Sebastian Rühl im Gespräch mit Golf Post:
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"Er ist sehr anspruchsvoll", erinnert sich Bundesliga-Spielerin Jana Kohlhammer, die in der Vergangenheit mit Mädchen-Bundestrainer Sebastian Rühl trainierte. Was er über sich selbst sagt, bestätigt diesen Eindruck:
"Jeder Golfer ist ein bisschen golfverrückt", so Rühl. "Und jeder kennt die ganz Verrückten: Die spielen bei Gewitter, stehen im Schneesturm auf dem Putting-Grün und haben zu Hause überall Divots im Teppich. Oliver Heuler (Golflehrer im Golf- & Country Club Fleesensee und Rühls ehemaliger Arbeitgeber, Anm. d. Red.) meint, im Vergleich zu mir wären das alles nur mäßig Gestörte."
Verrückt nach Golf, so sieht sich der 30-jährige Rühl, der bereits mit Golf begann, als er gerade mal sechs Jahre alt war.
Vom Ball-Dieb zum Profi-Trainer
Zum Golfsport ist der heutige Bundestrainer durch eine zufällige Begegnung gekommen. Als er sechs Jahre alt war, so erzählt Sebastian Rühl, mieteten seine Eltern, selbst keine Golfer, ein Haus in direkter Nähe zu einer Spielbahn. Das Fairway habe ein wenig erhöht gelegen, sodass vom Abschlag aus nicht zu sehen war, wo der Ball hinflog. Das nutzte der Junge aus und stibitzte die Golfbälle vom Rasen. Nach den zwei Urlaubswochen hatte er schon etwa 100 Golfbälle zusammen, aber noch kein einziges Mal abgeschlagen. Trotzdem war seine Neugier geweckt.
Im selben Urlaub noch lernte er drei junge Engländer kennen, die ebenfalls mit ihrer Familie dort Ferien machten und die alle drei bereits Golfer waren. Die Eltern der drei nahmen Rühl mit auf die Driving Range. Von diesem Tag an sprach er von nichts anderem mehr, bis seine Eltern sich schließlich bereiterklärten, eine Jugendmitgliedschaft im nahe gelegenen Golfclub Schloss Braunfels für ihn abzuschließen: "Das war irgendwie ein kleiner Wink mit dem Schicksal für meine weitere Karriere - ab da war Golf dann eigentlich nicht mehr wegzudenken", sagt er über den Urlaub in Frankreich vor fast 24 Jahren. Seither bildet Golf den Mittelpunkt in Rühls Sportlerleben.
Früh übt sich, was mal Profi werden will
Während andere noch in ihren Mittzwanzigern mit der Entscheidung hadern, welchen Karriereweg sie einschlagen wollen, sei für Sebastian Rühl schon "mit neun oder zehn Jahren" klar gewesen, was er mal werden wollte: Golfprofessional. "Meine Eltern dachten, das wäre nur eine kurze Phase, so wie Feuerwehrmann oder Pilot. Aber diese "kurze Phase" zog sich eigentlich mein ganzes Leben lang hin", sagt er. Er las Golfmagazine, schnitt Trainigstipps aus und erstellte daraus seine ersten Trainingshandbücher - die er prompt an seinen Mannschaftskameraden ausprobierte, "mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg". Diese stete Fortbildung hat ihm schnell die nötige Aufmerksamkeit gebracht: Mit 29 Jahren schon wurde der vorige Co-Trainer von Stephan Morales zum neuen Bundestrainer der Mädchen ernannt, als Morales 2012 zum neuen Trainer der Damen avancierte.
Seine "Mädels" sieht der gebürtige Marburger mindestens alle zwei Wochen. Dazwischen wird telefoniert oder via Chat kommuniziert. Zwar legt er bei den Mädchen Wert auf "das Gefühl für Kompetiton", unter den internationalen Coaches aber ist der Austausch eher kollegial statt konkurrierend. So unterhält sich Rühl beispielsweise mit der schwedischen Kollegin über Trainingsprogramme oder arrangiert mit dem italienischen Nationaltrainer ein Länderspiel Deutschland-Italien, um die Wettkampfsituation schon einmal nachzustellen, bevor es für die Mannschaft wirklich ernst wird.