Wenn ein „Lefty“ führt… Nein, nicht Phil Mickelson ist gemeint, sondern Brian Harman. Der knapp 1,74 Meter große und 30 Jahre alt Profi aus Georgia, mit Drives von rund 262 Metern alles andere als ein Longhitter, spielte sich mit 67 Schlägen im Schatten von Justin Thomas‘ historischer Runde an die Spitze dieser 117. „Offenen Amerikanischen“. Der Gewinner der Wells Fargo-Championship und Weltranglisten-50., der erst seine dritte US Open bestreitet und 2012 im Olympic Club sowie 2015 in Chambers Bay jeweils den Cut verpasst hatte, wäre auch der erste linkshändige Sieger in der Geschichte des USGA-Majors.
Aber ohnehin gibt es eine Menge Verfolger, die Jagd auf das Rekord-Siegerpreisgeld von 2,16 Millionen US-Dollar machen wollen. 15 Spieler allein, die ebenso wie Harman darauf erpicht sind, ihr erstes Major zu gewinnen. Insgesamt 16 Akteure liegen innerhalb von sechs Schlägen. Ob Erin Hills angesichts der heute zu erwartenden Witterungsbedingungen indes erneut tiefe Scores zulässt, ist fraglich. Ziemlich sicher wird es wohl einen Erstsieger geben, wie schon bei den vergangenen sechs Majors.
Entthronter Johnny Miller mäkelt an Rekordrunde
Schlechter Verlierer: Kaum war die von Flightpartner Jonathan Randolph etwas eingerissene Scorekarte mit der US-Open-Fabelrunde von Justin Thomas abgeheftet, da meldete sich der entthronte bisherige Rekordhalter: „Mit diesem Set-up ist Erin Hills ja kein echter US-Open-Kurs“, mäkelte Johnny Miller, der 1973 in Oakmont mit einer finalen 8-unter-Par (63 Schläge) gewonnen hatte.
Off the green
Putting while not facing the hole
Third birdie of the day
Nice, @JustinThomas34. #USOpen https://t.co/5jCkAalsuW
— U.S. Open (USGA) (@usopengolf) 17. Juni 2017
Während Thomas übrigens seinen zweiten Schlag auf der 18 mit dem Holz 3 zur Eagle-Lage als Schuss des Tages bezeichnete, sei an das einfach nur verrückte Birdie auf der Fünf erinnert. Ohne diesen Putt im 90 Grad Winkel wäre die neun unter Par auch nicht möglich gewesen, übrigens die 31. Runde von 63 Schlägen in einem Herren-Major. Was der 24-Jährige aus Kentucky mit anderen Schlaggeräten anzustellen vermag, zeigen wir ebenfalls gern noch mal:
Tommy Fleetwood mit bestem Freund an der Tasche
Fahnenträger: Tommy Fleetwood ist der einzige Europäer in den Top 13 dieser US Open, und der 26-jährige Engländer mit dem von der Kappe gebändigten langen Haar darf bei einem Schlag Rückstand zurecht vom ersten Majorsieg träumen. Ausgemalt hat er sich den US-Open-Triumph schon öfter, „aber jede Nacht daran zu denken, ist wenig hilfreich“. Und heute? „Der Versuch, am Sonntag ein Major zu gewinnen, wird einfach ein Vergnügen sein“, sagt Fleetwood. Zumal er mit Ian Finnis seit 2016 wieder einen Kumpel fast aus Kindertagen an der Tasche hat.
Fleetwood und der zehn Jahre ältere Finnis sind seit 17 Jahren befreundet, waren schon ein Team, als Fleetwood 2010 British-Amateur-Champion wurde: „Mit einem deiner besten Freunde bei einem Major vom 72. Grün zu gehen, ist allein schon großartig, egal, ob du eine 65 oder eine 85 gespielt hast.“
Paul Casey und Hideki Matsuyama unter ferner liefen
Suchaufgabe: Wo sind eigentlich Zweitrunden-„Stehaufmännchen“ Paul Casey und Hideki Matsuyama, als OWGR-Vierter der weltbeste Spieler ohne Major, abgeblieben? Casey handelte sich am Samstag beim Kampf mit dem Rough erneut ein Triplebogey ein, diesmal auf Loch 3, spielte noch zwei Bogeys und bloß zwei Birdies, stürzte damit auf den geteilten 17. Platz ab. Matsuyama, der am Freitag noch mit seiner Runde von sieben unter Par für Aufsehen gesorgt hatte, unterschrieb nach vier Birdies und drei Bogeys eine 71 (T14). Für die Schlagzeilen sorgten am „Moving Day“ andere...
