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Das Biest Bethpage Black: „Es schickt dich heim als geprügelten Hund“

15. Mai. 2019 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Die Schwierigkeit des Bethpage Black ist bekannt. (Foto: Getty)

Die Schwierigkeit des Bethpage Black ist bekannt. (Foto: Getty)

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Die Experten sind sich einig, jedenfalls die in den amerikanischen Medien: Einer der „langen Kerls“ wird diese 101. PGA Championship, die erste jemals im Wonnemonat Mai, gewinnen, einer aus der Longhitter-Riege um Dustin Johnson, Rory McIlroy und Titelverteidiger Brooks Koepka. Wenngleich Tiger Woods dank des Hypes um seinen Masters-Sieg und das 15. Major nach wie vor die Favoritenrolle inne hat. Bei der traditionellen Long Drive Competition hat Max Homa schon mal vorgelegt. Der frisch gekürte „Wells-Fargo“-Sieger hämmerte am Dienstag einen 290-Meter-Drive aufs 16. Fairway und zeigte damit, wo es lang geht auf dem Biest Bethpage Black.

Der „Schwarze“, einer von fünf Kursen im Bethpage State Park auf Long Island vor den Toren von New York und im Besitz des US-Bundesstaats New York, gilt als schwierigster öffentlicher Platz der Welt. So anspruchsvoll, dass am Zaun hinter dem ersten Tee sogar per Schild darauf hingewiesen wird: WARNING The Black Course Is An Extremely Difficult Course Which We Recommend Only For Highly Skilled Golfers. Wer‘s freilich bis dahin geschafft hat, allen Widrigkeiten bei der Buchung eines Green Fee zum Trotz, wird sich davon gewiss nicht mehr abhalten lassen. Ohnehin gilt vermutlich die ganze Aufmerksamkeit dem beeindruckenden, fast dramatischen Auf und Ab, das sich vor dem Wagemutigen erstreckt. Und der schmalen Fairway-Zunge, die es zum Auftakt hangabwärts zu treffen gilt.

Fieses Festuca und 3,2 Hektar Bunker-Fläche

Eine Übung übrigens, die der Golfer wohlweislich sämtliche 18 Loch lang beherzigt. Das Festuca-Rough von Bethpage Plack ist zäh wie flüssiger Teer, der Pitch querab zurück aufs Fairway bei verirrten Abschlägen folglich ein probates Mittel, freilich mit voller Wucht ausgeführt. Das nächste Problem sind die Bunker, 78 an der Zahl, mit einer Gesamtfläche von mehr als 3,2 Hektar. Es sind nicht ungewöhnlich viele, aber allerorten in massiver Form genau dort platziert, wo‘s richtig weh tut.

Präzise Abschläge sind also gefordert, und die meist mit dem streuanfälligen Driver, ausgenommen die Löcher 2, 6 und 11. Denn bei alledem ist Bethpage Black, wiewohl ausgesprochen fair und ehrlich, ohne miese Design-Tricks oder optische Täuschungen, auch noch schrecklich lang, 6.829 Meter insgesamt – was von den hügeligen Konturen des Geländes verschärft wird.

Brutale Par-4-Bahnen und knifflige Grüns

Vor allem die Par-4-Bahnen haben es in sich: Die 7 mit 479 Metern beispielsweise, die 10 mit 459 Metern, die 12 mit 471 Metern, dazu die 15 mit gut 420 Metern, allerdings bergauf, und die 16 mit 448 Metern, beide sowieso Bestandteile der wahrhaft brutalen Schlussstrecke. Ein Bomber-Kurs eben, der gleichsam dennoch Feinmechanik erfordert. Zumal auf den weitläufigen Grüns, die zwar bis auf wenige Ausnahmen kaum onduliert sind, aber ziemlich subtile Breaks haben, schwierig zu lesen sind und gerade Putts aus zweieinhalb bis dreieinhalb Metern zu äußerst kniffligen Aufgaben werden lassen.

