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Ryder Cup

Ryder Cup 2022 in Spanien? – Reportage aus Katalonien

29. Mai. 2015 von Oliver Felden in Köln, Deutschland

Das PGA Golf Catalunya Resort (Foto: Golf Post)

Als der Bus den dritten Kreisverkehr passiert, prankt das ungewöhnliche Logo überlebensgroß am Eingang des Clubhauses: „PGA Golf Catalunya“ steht in kapitalen, metallenen Lettern an der beige verklinkerten Wand, darüber diese seltsamen Striche. Fünf vertikale Linien, wie per Hand gezogen, nebeneinander, markieren das Erkennungszeichen des besten Golfplatzes Spaniens. Warum? Sie erinnern eher an die Innenwand einer Gefängniszelle, in der ein Inhaftierter die Tage seines Vollzugs zählt, als an einen exklusiven Golfplatz. Fürs erste katapultiert mich das laute Quietschen der Bremsen aus diesem Gedankengang.

Das Logo des PGA Golf Catalunya Resorts. (Foto: Golf Post)

Das PGA Golf Catalunya Resort (Foto: Golf Post)

Nach den ersten Schritten in Richtung Clubhaus erfasst mich eine schaurige Brise von der Seite. Der Himmel ist wolkenverhangen, der Wind nass und kalt, eine wahrhaft unbefriedigende Demonstration des katalonischen Wetters. Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke bis zum Kinn hoch, stapfe noch etwas verschlafen durch den Pro-Shop und durchquere eine schwere Holztür, als ich völlig unvorbereitet in ein strahlendes Grinsen laufe: „Kommen Sie rein, bitte bedienen Sie sich, Kaffee, Gebäck, nehmen Sie, was sie wollen.“

Ein Brite will den Ryder Cup nach Spanien holen

Matthew Wilson schüttelt enthusiastisch meine Hand und bittet mich und ein Dutzend internationaler Kollegen herein. Zunächst im Lounge-Bereich des Clubs, später dann auf dem Platz, will er uns als Director of Consulting von „The Sports Consultancy“, der verantwortlichen Agentur für die spanische Ryder-Cup-Bewerbung, in den kommenden Stunden davon überzeugen, dass der Stadium Course des PGA Golf Catalunya Resort die perfekte Destination für den Ryder Cup 2022 ist.

Matthew Wilson präsentiert die spanische Ryder-Cup-Bewerbung. (Foto: Golf Post)

Matthew Wilson präsentiert die spanische Ryder-Cup-Bewerbung. (Foto: Golf Post)

Mit geht derweil durch den Kopf, dass die deutsche Bewerbung mit Bad Saarow Hand und Fuß hat; ein Nick-Faldo-Platz, prominente Fürsprecher. Die Vergabe nach Berlin muss, wenn man sich die deutsche Medienlandschaft anschaut, eigentlich nur noch abgenickt werden. Voller Zuversicht für die deutsche Kandidatur nehme ich mir einen Kaffee und ein Croissant, lasse meinen Blick noch einmal durch das Panoramafenster über den verregneten Kurs schweifen und schaue dann nach vorne, wo Matthew gerade sein Notebook angeschlossen hat. Na dann leg mal los, denke ich mir, und sinke selbstsicher in das weiche Sofa zurück.

Spanien kämpft, wie Deutschland, gegen ein Déjà-vu

Die Spanier gehen mit ähnlichen Voraussetzungen in das Rennen um den Ryder Cup 2022 wie Deutschland. Mit Madrid als Ort der Wahl hatte sich der spanische Golfverband bereits um die Austragung des Kontinentalvergleichs für 2018 beworben – wie Deutschland, ohne Erfolg. „Wir haben uns das Feedback der vergangenen Bewerbung zu Herzen genommen und wollen diese zweite Chance nutzen“, sagt Matthew, der auch beim vergangenen Mal schon an Bord war. „Deshalb haben wir uns auf folgende drei Schlagworte konzentriert: Geschichte, Gewährleistung, Begeisterung.“

Katalonien - die Zahlen und Fakten

In der Tat hat Spanien die bei weitem größte Golf- und Ryder-Cup-Tradition des europäischen Festlands. Insgesamt 86 European-Tour-Turniere richtete Spanien seit Valderama 1997 aus, das sind rund doppelt so viele wie Deutschland oder Portugal. 36 Mal waren spanische Pros Teil eines europäischen Ryder-Cup-Teams, seit 1979 war in jedem Ryder Cup mindestens ein spanischer Pro vertreten, zweimal holte ein spanischer Ryder-Cup-Kapitän den Sieg für Europa.

