Der Stargast war ein bisschen müde und erschöpft, gleichwohl aufgeräumt und bester Laune. Eigentlich hatte Sergio García geplant, den Trip nach Europa mit einem Besuch bei seiner Familie in Spanien zu verbinden. Doch die Hurrikans in den USA und das Wetter in Großbritannien machten alle erweiterten Reisepläne zunichte. So kam der Masters-Sieger von 2017 für gerade mal 20 Stunden nach Comporta an die Westküste von Portugal, um auf „seiner“ Baustelle nach dem Rechten zu sehen und das Werden eines Golfplatzes in Augenschein zu nehmen, der zu einem Aushängeschild in einer an erstklassigen Parcours wahrlich nicht armen Region werden soll. „Das wollte Sergio sich auf keinen Fall nehmen lassen; und es zeigt, wie wichtig ihm dieses Projekt ist“, sagt sein Manager, der von den Golf-Übertragungen bei Sky Sports bestens bekannte Irek Myskow.
Dünen, Sandboden und Pinienwälder
Kein Wunder: Der Torre Course ist der erste komplett von García konzipierte Platz, soll zum Alter Ego des im Oktober 2023 eröffneten Dunas Course aus der Feder von David McLay-Kidd werden und das Resort Terras da Comporta mit dann 36 Loch zu einer „einzigartigen Destination in Portugal und zu einem der besten Ensembles dieser Art in Europa machen wird“, postuliert der Profi, den sie einst „El Niño“ nannten, bei der Begrüßung der gleichermaßen zur Inspektionstour geladenen Gäste.
Hinter dem gesamten Projekt steht Vanguard Properties, Portugals größter Immobilienentwickler und Bauträger, der mit den zusammen rund 1.400 Hektar umfassenden Dunas- und Torre-Arealen in den Dünen und Pinienwäldern eine Stunde südlich von Lissabon Großes vorhat und im nächsten Schritt nicht nur Hotels integrieren, sondern auch Grundstücke für Villenbebauung freigeben und mittelfristig die gesamte Infrastruktur eines splendiden Gemeinwesens anbieten will.
Flankenschutz vom langjährigen Olazábal-Vertrauten
Da nimmt man den Stress eines Kurztrips von insgesamt fast 16.000 Kilometern Luftlinie plus Autofahrt an die Küste des Alentejo gern auf sich. Zumal García stolz sein kann auf das, was er und das Team um den Österreicher Matthias Nemes und den ausführenden Architekten Snorri Vilhjalmsson zuwege gebracht haben. Nemes steht mit seiner Firma NCM Network AG (Liechtenstein) seit 25 Jahren hinter allem, was die Handschrift und das Signum von José María Olazábal trägt, und gibt nun auch dessen spanischem Landsmann Flankenschutz im Designbusiness.
„Mir geht es nicht um Quantität. Ich will eher wenige Projekte machen, doch die dann richtig gut, an den richtigen Orten und mit den richtigen Leuten“, sagt García über sein neues Geschäftsfeld. „So gesehen ist es eine großartige Sache, meine erste eigenständige Kreation auf diesem Gelände und mit Vanguard Properties umsetzen zu können, die einen enormen hohen Qualitätsanspruch haben.“
„Alternate Shot“ zum gefeierten Dunas Course
Das Designdebüt überzeugt: Der Torre Course muss sich definitiv nicht hinter dem zurecht gefeierten Dunas-Prachtstück verstecken, mit dem der längst zu den Größen der Branche gezählte Kollege und Sandplatzspezialist McLay-Kidd quasi nebenan die Latte ziemlich hoch gelegt hat. Freilich, García will die beiden Plätze ohnehin nicht miteinander verglichen wissen. „Es braucht doch für so eine Destination den ,alternate shot’, um mal einen Matchplay-Terminus zu gebrauchen“, verdeutlicht der 44-Jährige im Gespräch mit Golf Post. „Man will ja nicht zwei Plätze haben, die ziemlich gleich sind und direkt nebeneinander liegen. Nein, wir wollten etwas ganz anderes machen.“
Kleine Grüns à la Vorbild Valderrama
Das sticht sehr unmittelbar ins Auge. Allein, weil die Grüns mit einer Fläche von durchschnittlich 470 Quadratmetern um ein Vielfaches kleiner sind als die auf dem Dunas Course. Und deutlich weniger onduliert. „So was hat mir schon immer gefallen, und das wollte ich auch umsetzen, wenn ich selbst Plätze entwerfe“, erklärt García, der sich von seiner Lieblingswiese Valderrama inspirieren ließ. „Dafür fallen die Slopes und Breaks sehr moderat aus und die Grüns sind selbst bei Geschwindigkeiten von 14 auf dem Stimpmeter noch spielbar. Ansonsten gäbe es ja kaum genug Fahnenpositionen.“ Im Gegenzug hat er die Fairways breit gehalten, wie es bei Resortkursen üblich ist, und offeriert von jedem der sechs Abschläge pro Loch eine Menge taktischer Möglichkeiten.
Den Platz in die vorhandene Landschaft eingebettet
Vor allem aber ist García nicht dem schlechten Beispiel mancher Architekten gefolgt und mit der Raupe über das im Vergleich zum Dunas Course deutlich offenere und flachere Gelände hergefallen, dessen höchster Punkt das zwölfte Grün mit 27 Metern über dem Meeresspiegel ist. Vielmehr gilt auch für ihn das von Genies aus dem Pantheon der Platzgestaltung wie Albert W. Tillinghast formulierte Credo „Folge den Vorgaben der Natur“: „Wir haben den Platz in die vorhandene Landschaft eingebettet und versucht, so wenig Erdbewegung vorzunehmen wie möglich, um die Natürlichkeit des Geländes zu bewahren.“
Es ist sehr einfach, ein Loch schwierig zu machen – vielleicht, weil man denkt: Oh, wir haben ein Profi-Turnier oder so etwas. Allerdings sollte man sich stets bewusst machen, dass eine Anlage vor allem von den Gästen getragen wird, die in den anderen 50 Wochen des Jahres spielen. Die sollen am Ende der Runde sagen: „Es war herausfordernd, aber schön, und ich kann kaum erwarten, den Platz wieder zu spielen.
Genau das versuchen wir mit unserem Design zu erreichen: Der Kurs soll anspruchsvoll sein, gleichzeitig sollen die Golfer ihn genießen können. Ich mag kleine Grüns, und dafür machen wir die Fairways ein bisschen breiter, so dass sie gut zu treffen sind. Der schwierige Teil kommt dann, wenn es gilt, mit guten Schlägen die Grüns anzuspielen. Am Ende des Tages soll jeder Spaß und die Chance auf Erfolgserlebnisse gehabt haben.“
Sergio García über seine Designphilosophie
39 Bunker und auch sonst viel Sand
Dafür hat man sich der Dienste des renommierten Shapers Conor Walsh versichert, eines Virtuosen von Weltruf mit dem Raupenschild. Und es wurden bis auf den Dränagekies in den Grüns und die Beregnungsanlage ausschließlich indigene Materialien verbaut beziehungsweise zur Gestaltung des Umfelds eingesetzt. Das Ergebnis sind 63,5 Hektar Golfvergnügen mit einer Maximallänge von 6.650 Metern (Par 72), die von ausgedehnten Naturflächen und Waste Areas gerahmt und mit 39 Bunkern bestückt sind. Kurz: Sandkastenspiele mit Sergio.