die Caddies auch bald sprechen. Nach der Gestensteuerung wäre es der nächste logische Schritt. So nach dem Stil „Alexa, schick mir den Trolley vorbei?“ Oder „Alexa, der Trolley soll frisches Bier im Clubhaus holen!“ Für einen Moment wird Peter Ganser ernst. „Wird nie passieren,“ sagt er und begründet es mit „zu viel Lärm.“ Deshalb sieht der Firmenchef keine Chance für sprachgesteuerte E-Trolleys auf Golfplätzen. „Stellen Sie sich vor. Ein Spieler will abschlagen und die anderen drei quatschen mit Alexa.“
Das Spitzenmodell lässt kaum Wünsche offen
Peter Ganser kann schwärmen. Und wie. Zum Beispiel wenn er über seinen Spieltrieb spricht, über seinen „sinnvollen Spieltrieb“, wie er es nennt. Ein Trolley mit einfachen Motoren und Elektronik hält er heute nicht mehr für sinnvoll. Aus diesem Grund baut der Senior modernste, digitale Schrittmotoren in seine Caddies ein, die rückwärtsfahren können und beim Abbremsen Strom erzeugen und damit die Batterie wieder aufladen. Eine weitere Funktion lobt Ganser über den grünen Klee. „Bei uns gibt’s auch einen zuschaltbaren Geländegang, damit der Caddy bei Schrägfahrt kerzengerade läuft und nicht umfällt.“
Den Geländegang haben alle Zorro-Modelle des badischen Golftrolley-Herstellers. Zorro hieß bereits das erste Modell und liegt Ganser besonders am Herzen. Denn Zorro ist das erfolgreichste Modell der Firma. „Er ist unsere Seele, unsere Mitte.“ Die Zorro-Modelle fangen bei ca. 2.500 Euro an und enden beim Spitzenmodell, den TitanCad Zorro X Sport. Der Firmenchef: „ein hervorragender Caddy zu einem mittleren Preis.“ Aber wieso gerade Zorro? Auch dafür gibt es eine simple Begründung. „Du ziehst den Handgriff des Caddys hoch und die Caddy-Form sieht aus wie ein Z.“ Dazu passt die exklusive Information des Caddy-Betriebes. Ganser: „Das derzeitige Zorro-Spitzenmodell Titancad Zorro X wird ab Mai ersetzt durch den Titancad Zorro flat.“ Der Preis liegt bei ca. 3.500 Euro.
Der günstigste Caddy von PG-PowerGolf ist der nitro Black Color-Edition für 1.899 Euro und das aufwendigste Modell, der TitanCad Evolution Plus, hat einen Preis von 4.390 Euro.
PG-PowerGolf bietet zahlreiche Zusatzleistungen
Neben einem kleinen Zubehör-Programm (Bags Schirmhalter, Scorekartenhalter, Travelbags) bietet PG-PowerGolf auch Lithium-Batterien an und geht dabei neue Wege. Zusammen mit einem deutschen Akku-Hersteller werden eigene Booster-Akkus entwickelt, die weit mehr Sicherheit bieten, als die europäischen Richtlinien und Gesetze vorschreiben. In diesem Bereich sieht Ganser noch viele Entwicklungschancen. „Die Akkus werden immer kleiner und leistungsfähiger.“
Das Karlsruher Unternehmen bietet ebenfalls einen bundesweiten Hol- und Bring-Service an. Paketdienste holen den Trolley beim Kunden ab und bringen ihn innerhalb von zwei Tagen überholt bzw. repariert zurück.„Kosten für Abholung und Rücktransport: 20 Euro.“ Wer durch die vollgestopften Flure der räumlich kleinen Firma geht, sieht wie erfolgreich der Winterservice ist. „Wir sind randvoll mit Service-Aufträgen.“ Auch hier die Kosten für den Pflegeservice: zwischen 129 und 149 Euro.
Der Rest der Räume ist voll belegt mit Material. Zwar funktionieren die Lieferungen von Titan-Röhren aus China noch, aber die Preissteigerungen für dieses Edelmetall von bis zu 35 Prozent sind für ein mittelständisches Unternehmen wie PG-PowerGolf ein großer finanzieller Brocken. Nicht zu vergessen: die Transportkosten. Nach Darstellung von Peter Ganser sind die Preise in diesem Segment um 800 bis 1.000 Prozent in den letzten zwei Jahren gestiegen. Zitat: „Das alles haut ganz schön rein.“ Auch bautechnisch. Auf die Produktionshalle kommt wegen akutem Platzmangel ein drittes Stockwerk.