Patrick Reed: Vom Ryder-Cup-Beinkleid beflügelt
Kraft durch Hose: Und dann ist da noch Patrick Reed, selbsternannter Top-5-Spieler der Welt, „Captain America“ seit dem Ryder Cup in Hazeltine und Star der Porsche European Open Ende Juli auf den Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe). Es lief dieses Jahr nicht gut für den 26-Jährigen, vor der US Open reichte es bei 18 Starts gerade mal für einen Top-10-Platz. Doch gestern lief Reed, der in den vergangenen vier Jahren jedes Mal mindestens ein Turnier gewonnen hat, richtig heiß und nutzte den „Moving Day“ mit einer 65er Runde zum Sprung auf T7, vier Schläge hinter der Spitze.
Vielleicht lag‘s ja am Outfit. Reed hatte für Erin Hills seine Ryder-Cup-Hosen eingepackt: „Ich dachte mir, es es könnt eine gute Woche für rot-weiß-blau sein. Blöd nur, dass ich damit erst Samstag angefangen habe.“
Patrick Reed wearing his Ryder Cup pants today. Literally. pic.twitter.com/0yNO4GCCDj
— Luke Kerr-Dineen (@LukeKerrDineen) 17. Juni 2017
Niedrigste Quote für Justin Thomas und Rickie Fowler
„Bookies“ Lieblinge: Brian Harman mag vor der Finalrunde in Erin Hills auf dem Leaderboard ganz oben stehen, die Buchmacher aber sehen den Kanadier nicht als US-Open-Champion 2017. In den Wettbüros rangieren der zweitplatzierte Justin Thomas und nach wie vor Rickie Fowler als Fünfter (-10) mit 7:2 auf dem Spitzenplatz, gefolgt von Brooks Koepka bei 4:1. Dann kommt Harman (11:2) vor Tommy Fleetwood (15:2) und Players-Sieger Si Woo Kim (15:1). Dahinter erst rangiert Patrick Reed mit 25:1.
Stewart Cink: Finale mehr als nur Hochzeitstag
Besonderes Datum: US-Open-Sonntag heißt stets auch Vatertag in den USA. Und Hochzeitstag von Stewart Cink und seiner Frau Lisa, der 24. mittlerweile. Für das Paar aus Georgia hat dieser heutige Tag freilich noch eine besondere Bedeutung. Diese US Open, Cinks erste nach zwei Jahren Abstinenz, ist eng mit dem Gesundheitszustand von Lisa Cink verbunden, bei der im April Brustkrebs diagnostiziert worden war. „Sie hat alle Therapien gut überstanden“, sagt Cink, der 2009 in Turnberry in einem denkwürdigen Duell mit dem damals 59-jährigen Tom Watson die British Open gewann: „Ich bin sehr dankbar, dass Lisa auch heute und hier bei mir sein kann.“
Rory McIlroy und Steve Elkington in der zweiten Runde
Nachgelegt: Die Twitter-Fehde zwischen Rory McIlroy und Steve Elkington ist noch nicht zu Ende. Erst warf der PGA Champion von 1995 dem am Cut gescheiterten US-Open-Mitfavoriten vor, mit 100 Millionen Dollar auf dem Konto sei er wohl zu satt für Golf, was „Rors“ mit dem Hinweis konterte, es seien 200 Millionen Dollar und wo das Geld hergekommen sei, da gebe es noch mehr. Dann legte Elkington nach: McIlroy sei ein „Money Guy“, über Geld rede man nicht. Jack Nicklaus habe 18 Majors gewonnen und damals auch nie über sein Vermögen von fünf Millionen Dollar gesprochen. McIlroy erwies sich erneut als schlagfertig: „Deswegen musste Jack auch Hunderte von Golfkursen designen.“
That's why jack designed 100's of golf courses... and it's knew... mustn't have taught grammar in the 50's....
— Rory McIlroy (@McIlroyRory) 17. Juni 2017
Louis Oosthuizen tauscht Bart gegen Score
Zum Schluss: Bart ab und schon klappt‘s mit dem Score. Ein vollbärtiger Louis Oosthuizen brauchte zum Auftakt in Erin Hills 74 Schläge, schnappte sich anschließend den Rasier und rückte dem dichten Haarwuchs zu Leibe. „Mit Bart war mir zu warm, das hat genervt und musste weg“, sagte der Südafrikaner. Derart „gesichtsbereinigt“ spielte Oosthuizen, British-Open-Sieger von 2010, auch saubere Ergebnisse: Mit einer 70 rettete er sich ins Wochenende, am „Moving Day“ ließ er eine 68 folgen und ist mit -4 auf T17 der bestplatzierte Majorsieger im US-Open-Feld.