Die Gewährleistung sei der größte Kritikpunkt der vergangenen Bewerbung gewesen. „Wir haben dafür gesorgt, dass es keine Schwächen in diesem Bereich gibt“, sagt Matthew. Und das Rückgrat der Bewerbung kann sich sehen lassen: Ihre Majestät, König Felipe VI., ist Ehrenvorsitzender der Kandidatur, die nationale und regionale Regierung unterstützen das Bestreben, drei Tourismus-Verbände sind mit dabei. Für die wirtschaftliche Sicherheit ist gesorgt, nicht zuletzt weil der Platz im Grunde bereit ist und keine großen Umbaumaßnahmen erfolgen müssten.

Auch die Infrastruktur bringt alles Nötige mit: 80.000 Betten auf Drei-Sterne-Und-Mehr-Niveau im Umkreis von einer Stunde um den Platz, 120.000 inklusive Campingplätzen und ähnlichem. Zwei Autobahnen, die das Ressort flankerien - eine vierspurig, eine sechsspurig, drei Flughäfen innerhalb von 150 Kilometern Umkreis. Der Schnellzug aus Barcelona ist in gut 40 Minuten da, die Küste für Besucher, die den Ryder Cup mit einem Badeurlaub verbinden wollen, etwa 20 Kilometer entfernt.

Und Begeisterung? Die Spanier lieben sportliche Großevents und ihre spanischen Golf-Professionals, und es gelingt ihnen auch noch, das im offiziellen Bewerbungs-Video zu transportieren.

Eine Buggy-Rundfahrt und die Drei-Grüns-Tribüne

Ich habe mich mittlerweile weit nach vorne gelehnt, die Ellenbogen und Knie stützen sich gegenseitig, und das Sofa fühlt sich auf einmal gar nicht mehr so weich an. Aber gut, in der Theorie klingt vieles besser, denke ich, wollen wir doch mal sehen, wie es wirklich aussieht da draußen. Vor dem Clubhaus wartet bereits die hauseigene Buggy-Flotte auf uns, Matthew will uns zeigen, wovon er gerade gesprochen hat.

Was nach kurzer Fahrt bereits auffällt: Jeder Winkel des Platzes ist gut zu erreichen, es gibt Cart-Wege entlang aller Löcher und größere Versorgungswege, die den Platz durchziehen, optisch aber kaum auffallen. Der Stadium Course macht seinem Namen alle Ehre: Die Bahnen verlaufen fast ausnahmslos in kleinen Tälern, die Hügel rechts und links dienen als Naturtribünen. „Wir planen noch, welche Bäume genau gefällt werden müssen, um den Zuschauern die perfekte Sicht zu ermöglichen.“ Rechtlich winken keine Probleme, die Flora und Fauna steht nicht unter einem besonderen Schutz, außerdem gibt es ein Wiederersatz-Programm; an anderer Stelle werden neue Bäume gepflanzt.

Zwischen dem Grün der elften und dem Abschlag der zwölften Bahn halten wir an. Neben der Elf - einem schönen Par 3 mit halb vom Wasser eingeschlossenen Grün - wird eine Tribüne stehen, erklärt Matthew, von der aus man drei Grüns auf einmal überblicken kann: Nummer drei, zehn und Nummer elf. Vor meinem geistigen Auge fülle ich den Platz mit Zuschauern - es muss großartig sein, von hier aus das Geschehen zu verfolgen.

Auf dem Weg über den Kurs gelangen wir zu den Löchern 17 und 18. Genau zwischen den beiden Fairways soll eine Doppel-Tribüne gebaut werden, die den Besuchern einen Blick auf beide Bahnen ermöglicht. Unser Blick dagegen richtet sich auf die Uhr - gleich ist Tee-Time, also schnell ins Cart und ab auf den Platz.

Der Platz, viel Wasser und sehr viele Bäume

Eigentlich sollte der Stadium Course schon für den Ryder Cup 1997 fertig sein, doch konnte der Zeitplan nicht eingehalten werden. Valderama wurde der erste Club, der einen Ryder Cup auf dem europäischen Festland austrug. Seitdem war der PGA Catalunya dreimal Gastgeber der Open d’España und von 2008 bis 2013 Austragungsort der Qualifying School der European Tour.

