Klarstellung: Gestern hatten wir es an dieser Stelle vermutet, und selbstverständlich hat Brooks Koepka zum Friedensangebot von Bryson DeChambeau noch ‚was zu sagen. Für den vierfachen Majorsieger ist das Verhältnis zum „Mad Scientist“ nach wie vor allenfalls ein Burgfrieden, der dem Ryder Cup geschuldet ist. „Klar hatten wir fast jeden Abend ein gemeinsames Dinner. Wir sind ja auch in einem Team – da gibt es naturgemäß Kontakte, Gespräche, Interaktionen. Jeder macht halt, was erforderlich ist“, relativierte Koepka gestern vor der Presse DeChambeaus Aussagen, es sei alles gut: „Ich weiß nicht, was er meint. Allerdings ich habe auch nicht zugehört, was er gesagt hat.“
Auch für die Medien gab’s noch eine Watsche. Seine Haltung zum Ryder Cup sei komplett falsch dargestellt worden, meckerte Koepka: „Ich habe nie behauptet, es sei etwas Negatives. Ich habe lediglich gesagt, der Ryder Cup ist anders als das normale Geschehen auf der Tour. Ich habe eine Menge Spaß, hier zu spielen.“ Zumal der 31-Jährige sich bei US-Kapitän Steve Stricker vollständig gesund gemeldet hat. „Ich komme mir zwar vor, als sei ich aus Glas“, spielte Koepka auf seine Hüft-, Knie- und Handgelenksprobleme an: „Aber ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr.“
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— Brooks Koepka (@BKoepka) September 23, 2021
Jon Rahm und die Ryder-Cup-Bedeutung in Spanien
Standesgemäß: Niemand ist idealer geeignet als der Weltranglisten-Erste, um diesen 43. Ryder Cup für Europa zu eröffnen. Und ebenso ideal ist die Konstellation mit dem Plus-Punkte-Rekordhalter, der allein so viele Zähler (25,5) auf seinem Kontinentalwettbewerbs-Konto wie das US-Team zusammen. Die Rede ist natürlich von Jon Rahm und Sergio Garcia. Das spanische Auftakt-Duo steht überdies für eine besondere Bedeutung des Kontinentalwettbewerbs in ihrer Heimat. „Für einen gebürtigen Spanier ist der Ryder Cup etwas ganz Besonderes“, verdeutlicht Rahm. „Das Erbe von Seve Ballesteros und José María Olazábal und die Bilanz von Sergio wiegen schwer, das will ich gar nicht verhehlen“, räumt der amtierende US-Open-Champion ein. „Als Spanier spürst du eine Menge Erwartung und Druck, das fortzusetzen.“ Rahm empfindet es freilich nicht als Last, sondern als Motivation: „So was setzt eine Menge Emotionen frei, und die sind im Matchplay sehr nützlich.“
„BDC“: Animation und Attacke
Showmaster: Bryson DeChambeau muss bei der Vormittags-Session erstmal aussetzen und wird allenthalben heute Nachmittag im Duo mit Rookie Scottie Scheffler erwartet, aber im Training hat der „Hulk mit dem Holz“ bereits zigfach gezeigt, dass er sich von Whistling Straits kniffligen Fairways und fast unzähligen Sandhindernisse nicht ins Bockshorn jagen lassen will – er bleibt bei seiner bewährten Hau-drauf-und-Schluss-Methode und versucht einfach, drüber weg zu spielen. Beim gestrigen letzten Training hat’s auf dem 382,8 Meter langen Loch 1 jedenfalls schon mal geklappt. Erst gibt „BDC“ den Animateur fürs Publikum, dann schreitet er zur Tat. Aber sehen Sie selbst:
Are you not entertained!?! @b_dechambeau, the ultimate showman ?#GoUSA pic.twitter.com/1o8wofxidg
— Ryder Cup USA (@RyderCupUSA) September 23, 2021
Das waren übrigens 320 Meter „carry“.
Harrington und sein Zahlenfetisch
Hinter den Kulissen: Jeder Ryder-Cup-Kapitän sucht nach einer Klammer für sein Team, nach einem verbindenden roten Faden. Für Europas Teamchef Padraig Harrington sind es die signifikanten Zahlen; seine Story-Line ist „das, was zählt“. Der Ire ließ alle Ryder-Cupper aus der Alten Welt seit 1927 durchzählen – 164, deutlich weniger als Menschen im Weltraum waren (570) – und die Bags seiner Spieler entsprechend markieren. Und auch im „Hauptquartier“ der Blau-Goldenen dominieren die Nummern, wie dieser Rundgang zeigt:
Whistling Straits: 555 Dollar Greenfee, 64er-Platzrekord
Wilde Wiese: Es ist soweit, ab 14.05 Uhr deutscher Zeit kann sich der Golffan vor dem TV stunden- und drei Tage lang das Ryder-Cup-Geschehen auf dem Spektakel namens Whistling Straits „reinziehen“. Manchen wird womöglich das Fernweh packen, daher ein paar Informationen für potenzielle Golftouristen: Der Kurs ist öffentlich wie alle vier Plätze der „Destination Kohler“, allerdings kein Greenfee-Schnäppchen. In der Hauptsaison von Juni bis bis Mitte Oktober sind für eine Runde pro Person 555 Dollar zu berappen – immerhin ist der Caddie darin aber bereits enthalten. Gegen Ausgang des Tages werden die Gebühren um bis zu 45 Prozent billiger, doch dann muss man sich für komplette 18 Loch echt sputen. Und auf dem Straits-Kurs sind im Gegensatz zum Irish keine Carts erlaubt.
