Fanad Head ist eine Art globaler Star. Doch kaum einer kennt diesen Flecken Irland, wo der Nordatlantik mit Urgewalt an den Felsen nagt und die Küste schartig ist wie ein altes Sägemesser. Sein Leuchtturm indes ziert zahllose Kalender und Postkarten und geistert als typisch maritimes Motiv durch die ganz Welt. Seit 1817 weist am Fanad Point, dem zweitnördlichsten Punkt des County Donegal, das Leuchtfeuer den Weg, nachdem fünf Jahre zuvor die Fregatte Saldana an den Klippen zerschellt war. Die Mär besagt, dass nur der Papagei des Kapitäns das Unglück überlebt hat.
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Auch für Golfer strahlen Leuchttürme im Norden der irischen Insel. Die kolossalen Kurse von Ballyliffin oder Rosapenna beispielsweise, wo mit Tom Doaks St. Patrick’s Links gerade die dritte Weltklasse-Wiese eröffnet wurde. Oder, nur „ein paar gute Drives“ weiter westlich, jenseits der Grenze zu Nordirland: Royal County Down, stets in den Top-Drei der Welt, sollte eh jeder auf dem Schirm haben; Royal Portrush ebenso, spätestens seit der Open Championship 2019. Das sind Spielwiesen von Weltruhm – mit internationaler Strahlkraft, um im Bild zu bleiben. Aber wir wollen uns ja Plätzen widmen, die ein wenig unter dem Radar segeln und dennoch gut im Rennen liegen, wenn es ums Golfglück geht.
Golf an einem der schönes Strände Europas
Deshalb führt der Weg über den Wild Atlantic Way, der auf überwältigende Weise alles hält was sein Name verspricht, auf die Fanad-Halbinsel und in das Seebad Portsalon am Lough Swilly, einem tief ins Land reichenden Atlantik-Arm. Der Ballymastocker Beach von Portsalon wird als einer der schönsten Strände von Europa gerühmt, die Wasserqualität hat „Blue Flag“-Qualität und ist damit in doppeltem Wortsinn ausgezeichnet. Zwischen Ortschaft und Bade-Gestade liegen die Links des Portsalon Golf Club, ein aufregendes Arrangement in einem zerknitterten Dünengelände voller Buckel und Wellen, tiefblaues Wasser auf der einen Seite und die ansehnlichen Hügel der Knockalla Mountains im anderen Augenwinkel.
Portsalon lässt sich getrost als „Wundertüte“ beschreiben. Rund um den ersten Abschlag ist’s ein bisschen rummelig, sagen wir besser: geschäftig. Alles kommt zusammen, Straße, Parkplatz, das gesellige Leben rund ums Clubhaus. Zudem quert eine Unterführung für Strandgänger den ersten Teil der Bahn, per Netzdach gegen verzitterte Bälle abgesichert. Da gerät der erste Drive hinaus auf die 325 Meter von „Meilmore“ – eh von Erwartungsflackern begleitet – durchaus zum Nerventest. Doch hat man es dann ins Gelände geschafft, entfaltet Portsalon Golf von derart schierer Schönheit, dass Buchstaben kaum zu reichen scheinen. Wie heißt es so schön: Bilder sagen mehr als tausend Worte:
Spätestens auf dem zweiten Loch – übrigens in Vorvätersitte kaum mehr als zwei Schlägerlängen vom Rand des ersten Grüns entfernt – ist Schnappatmung angesagt: „Strand“ ist Spektakel pur und muss einen Vergleich mit den besonderen Bahnen der großen Kurskaliber in der Umgebung beleibe nicht scheuen: Der Blick schweift über Meer, Strand und goldgrüne Wiese, der Drive für das 396 Meter lange Par 4 führt auf ein diagonal verlaufendes Fairway – das ist „Risk & Reward“-Design vom Allerfeinsten.
Je mehr sich der Golfer vom Tee an Winkel zutraut, je mehr Bucht er überbrückt, desto angenehmer wird der Schlag aufs Grün. Immerhin schlängelt sich davor noch ein Priel Richtung Meer; und vorn am rechten Rand lauert eine der überall auftauchenden Bunker-„Warzen“, deren Winzigkeit diametral zu ihrer Anziehungskraft auf Bälle steht.
So setzt sich das auf den nächsten zehn Löchern fort. Munter geht es zwischen den Dünen hin und her, mit zwei Doppelgrüns (3 und 9, 4 und 8), mit Teeboxen direkt neben dem Grünrand und Spiellinien von den Abschlägen, die schon mal andere Fairways oder Grüns tangieren.
