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Solheim Cup: Großes Kino, tolle Eigenwerbung der Damen – nur eine Frage bleibt

26. Sep. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Foto: Getty)

(Foto: Getty)

Das war knapp: Im vorletzten Flight machte Europa den entscheidenden Punkt; ausgerechnet die Spanierin Carlota Ciganda sicherte den Gastgeberinnen auf heimischem Boden, vor heimischem Publikum das erste Unentschieden in der Geschichte des Solheim Cup. Es ist eine Geschichte, wie sie der Sport gern liefert: Die Lokalmatadorin avanciert – nicht zuletzt dank einer blitzsauberen Ergebnisstrecke von vier gewonnenen Punkten – zur Heroine. Und die Kristallvase bleibt damit für einen dritten Zyklus bei einer der beiden Parteien, ebenfalls das erste Mal in der Historie des Kontinentalduells der Damen.

0:4-Auftakt als „Weckruf“

Nach einem desaströsen 0:4-Start bei den Foursomes am Freitagmorgen, den Teamchefin Suzann Pettersen als „Weckruf“ bezeichnete; nach durchwachsenen Leistungen eigentlicher Hoffnungsträger war dieses 14:14 dank eines letztlichen 8:8 aus den Vierern und den ebenfalls mit 6:6 geteilten Einzeln das Beste, was man für Europa erhoffen konnte. Und es brauchte die eher unbesungene Heldin Caroline Hedwall, den Captain’s Pick, die zuvor bloß am Samstagnachmittag im Vierball mit Anna Nordqvist zum Einsatz kam – und verlor –, um überhaupt den Weg für Cigandas Clou zu ebnen, die im Match mit Nelly Korda ihr anfängliches Momentum eigentlich abgegeben hatte.

Thompson kratzbürstige Antwort auf die Shank-Frage

Die Schwedin lag gegen Ally Ewing 3 down bei sechs noch zu spielenden Löchern, spielte dann fünf Birdies und brachte Europa überhaupt erst in Schlagdistanz. Auch das eine besondere Story: Matchplay halt. Die letzte Partie zwischen Emily Pedersen und der wiedererstarkten US-Ikone Lexi Thompson war somit bedeutungslos. Thompson gewann 2:1 und machte damit den dritten Punkt aus vier Starts, gehörte mit der unerschütterlichen und unbesiegten Megan Khang (3,5 Punkte), Allisen Corpuz sowie dem Wildcard-Rookie Cheyenne Knight zu Amerikas Aktivposten.

Ansonsten fiel die 28-Jährige auf, weil sie in der Pressekonferenz am Freitagabend kratzbürstig und äußerst pikiert auf die völlig legitime Journalistenfrage nach ihrem Shank am Schlussgrün reagiert hatte, durch den sie und Lilian Vu den Vierball gegen Leona Maguire und Georgia Hall noch abgegeben hatten. Womit auch diese Chronistenpflicht erledigt wäre.

Es ist nach solchen Partien Usus, die Protagonisten einzeln unter die Lupe zu nehmen, weitere Aktivposten neben Ciganda und Hedwall herauszustreichen. Beispielsweise Leona Maguire, die alle fünf Partien spielte, drei eminent wichtige Punkte holte, lediglich mit der in den Vierern erstaunlich unsouveränen Nordqvist strauchelte und im Team Room zurecht als „The Biest“ tituliert wird.

Grant und Stark mit Ruhe, Nervenstärke, Kampfgeist

Überdies das Rookie-Duo Linn Grant und Maja Stark, die von der Gefühls-Kapitänin Pettersen, die sich im Gegensatz zu Gegenüber Stacy Lewis wenig um Statistiken und Analysen schert, am Donnerstagmorgen überraschend gemeinsam ins kalte Wasser des ersten Solheim-Cup-Auftritts geworfen worden waren. Die beiden Schwedinnen erwischen zwar einen Fehlstart, den sie nicht mehr wettmachen konnten, bewiesen indes als Paar wie auch einzeln Ruhe, Nervenstärke sowie Kampfgeist und sind eindeutig als Zugewinn zu verbuchen.


„Der Solheim Cup ist eine komplett andere Veranstaltung. Es geht um Energie, Adrenalin und Momentum. Jede meiner Spielerinnen hat derart auf Einsätze gebrannt, dass ich buchstäblich Münzen werfen musste, um die Paarungen auszuwählen. Aber es hat ja ganz gut geklappt.“

Europas Kapitänin Suzann Pettersen


Gleichermaßen müssen Fragen erlaubt sein. Zum Beispiel, was mit Céline Boutier los war, die als Majorsiegerin und bestplatzierte Europäerin in der Weltrangliste (Nummer 5) mit drei Niederlagen ein Komplettausfall war? Wie es um die Gefühlslage von Georgia Hall bestellt war, die am Sonntag mit einem Drei-Putt auf der 17 einen schon sicheren Punkt noch mit Andrea Lee teilen musste und von Hedwall und Ciganda garantiert aus einem Tal der Tränen geholt wurde? Oder ob Charley Hulls magerer Punkt aus drei Einsätzen hauptsächlich ihren Nackenbeschwerden geschuldet war?