„Ich werde von Gästen oft nach Ratschlägen gefragt, wie man auf dem Straits-Kurs am besten klarkommt“, hat Golf-Direktor Michael O’Reilly im Vorfeld des Ryder Cup erzählt: „Und ich sage dann immer nur: Trefft einfach die Fairways!“
Den Platzrekord hält übrigens Wen-Chong Liang. Der Chinese „schoss“ in der dritten Runde der PGA Championship 2010 eine 64.
Justin Thomas’ kunstvolle Treter
Zeigt her eure Schuh: Kleidung und Bags beider Ryder-Cup-Teams sind jeweils einheitlich, doch beim Schuhwerk darf jeder Spieler in die Galoschen seiner Wahl und seines Wohlbefindens schlüpfen – allenfalls sollten die Treter farblich zum Outfit des Tages passen. Einer freilich sticht aus dem „Latschen-Line-up“ heraus: Justin Thomas.
Seine Footjoys sind echte Hingucker, kunstvoll gestaltete Botschaften. Der 28-Jährige gilt ohnehin als einer der stilvollst gekleideten Professionals, in Whistling Straits ist er einmal mehr ganz vorn – jedenfalls mit den Schuhen:
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Roland Padron / Roly (@nomad_customs)
Stricker bittet US-Fans um respektvolles Verhalten
Appell: US-Skipper Steve Stricker hat die amerikanischen Fans in einem öffentlichen Plädoyer aufgerufen, es mit der Unterstützung für sein Team nicht zu übertreiben und die Spieler beider Mannschaften respektvoll zu behandeln. „Es wird laut. Und es wird zugunsten der USA laut“, sagte der 54-Jährige. „Natürlich freuen wir uns darauf. Wir brauchen diese Unterstützung. Aber es muss nicht so ausarten wie vor 2016 in Hazeltine manches mal.“ Damals war beispielsweise Rory McIlroy während eines Vierer mit Thomas Pieters massiv und unflätig beleidigt worden und hatte den Pöbler daraufhin den Sicherheitskräften gemeldet, die der Anlage verwiesen. Stricker: „So was wollen wir hier in meinem Heimat-Bundesstaat nicht sehen. Bislang gab’s in Whistling Straits keinen Grund zur Beschwerde. „Die US-Fans haben sich klasse verhalten und waren so nett, mir gar alles Gute zu wünschen“, erzählte beispielsweise Ian Poulter und fügte grinsend an: „Nicht übermäßig viel Gutes, doch das ist ja auch nachvollziehbar.
„Draco Malfoy“-Darsteller: Kollaps auf dem Fairway
Zwischenfall: In den Harry-Potter-Filmen hätte sich die Fangemeinde vermutlich gefreut, doch gestern beim Promi-Turnier im Ryder-Cup-Rahmenprogramm sorgte der als Nachwuchsschurke „Draco Malfoy“ bekannt gewordene britische Schauspieler Tom Felton für eine Schrecksekunde, als er auf dem 18. Fairway einen Schwächeanfall erlitt, umkippte und kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Umstehende mussten Felton, der am Mittwoch 34 Jahre alt geworden war, auf die Beine helfen. Er konnte zwar wieder lächeln, wurde aber dennoch auf einer Trage vom Platz und zur Behandlung in ein lokales Krankenhaus gebracht.
Das Celebrity Match zwischen amerikanischen und europäischen Stars ist eine Tradition vor dem offiziellen Start des Ryder Cups.
„Postman Poults“ und seine Putter-Haube
Zum Schluss: Wer könnte besser in die letzte Nachricht vor dem Auftakt zu einem Ryder Cup passen als Ian Poulter. Aus europäischer Sicht jedenfalls. Der „Postman“ spielt heute Vormittag den Schluss-Vierer mit Rory McIlroy gegen Patrick Cantlay/Xander Schauffele, und gestern Abend währen der Eröffnungsfeier sah’s für einen kurzen Moment so aus, als würden „Rors“ und „Poults“ bei der Verkündung der Konstellation die Zähne fletschen. Poulter liebt genau diese Rolle – mit seiner Attitüde und seinem Spiel ein Albtraum für jeden Gegner zu sein: „Ich bin mir sicher, dass viele genervt sind, immerhin sieht meine Erfolgsquote deutlich besser aus als die der Gegner. Das kann schon Frust auslösen.“
2004 bestritt der heute 45-jährige Engländer seinen ersten Ryder Cup und hat seither kein Einzel abgegeben („Ich hasse es, zu verlieren“), war Mitglied von fünf siegreichen Teams. Dafür muss man während der Tage von Whistling Straits übrigens nicht mal in die Statistiken schauen: Poulter trägt die Fakten auf seiner Putter-Haube mit sich herum, die wie ein typisch englischer roter Briefkasten gestaltet ist: „Geliefert von Freitag bis Sonntag“steht über den Jahreszahlen seiner Ryder-Cup-Einsätze. Und damit geben wir ab ans erste Tee: Mögen die Spiele beginnen.