Erweiterung ins Hinterland
1891 legte Charles Thompson, ein Pro aus Portrush, das genuine Layout ins Gelände zwischen Meer und fruchtbarem Land, einst Territorium des Clans der MacSwiney. Portsalon war Gründungsmitglied des irischen Golfverbands, kam aber in die Jahre und aus der Mode, bis die Mitglieder um 1980 ihren Platz kauften und auf Vordermann bringen ließen. Zum Jahrhundert-Jubiläum gab’s ein neues Clubhaus, zur Jahrtausendwende verpasste der irische Top-Designer Pat Ruddy dem Parcours sein heutiges Bild, ließ nur fünf Löcher unverändert, baute neun dazu.
Notwendigerweise wich er dafür irgendwann in Richtung Hinterland aus und nahm Parkland-Elemente wie die 14. Teebox im Waldrand bewusst in Kauf, das verleiht dem Ensemble eine eklektische Anmutung. Die Löcher entlang des Baumbestands sind allerdings kein Jota weniger begeisternd und anspruchsvoll.
Anderseits verpasste Ruddy seiner „Golf-Sinfonie“ eine berauschende Arie in Form der Bahnenfolge von Loch 6 und 7, mit denen der neue Teil eingeleitet wird. „Killavee“ und „Warden“ wirken in ihrer Linksgolf-Pracht, als schmiegten sie sich seit Urzeiten hier an den Strand.
Frischer Schliff durch Paul McGinley
Seit 2010 kümmert sich Paul McGinley, Europas erfolgreicher Ryder-Cup-Kapitän von Gleneagles 2014, um die Bestandspflege. Das irische Idol polierte die Bewunderung auf und ließ den neuen ersten Abschlag anlegen.
Trotz des partiellen Stilmix blieb Portsalons Old-School-Charakter erhalten, Tradition und verfügbarer Fläche geschuldet. Der Platz, zumal Seitenwind-„anfällig“, bietet keinen Raum für erratische Schläge.
Fürs Finale ab Loch 17 wendet sich die Spielrichtung vom Waldrand zurück gen Küste, Bucht und Boote rücken wieder in den Blick. Das Par-5 (477 Meter) folgt dem Priel als Dogleg links und teilt sich auf der zweiten Hälfte in ein längs gefältelten Fairway – Hindernisse gibt’s halt nicht bloß im Querformat.
Das 18. Grün bringt die Rückkehr in die Gegenwart
Hinter dem 18. Grün warten dann Zivilisation und Gegenwart. Freilich, man möchte am liebsten abermals auf den ersten Abschlag: Dieses Portsalon, so hat es schon der große Golfschreiber und Architekt Bernard Darwin notiert, ist „eine durch und durch unterhaltsame Angelegenheit“. (www.portsalongolfclub.ie)
Küste und Klippen, Sand und Seafood
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Where to be: Das County Donegal ist Irlands nördlichste Grafschaft (4.860 Quadratkilometer Fläche), seine zerklüftete Küste geprägt von hunderte Meter hohen Klippen, die der bedrohten europäischen Felsentaube zum Habitat geworden sind, und nicht selten kilometerlangen Sandstränden dazwischen. Ziemlich folgerichtig sorgt der Tourismus für den Löwenanteil der Einnahmen – nebst der Schafzucht auf den weitläufigen Grasflächen. Donegals Mittelzentrum ist Letterkenny, einst Marktort und heute (noch) quirliges Gemeinwesen sowie Verkehrsknotenpunkt.
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Where to eat: Olde Castle Bar & Seafood Restaurant, Donegal Town, https://www.oldecastlebar.com; The Silver Tassie Hotel & Spa, Donegal, www.silvertassiehotel.com.
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What to see: Die landschaftliche Schönheit der Küste von Donegal eröffnet sich quasi mit jedem Meter. Am besten erlebt bzw. erfährt sich das auf der bereits erwähnten spektakulären Küstenstraße „Wild Atlantic Way“, die von der gleichnamigen Webseite wie folgt beschrieben wird: „Die Route führt durch eine von der Naturgewalt des Ozeans geformte Küstenlandschaft, deren landschaftliche Schönheit und Vielfalt einzigartig ist. Bezaubernde kleine Orte, die sich an die Küste schmiegen und uralte Monumente, deren Ursprung sich im Nebel der Zeit verlieren, säumen den Weg.“ Als eine der längsten ausgewiesenen Küstenstraßen der Welt zieht sich der „Wild Atlantic Way“ von der Halbinsel Inishowen in Donegals Norden über rund 2.600 Kilometer entlang der irischen Westküste bis ins Küstenstädtchen Kinsale im Süden des County Cork.
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Where to stay: Rosapenna Hotel & Golf Resort, Rosapenna Downings, www.rosapenna.ie; The Silver Tassie Hotel & Spa, Donegal, www.silvertassiehotel.com; Browns Cottage, Milford, www.donegalcottageholidays.com/browns-cottage-milford.
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