Profisport Herren

Krisengespräche mit Martin Kaymer: „Wir müssen an das große Ganze denken“

03. Apr. 2020 in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Community Artikel

Martin Kaymer im Interview mit Golf Post über die Coronavirus-Krise im Profi-Golf.

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Martin Kaymer ist aktuell Deutschland erfolgreichster Profi-Golfer. Auf der European Tour startete er mit einigen guten Ergebnissen in die neue Saison, bevor diese aufgrund des Coronavirus unterbrochen werden musste. Im Interview mit Golf Post berichtet er, wie er die turnierfreie Zeit nutzt.

Martin Kaymer im Interview zur Corona-Krise

Golf Post: Wie geht es dir?

Martin Kaymer: Den Umständen entsprechend sehr gut! Ich bin seit meinem letzten Turnier in Qatar zu Hause in Düsseldorf, habe keinerlei Symptome und kann mich um Dinge kümmern, die sonst immer liegen geblieben sind.

Golf Post: Wie sieht dein Alltag momentan aus?

Martin Kaymer: Am Tagesablauf an sich hat sich nicht viel geändert, bis auf die Tatsache, dass ich versuche, alles zu Hause zu erledigen. Mein morgendlicher Gang zum Kaffeeröster meines Vertrauens fällt beispielsweise aus, auch das Fitnessstudio oder Training auf dem Golfplatz. Aber alles in allem habe ich keine Probleme, ich denke vielmehr an die Menschen, die es im Moment wirklich schwer haben.

Golf Post: Wie trainierst du? Trainierst du überhaupt noch?

Martin Kaymer: Ich mache im Moment sehr viel Kraft- und Ausdauertraining, dazu arbeite ich an der Mobilität. Ich habe eigentlich alles zu Hause, was ich benötige, um an meiner Fitness zu arbeiten und am Rhein laufen gehen ist ja auch erlaubt. Außerdem habe ich mir schon vor einiger Zeit die Möglichkeit geschaffen, Indoor mit Puttview, TrackMan und Simulator zu trainieren.

Golf Post: Wie hältst du deine Motivation hoch?

Martin Kaymer: Ich glaube im Moment gibt es Wichtigeres, als die Motivation so hoch wie möglich zu halten. Niemand weiß, wann es weitergeht und wie dann die globale Lage ist. Insofern schaue ich, dass ich bestmöglich in Form bleibe, viel lese und auch vom Kopf her einfach mal runterkomme. Sobald feststeht, wann es weiter geht, werde ich nicht lange brauchen, um top motiviert in die dann anstehenden Turniere zu gehen.

Golf Post: Wie ist die Informationspolitik der Tour? Fühlst du dich gut informiert?

Martin Kaymer: Sehr gut. Wir bekommen nahezu täglich Updates und haben Kontaktmöglichkeiten, wenn Fragen offen sind.

Golf Post: Siehst du die Tour in Gefahr, finanziell zu überleben? Wird die Tour nach Corona dieselbe sein?

Martin Kaymer: Wenn der Zeitraum überschaubar bleibt, glaube ich nicht, dass die Touren in größere Probleme geraten. Mit Sicherheit werden einige Turniere in der näheren Zukunft etwas kleiner ausfallen, aber das wird für Niemanden ein Problem sein.

Golf Post: Wie war das Gefühl auf deinen letzten Turnierreisen? War Unsicherheit dabei?

Martin Kaymer: Unsicherheit war keine dabei, da auch die European Tour im ständigen Austausch mit den zuständigen Gesundheitsbehörden gestand. Ich persönlich habe auf meinen Reisen und bei Flughafenaufenthalten immer Desinfektionsgel dabei. Das habe ich, als die ersten Berichte über Corona aufgekommen sind, etwas öfter benutzt.

Golf Post: Viele Golfer haben sich über die Schließung von Golfplätzen beschwert. Wie ist deine Meinung dazu?

Martin Kaymer: Ich kann einerseits irgendwo verstehen, dass Golfspieler den Sinn einer Schließung der Plätze und Driving Ranges in Frage stellen, wenn beispielsweise Spazierengehen erlaubt ist, da es gewisse Ähnlichkeiten gibt. Schlussendlich geht es aber nicht darum, sein eigenes Empfinden in den Vordergrund zu stellen, sondern darum, solidarisch zu sein und an das große Ganze zu denken. Wenn alle Sport- und Spielstätten geschlossen sind, um die reale Gefahr einer Ansteckung einzugrenzen, haben auch wir als Golfer uns daran zu halten. Da gibt es keine zwei Meinungen, da ja auch ein Großteil der Golfspieler zur Risikogruppe gehört.

Seit Jahren versuchen wir, das Image des Golfsports in Deutschland zu verbessern und weg vom Elitären oder Besonderen zu kommen. Wenn jetzt Ausnahmen für Golfplätze beantragt werden, ist die ganze Arbeit der letzten Jahre umsonst gewesen und es würde zu Recht davon gesprochen werden, dass allgemeine, mittlerweile sogar bundesweite, Regeln für Golfspieler anscheinend nicht gelten. Da würden wir für unseren Sport unheimlich viel kaputt machen.

Golf Post: Wie schnell wird für einen Golfprofi die Lage existenziell? Besonders für Spieler, die vielleicht zwischen Touren, wie European und Challenge Tour tingeln oder jedes Jahr um ihre Karte kämpfen?

Martin Kaymer: Das kommt immer auf den Einzelnen an. Ich habe zum Beispiel von Beginn an, ab der Pro Golf Tour und auf der Challenge Tour, versucht, immer etwas zurück zu legen für den Fall, dass es ein paar Monate nicht so laufen sollte. Deswegen ist das für mich, ehrlich gesagt, schwierig zu beurteilen. Natürlich fallen Preisgelder weg, andererseits hat man auch nahezu keine Flug- und Hotelkosten mehr. Gerade diese Kosten machen auf den Touren unterhalb der European Tour oft den größten Teil aus.

Golf Post: Wie sehr war Corona Thema unter deinen Kollegen? Hat man es ernst genommen?

Martin Kaymer: Wir haben es zum ersten Mal im Oman so wirklich mitbekommen, als zwei italienische Spieler in Quarantäne gesetzt wurden. Wir sind aber von der European Tour immer sehr gut auf dem Laufenden gehalten und informiert worden, so dass niemand das Virus auf die leichte Schulter nehmen konnte. Wir hatten beispielsweise in jedem Raum im Clubhaus und an jedem Abschlag auf dem Platz einen Spender mit Desinfektionsmittel.

Golf Post: Was sagst du zu der Verschiebung der Olympischen Spiele? Wärst du hingeflogen?

Martin Kaymer: Ich begrüße diese Entscheidung sehr, sie war eigentlich überfällig. Wenn man das große Ganze betrachtet, was in der Welt zur Zeit los ist, sollte man sich auf andere Dinge konzentrieren, als das größte Sport-Event der Welt auszurichten.

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