Wie der Zufall so spielt: Da reist der Autor zum Golfen bis an den „Rand der Welt“ und trifft auf den Carne Golf Links am Wild Atlantic Way im Nordwesten von Irland ein paar Typen, die mit ihrer Vision von der Ursprünglichkeit eines Golfplatzes weltweit Furore feiern. „Rat mal, wer da ist und gerade unseren Platz spielt“, schmunzelt Club-Chef Gerry Maguire, der gerade vor jenem Schild den Hof kehrt, das in schwarzen Lettern auf goldenem Grund verheißt: „Golf At The Edge Of The World“.
Irische Inspirationen
Drei Stunden und 18 Loch durch eine schier unbeschreibliche Dünenlandschaft später sind die Gäste aus den USA glücklicherweise immer noch da; auf dem Parkplatz kommen wir ins Gespräch. Michael und Chris Keiser touren gerade durch Schottland und Irland, spielen sich auf ihrer Linksgolf-Rundreise über Kurs-Kostbarkeiten wie North Berwick, Prestwick, Lahinch, Enniscrone oder eben Carne, sammeln Inspirationen für neue Projekte im „Dream Golf Resorts“-Portfolio der Keiser-Familie. Mike Keiser hat dieses besondere Imperium begründet, nachdem er in Chicago als Produzent von Grußkarten aus Recyclingpapier zu Wohlstand gekommen war. Seine Söhne Michael und Chris geben dem Lebenswerk neue, eigene Impulse.
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Zum Beispiel in einem abgelegenen Landstrich von Colorado, knapp eine Autostunde von Downtown Denver und 35 Minuten vom Flughafen entfernt. Noch liegt das Gelände da, wie Erdentwicklung und exogene Kräfte es geschaffen haben, ein wogender Ozean aus Sand und Magergras mit bis zu 25 Meter hohen Hügeln, 809 Hektar im Ausmaß. Rodeo Dunes haben die Keiser-Brüder ihr jüngstes Baby getauft – weil die Fläche der Cervi-Familie gehört hat, dem größten Rodeo-Veranstalter in den USA.
„Dies ist ein Ort, an dem die besten Eigenschaften der rauen irischen Links mit der Mystik und Romantik des amerikanischen Westens zu einem wahrhaft einzigartigen Golfabenteuer in den weiten Ebenen von Colorado verschmelzen“
Eigenwerbung Rodeo Dunes
Das Routing für die ersten 36 Loch ist gezeichnet, demnächst soll der Bau beginnen. Wobei: Großartig Boden schieben und bauen muss dort niemand, darin liegt der Charme von Golf as it was meant to be: Das Gelände gibt Lauf und Layout der Löcher vor. „Folge so weit wie möglich den Vorgaben von Mutter Natur“, hat der große Donald Ross seiner Golfplatzarchitekten-Gilde schon vor 100 Jahren ins Skizzenbuch geschrieben. Oder wie Carne-Patron Maguire beim Plausch auf dem Parkplatz lachend anmerkt: „Unser originärer Designer war der liebe Gott. Und den könnt ihr mit noch so viel Geld nicht anheuern.“
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Das Credo: „Built it and they will come“
Für alles andere freilich gibt es Architekten. Und die Keisers haben nur die besten. Das liegt nicht unbedingt am Honorar allein. Sondern vor allem daran, dass die Rohlinge stets von enormer Güte sind – Grounds for Golf, bei denen es selbst Top-Designern wie Tom Doak, David McLay Kidd und nicht zuletzt dem kongenialen Duo Bill Coore/Ben Crenshaw in den Fingern kribbelt. Dafür brüten sie über Google-Maps-Ansichten, fahren mit dem Finger über die Landkarten, reisen in entlegenste Gegenden. Erreichbarkeit, verkehrsgünstige Lage, Einzugsgebiet, Infrastruktur? Drauf gepfiffen. Die Nähe von Rodeo Dunes zur Kapitale von Colorado ist Zufall. „Wenn wir von idealen Orten träumen, erwarten wir nie, dass sie einfach zu erreichen sind“, erzählt Michael Keiser. „Es geht bei unserer Philosophie auch nicht ums Par, den Score oder gar die Anzahl der Löcher, sondern ausschließlich um die Qualitäten des Geländes.“
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Und die Welt ist der Zielmarkt. So, wie Vater Mike Keiser es zum Credo erhoben hat: „Build it and they will come.“ Erschaffe etwas Außergewöhnliches; dessen Reiz, dessen Nimbus sind Werbung genug, sind das ultimative Marketingtool. Oder etwas lyrischer: „Wir streben danach, Golferlebnisse zu bieten, die so stark, so pur und unverfälscht sind, dass die Seele aufgewühlt wird und man nicht anders kann, als davon zu träumen, dort zu spielen oder wieder zurückzukommen und zu spielen“, fabuliert der Junior und fügt an: „Mein Vater hat mit der Idee begonnen, privates, elitäres Golf auf das ursprüngliche Spielerlebnis zu reduzieren und es für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das versuchen wir fortzusetzen.“
Sehnsuchtsorte ohne Schnickschnack
Mit diesem Anspruch haben die Keisers Sehnsuchtsorte geschaffen: Bandon Dunes an der Küste von Oregon, sieben charismatische Plätze am Pazifik; Cabot Cape Breton auf Nova Scotia, drei pittoreske „Cliffhanger“ über dem Atlantik; Sand Valley, ein grandioses Ensemble mit insgesamt 71 Löchern in einem Nirgendwo namens Nekoosa in Wisconsin, dem Tom Doak demnächst ein Hurra aufs englische Heideland beifügt. Wer Schnickschnack in der Manier manikürter Resort-Spielplätze sucht, ist bei den Keisers schlecht aufgehoben. Golf in Reinform lautet die Devise, das Drumherum ist rustikal. Birdies, Bier und Burger möchte man sagen. Bei aller Einsamkeit ist man nie allein: Die Dream-Golf-Destinationen sind stark frequentiert und ideal für Buddy-Trips, egal welchen Geschlechts. Nur Nerd sollte man sein.