Selbst die USA fühlten sich als Gewinnerinnen

Wie auch immer: Unbenommen einzelner Bilanzen hat niemand diese denkwürdige 18. Ausgabe des Solheim Cup verloren. Aber wer ist Gewinner? Der Damengolfsport auf jeden Fall, weil das Geschehen in Finca Cortesin beste Eigenwerbung war. Die Europäerinnen wohl auch, weil sie in Andalusien letztlich das bessere Ende für sich hatten, nämlich die Kristallvase behalten durften. Und die USA irgendwie ebenso, weil man aus zwei Niederlagen kam (13:15 in Inverness 2021, 13,5:14,5 in Gleneagles 2019) und auswärts ein Remis geschafft hat.

Bloß einen echten, einen ergebnismäßigen Sieger gab es nicht. Diese Frage bleibt unbeantwortet. Und so vertieften sich bei der Abschlussfeier die US-Kapitänin Stacy Lewis und LPGA-Commissioner Molly Marcoux Samaan als „erste Leidtragende“ des Reglements, dass bei Unentschieden der Titelverteidiger die Trophäe behalten darf, in einen interessanten Austausch: Wie wäre es denn bei einem Remis mit einem Play-off, um einen wirklichen Triumphator zu ermitteln? „Es wäre natürlich ein besseres TV-Erlebnis, und besser für die Fans“, sagte Lewis anschließend. „Oder man bleibt bei der Tradition und belässt alles, wie es ist. Ehrlich gesagt bin ich diesbezüglich unschlüssig.“

Damit wurde eine interessante Diskussion angezettelt, die seither in den sozialen Medien geführt wird. Der Solheim Cup sei ebenso wie der Ryder Cup eine „Exhibition“, brauche keinen zahlenbasierten Gewinner, sagen die einen. Einen unbefriedigenden Ausgang ohne letztliche Entscheidung beklagen die anderen und führen sonstige große Sportevents an, die allesamt notfalls per Play-off, Verlängerung oder Sudden Death entschieden werden.“

Woods gegen Els beim Presidents Cup 2003

Der Presidents Cup hatte übrigens bis 2005 eine Play-off-Regelung im Remis-Fall. Vor dem ersten Drive bestimmten die jeweiligen Kapitäne insgeheim einen ihrer Spieler für den Sudden-Death-Showdown. Die Namen kamen in einen versiegelten Umschlag, der lediglich bei Bedarf geöffnet wurde. Das war nur ein Mal der Fall: 2003 in Südafrika. Die Kombattanten hießen Tiger Woods und Ernie Els, seinerzeit Nummer eins und zwei der Welt.

Woods nannte es damals „die nervenaufreibendste Erfahrung“, die man im Golf machen könne. Er sagte aber auch: „Es hat niemandem gefallen, dass zwei Spieler über das Schicksal des gesamten Teams entscheiden sollten. Immerhin waren wir bei einem Mannschaftswettbewerb. Dann will man auch als Team gewinnen oder verlieren.“ Freilich, nach drei Löchern gab’s weiterhin keinen Sieger, allerdings kaum noch Tageslicht. Daraufhin einigten sich die Kapitäne Jack Nicklaus und Gary Player per Handschlag auf ein Unentschieden.

Maguire vs. Khang? Oder die Kapitäninnen?

Man stelle sich vor, in Finca Cortesin hätten die besten Punktelieferanten beider Seiten den Solheim Cup final ausgespielt: Leona Maguire vs. Megan Khang. Was für ein Duell wäre das gewesen! Oder die Kapitänninen greifen selbst noch mal zum Schläger und tragen es aus. Dafür plädiert sogar die dreimalige US-Teamchefin Juli Inkster. Oder beide Teams spielen ein Par-3-Loch und die Gesamtzahl der Schläge zählt. Oder Zwei gegen Zwei in einem Sudden-Death-Fourball. Oder oder oder. Man wird ja noch mal träumen dürfen.

Nein, Spaß beiseite. Dieser Solheim Cup war auch ohne künstlich addierte Dramaturgie an golferischer Klasse und mitreißender Spannung nicht zu überbieten. Wie sagte Europas Rookie Gemma Dryburgh: „Nach alldem hier wird jedes normale Turnier stinklangweilig sein.“ Gut, dass die Damen sich schon kommendes Jahr wieder zum Kristallvasen-Duell treffen.

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