„Bethpage Black“, schrieb mal ein Scratch-Golfer, der den Platz zig-mal gespielt hat, „wird dich sehr wahrscheinlich wie einen geprügelten Hund nach Hause schicken, jaulend und mit eingekniffenem Schwanz.“ Bei einem Par von 70 oder 71, je nach Konfiguration von Loch 7 (480 oder 505 Meter) vom Championship-Tee stehen ein Course Rating von 77,5 und ein Slope von 155 von Blau zu Buche, dem hintersten Abschlag für Hobby-Golfer. Das sagt alles. Jetzt bei der PGA Championship wird Bethpage Black als Par 70 gespielt.

 

Der große Tillinghast und ein No-Name-Architekt

Und wer hat‘s gebaut? Der berühmte A. W. Tillinghast, einer aus dem goldenen Zeitalter der amerikanische Golfplatz-Architektur. 1936 kam „Tilly“ nach New York, um für den Unternehmer Robert Moses auf dem Gelände des Lenox Hills Country Club, mit 70.000 Golfrunden im Jahr bereits damals ein Publikumsmagnet, den „People‘s Country Club“ zu konzipieren, der von der US-Regierung im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsprogramme nach der „Great Depression“ kräftig gefördert wurde. Bethpage Red und Bethpage Blue gehen ebenfalls aufs Konto des großen Manns.

Es gibt allerdings Quellen, die wissen wollen, das der wahre Macher von Bethpage Black ein Gartenbau-Ingenieur namens Joe Burbeck war, und Tillinghast – belastet von finanziellen Problemen durch Fehlinvestitionen und gezeichnet von zuviel Alkohol – von nur als Berater verpflichtet wurde, um mit den klangvollen Namen des Schöpfers solcher Meisterwerke wie Winged Foot, Baltusrol oder dem San Francisco Golf Club die Presse zu beeindrucken und die Golfer aus New York zu animieren.

Großer Zuspruch, überstrapazierter Platz

Das hat ziemlich gut geklappt: Am 5. Juli 1954 beispielsweise wurde auf den damaligen vier Plätzen des Bethpage State Parks die Rekordzahl von 1.619 Runden gespielt, an einem einzigen Tag! Ein anderes Beispiel: Im Jahr 1957 waren es auf „Blue“, „Red“, „Green“ und vor allem auf dem „Black“ summa summarum knapp 216.000 Golfrunden. Noch heute werden auf den mittlerweile fünf Plätzen des Parks jährlich rund 200.000 Runden absolviert; Bethpage ist damit nach wie vor Amerikas größter Golf-Komplex in öffentlicher Hand.

Indes machte dieser Zuspruch im Lauf der Jahrzehnte gerade aus Bethpage Black, das ob seiner Schwierigkeit erst recht die Masochisten unter den Golfern in Scharen anlockte – sind wir das nicht alle ein bisschen? –, ein ziemlich abgelatschtes, überstrapaziertes Geläuf. Wenn täglich aberhunderte Spieler ab den frühen Morgenstunde die Fairways bevölkern, kommt selbst das beste Greenkeeping kaum noch hinterher. Der Nimbus jedoch blieb.

Erster kommunaler US-Open-Platz

Und irgendwann rückte Bethpage Black in den Fokus des visionären USGA-Manns David Fay, der den Parcours auserkor, mit der US Open von 2002 als erster echter öffentlicher Jedermann-Kurs zur Bühne einer „Offenen Amerikanischen“ zu avancieren. Zuvor aber musste Bethpage Black auf Open-Anspruch getrimmt werden.

Das übernahm Star-Architekt Rees Jones, der „eine schäbige kommunale Wiese in eine rigorose Herausforderung sondergleichen transformierte“, wie es im Vorwort des lesenswerten Buchs „Open“ heißt, das der amerikanische Golfautor John Feinstein der fast wundersamen Wandlung von Bethpage Black gewidmet hat, das 2009 erneut eine US Open ausrichtete und 2024 Schauplatz des Ryder Cup sein wird.

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