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Rodeo Dunes in Roggen/Colorado wird die nächste Verlockung für Golfpilger aus aller Welt, bietet Raum für insgesamt sechs Plätze. „Die Keisers haben es wieder getan. Es ist einmal mehr ein gesegnetes Gelände“, urteilt Bill Coore. „Die Dünen bieten so viele Möglichkeiten und Chancen. Echte Sandplätze sind selten, und dieser hier ist besonders interessant und charaktervoll. Wir lieben die Landschaft, seit wir sie zum ersten Mal gesehen haben.“ Er und Partner Ben Crenshaw, der zweifache Masters-Sieger, sind zu einer Art Hausdesigner der Keisers avanciert. Jim Craig, der den ersten Parcours von Rodeo Dunes konzipiert, ist überdies ein Zögling und langjähriger Mitarbeiter und war schon am ebenso spektakulären wie genuinen Bandon-Dunes-Star Sheep Ranch beteiligt.
Neue Plätze im Jahr 2024
Zu den aufregendsten Golfplatz-Neueröffnungen im Jahr 2024 zählen fraglos der von Tom Doak konzipierte Course No 10 im Pinehurst Resort, 7 Mile Beach in Australien aus der Feder von Michael Clayton, GrayBull in Nebraska von David McLay Kidd oder Kyle Franz’ Werk Karoo auf Cabot Citrus Farms in Florida. Auch die Keiser-Brüder sind mit Sedge Valley in ihrem Sand Valley Resort in Wisconsin dabei, hier war ebenfalls David McLay Kidd der verantwortliche Designer.
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In Europa stechen vor allem Ury Estate im schottischen Aberdeenshire, das von Nicklaus Design verantwortet wird, und Herdade do Pinheirinho in Portugal heraus, das die Golfregion Lissabon bereichert.
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„Golf in seiner ursprünglichen Form – unverfälschter denn je“
„Wir strippen das Gelände bis aufs Nötigste, um Golf in seiner ursprünglichen Form zu präsentieren – unverfälschter, als wir es je gemacht haben“, verspricht Michael Keiser. „Wir haben hier unbegrenzte Möglichkeiten für großartige Golflöcher.“ Jim Craigs Design bezeichnet er als „verspielt, skurril und lustig“. Kurz, als „quirky“ – schrullig, schräg, eigenartig. Vor allem aber wird Rodeo Dunes auf ureigene Weise einzigartig. Dafür stehen die Keisers mit ihrem Namen. Ende 2024 soll der erste Kurs fertiggestellt sein, 2025 sind beide Plätze bespielbar. „Build it and they will come“: Resonanz und Zuspruch dürften überwältigend werden, die Nähe zum Drehkreuz Denver tut ein Übriges.
Parallelen zur famosen Formgebung auf Föhr
In Deutschland existiert übrigens eine Anlage, auf die das Keiser’sche Credo ebenfalls zutrifft: Gemeint sind die drei Neun-Loch-Schleifen des Golfclub Föhr. Gerade hat Architekt Christian Althaus (Düsseldorf) die bislang unbearbeiteten jeweiligen Auftakt- und Schlussbahnen seiner famosen Formgebung im Kernbereich angepasst. Auch dort trifft man immer wieder Golfer, die das Hörensagen in die „friesische Karibik“ gelockt hat. Aber das ist eine andere Geschichte. Demnächst.