Die Trophäe ist golden, aber klein - nur 43 Zentimeter hoch, 22,8 Zentimeter von Henkel zu Henkel und 1,8 Kilogramm schwer. Ein „Pokalchen“ eher. Doch alle zwei Jahre elektrisiert der Ryder Cup die Golfwelt, und sein Schöpfer wäre begeistert über die Aufmerksamkeit, die dem professionellen Golfspiel zuteil wird. Genau das hatte Samuel Ryder im Sinn, als er seinen berühmten Pokal auslobte. Gleichzeitig setzte der Engländer damit einem Freund und Vorbild ein Denkmal. Aber der Reihe nach.
Golf als Therapie gegen Burn-out
Ryder (24. März 1858 – 2. Januar 1936), der Sohn eines Gärtners und Saatguthändlers, war ein Selfmademan. Er brach eine Lehrerausbildung wegen seines schlechten Gesundheitszustands ab, arbeitete bei einer Versandfirma in Manchester, später bei einem Mitbewerber seines Vaters im Baumschul- und Saatgutgeschäft nahe London. In den 1890er-Jahren schließlich begann er mit dem Versand von Sämereien in Papiertütchen, den sogenannten „Penny Packets“, die per Post verschickt wurden und eben nur einen Penny kosteten, damit konkurrenzlos billig waren.
Bei all seiner geschäftlichen Umtriebigkeit war Ryder das, was man heutzutage vermutlich einen Gutmenschen nennen würde. Der gläubige Christ engagierte sich in der Pfarrgemeinde seines Heimatorts St. Albans, war die treibende Kraft hinter einem Kirchenneubau und später Diakon, ließ sich 1903 in den Stadtrat wählen und wurde 1905 sogar Bürgermeister des Städtchens nördlich von London. Bloß von Golf war nie die Rede. Ryder war Cricket-Fan – und im Alter von 50 Jahren kurz vor dem Burn-out.
Turnier-Sponsor und Förderer von Professionals
Sein Freund Frank Wheeler wusste Rat: „Du solltest Golf spielen. Da kommst Du an die frische Luft und auf andere Gedanken.“ Gesagt, getan, Ryder kaufte sich ein Lehrbuch des großen Harry Vardon, legte in seinem Garten und auf angrenzendem Gelände ein Übungsloch an, engagierte den Golflehrer John Hill und trainierte ein Jahr lang, bevor er 1910 im örtlichen Verulam Golf Club um Aufnahme bat. Binnen kurzer Zeit spielte Ryder sich auf Handikap sechs runter und saß – was Wunder – alsbald im Vorstand. Nebenbei unterstützte er den Club als Mäzen, war 1911, 1926 und 1927 zudem Kapitän. Also wieder mal mittendrin, statt nur auf Frischluft-Tour.
Beim Golf fand Ryder indes auch einen neuen Verwendungszweck für die Früchte seines geschäftlichen Erfolgs. Ursprünglich wollte er sein Vermögen der Kirche stiften, doch die Golfprofessionals erweckten seine Aufmerksamkeit. Als „Handlanger“ der Clubs und des Amateur-Establishment fristeten sie ein Schattendasein von gesellschaftlich fragwürdigem Status. Also engagierte sich Ryder als Sponsor, unterstützte Profi-Turniere und förderte Professionals. Einer hatte es ihm besonders angetan: Abe Mitchell. Der Engländer gehörte zu den besten Spielern seiner Zeit, gewann im Lauf seiner Karriere 18 Profiturniere und landete acht Mal in den Top Ten der Open Championship.
Internationales Match nach Vorbild des Walker Cups
Von Mitchells Charisma fasziniert, engagierte ihn Ryder als Golfberater. Aber er hatte nicht nur Mitchells Golf-Laufbahn im Sinn: Ryder dachte, analog zum seit 1922 ausgetragenen Walker Cup für Amateure, über ein internationales Match für Berufsgolfer nach, um die Professionals gleichfalls ins Rampenlicht zu rücken. Und Mitchell war sein Verbindungsmann zur britischen PGA und nicht zuletzt zur amerikanischen Profi-Szene um den schillernden Walter Hagen. Ganz nebenbei hatte der Philanthrop, für den Golf „das Beste im Menschen zutage fördert“, noch die Weltrettung im Sinn: „Ich bin überzeugt, dass dieses Match einen herzlichen, freundlichen und friedlichen Einfluss auf die gesamte zivilisierte Welt haben wird.“
Die Silberschmiede Mappin & Webb in Sheffield fertigten für 100 Guineas (das wären heute 127 Euro) den passenden Pokal. Seinen Deckel ziert bekanntlich ein Golfer in Ansprechposition: Es ist Ryders Mentor Abe Mitchell.
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