Der Blick vom ersten Abschlag des Stadium Course. (Foto: PGA Catalunya)

Der Blick vom ersten Abschlag des Stadium Course. (Foto: PGA Catalunya)

Das erste Loch ist gleich eine Herausforderung, es ist als zweitschwierigstes des Platzes ausgeschrieben. Von einem weit erhöhten Abschlag, von denen es zahlreiche gibt auf dem Platz, geht es auf eine relativ enge Drive-Landezone zu. Rechts und links lauern die allgegenwärtigen Pinien, im weiteren Verlauf des Lochs kommt noch Wasser ins Spiel. Nach einem guten Chip und einem tollen Putt denke ich mir: Par, also so schwierig kann’s nicht werden. Einige Löcher später, um einige ungefilterte Eindrücke der spanischen Pinien reicher und um einige Bälle ärmer, weiß ich: Doch, sehr schwierig sogar - aber das Par kann mir keiner mehr nehmen.

Stadium Course - einer der besten Plätze der Welt

Kein Loch gleicht einem anderen, von den vielen erhöhten Abschlägen erfährt man spektakuläre Aussichten. Obwohl der Kurs sehr hügelig ist, spielt er sich durch die kluge Positionierung der Tee-Boxen angenehm leicht, bergauf geht es nur selten. Die vielen sich an die Wasserhindernisse anschmiegenden Grüns machen gute Annäherungen zur Herausforderung, die pfeilschnelle Oberfläche jeden Putt zu einem Abenteuer. Der Zustand des Kurses im Allgemeinen? Ein 40-köpfiges Greenkeeper-Team kümmert sich, weiterer Worte bedarf es nicht.

Als leidenschaftlicher Golfer findet man im PGA Golf Catalunya nicht viel Anlass zur Kritik. Deshalb wurde der Platz auch von der International Association of Golf Tour Operators (IAGTO) zum European Golf Resort of the Year 2015 gewählt und bei den Wolrd Golf Awards als bester spanischer Golfplatz ausgezeichnet. Fast selbstverständlich taucht er natürlich auch in der Liste der Top 100 Golfplätze der Welt des Golf Magazines auf.

Aber ein Manko gibt es dann doch. Von der Clubhaus-Terrasse ist kein einziges Grün einsehbar, bei einem Bier nach der Runde muss man mit den Abschlägern auf Loch eins Vorlieb nehmen. Eine kleine Schwäche, auch wenn das für die Vergabe des Ryder Cups wohl unwesentlich - oder gar nicht - ins Gewicht fallen wird.

BMW als Trumpf und … die Bäume!

Nach einer durchwachsenen Runde, immerhin trocken an diesem grauen Tag, schüttel ich zum Abschied ein paar Hände der herzensguten Gastgeber, während meine Gedanken längst abschweifen. Wie soll Bad Saarow da mithalten, frage ich mich. Keine Autobahn-Anbindung, keinen eigenen Bahnhof, nicht annähernd die Unterkunftskapazitäten, die Katalonien bietet. In mir kriecht ein ungutes Gefühl empor, eine böse Vorahnung. Klar, der Platz ist schön, und der Ritter Ihrer Majestät Sir Nick Faldo selbst hat ihn gebaut und legt auch nochmal Hand an, aber kommt der Faldo-Kurs dann in die Golf-Magazine-Top-100? Ein Joker muss her, wir brauchen einen Trumpf – und mir fällt einer ein.

BMW hat, nachdem auch die Golfclubs grünes Licht für die finanzielle Unterstützung der deutschen Ryder-Cup-Kandidatur gegeben haben, ebenfalls Rückendeckung für das Unternehmen versprochen. Es wird also viele Gespräche der European Tour mit einem ihrer größten Partner brauchen, sollten sie sich gegen Bad Saarow entscheiden. Einen Sponsor wie BMW leer ausgehen zu lassen, dürfte für die European Tour sehr unangenehm werden - aber ein Ryder Cup in Deutschland durch so ein Sponsoren-Gemauschel?

Während ich die Thematik auf dem Weg in den Bus gedanklich weiter durchexerziere, höre ich im Hintergrund, wie sich zwei meiner Kollegen unterhalten. „Es ist so ein toller Kurs“ sagt die Golf-Bloggerin aus Finnland, „aber was soll dieses Logo? Kreativ sehen diese fünf Striche ja aus, schön aber nicht, was soll das bedeuten?“ „Ich habe im Club gefragt“, entgegnet ein Engländer, „sie symbolisieren die Bäume.“ Die katalonischen Pinien haben einen langen, kargen Stamm, und erst ganz oben bildet sich die Krone - was auch den Zuschauern zu Gute kommen wird. Und plötzlich ergibt alles einen Sinn.

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