Golf in Deutschland

Claus Kobold: „Warum haben über 55.000 Menschen die Golfclubs verlassen?“

18. Jan. 2024 in Stuttgart, Deutschland

Claus Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbandes. (Foto: DGV)

Claus Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbandes. (Foto: DGV)

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Claus Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbands (DGV), gibt im Gespräch mit Golf Post Einblicke in die aktuelle Lage und zukünftige Perspektiven des Golfsports in Deutschland. Dabei werden Themen wie die Mitgliederentwicklung beleuchtet, welchen Herausforderungen sich die Golfanlagen stellen müssen und wie groß beispielsweise die Rolle der Nachhaltigkeit ist.

Deutscher Golf Verband: Präsident Claus Kobold im Interview

Golf Post: Herzlich willkommen! Ich sitze hier in Stuttgart beim Jahresauftakt des DGV mit Herrn Kobold. Ein spannendes Jahr 2024 steht bevor. Wie sehen Sie das kommende Jahr? Sind die Olympischen Spiele in Europa das Highlight für Sie oder gibt es andere bewegende Ereignisse?

Claus Kobold: Natürlich stehen die Olympischen Spiele im Fokus, aber ebenso die verschiedenen Events in Deutschland und die Profiturniere in Hamburg und München. Wir haben im Amateurbereich die DGL, die Jugendlichen am Hardenberg, die Europameisterschaft und natürlich Paris als herausragendes Ereignis. Die Teilnehmerzahl eröffnet Chancen für Golferinnen und Golfer, die noch nicht an der Weltspitze sind, olympisches Edelmetall zu gewinnen. Ich drücke allen Teilnehmern die Daumen.

Golf Post: Das wünschen wir uns natürlich aus. Heute wurden traditionell die Zahlen vorgestellt, die Sie als "Stabilisierung auf hohem Niveau" beschrieben haben. War der leichte Rückgang erwartet oder hatten Sie sich mehr erhofft?

Claus Kobold: Sofort nach Beginn des Zuwachses anlässlich von Corona habe ich auf die Wichtigkeit der Mitgliederbindung hingewiesen. Diese findet vor allem in den Clubs statt. Es gilt zu analysieren, warum über 55.000 Menschen die Golfclubs verlassen haben und wo sie hingegangen sind. Vielleicht sind sie beim Golfsport geblieben, aber nicht mehr organisiert. Es gibt über zwei Millionen Menschen, die unorganisiert Golf spielen. Da ist natürlich ein großes Potenzial, neue Mitglieder zu gewinnen und in die Clubs zu integrieren.

Golf Post: Sie sprechen ein wichtiges Thema an: Golfinteressierte, die nicht organisiert spielen. In den USA wurde vermehrt Off-Course Golf gespielt, zum Beispiel bei Top Golf, Ranges, Simulatoren. Wie sehen Sie diese Entwicklung in Deutschland?

Claus Kobold: Solche Bewegungen sind nachvollziehbar, weil es in der heutigen Zeit schnell gehen soll, es muss anwenderfreundlich sein, es muss kompakt sein. Aber unser Ziel ist es, die Menschen für den Golfsport zu begeistern, in der Natur den Schläger in die Hand zu nehmen und sich mit sich selbst zu messen und auch den Aufwand zu goutieren, den die Golfclubs betreiben. Auch, wenn schöne elektronische Angebote existieren, ist das Erlebnis auf einem 18-Loch-Golfplatz immer noch intensiver.

Golf Post: Ist es nicht auch eine Frage des Marktes, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Golfinteressierten zu berücksichtigen? Viele Menschen haben einfach weniger Zeit und spielen daher lieber auf einer Range. Will der DGV sich in Zukunft als Verband für alle Golfinteressierten verstehen oder steht der klassische Golfsport weiterhin im Vordergrund?

Claus Kobold: Der Fokus wird erst einmal beim klassischen Golfspieler bleiben. Die Eingliederung anderer Bereiche wird Zeit brauchen. Es ist ähnlich wie im E-Sports-Bereich des Fußballs. Da gibt es Profis, die hervorragend in ihrem Metier sind, aber wenn Sie einen klassischen Fußballer fragen, sieht er da schon Unterschiede. Wir stehen dem offen gegenüber, müssen aber gleichzeitig mit dem Produkt, das wir anbieten, überzeugen.

Golf Post: Kommen wir auf das Produkt zurück. Die klassischen Golfanlagen hatten in den letzten Jahren, bedingt durch Corona, eine besondere Konjunktur. Allerdings gibt es nach wie vor das Problem, dass es, vor allem im ländlichen Raum, zu wenig Spielerinnen und Spieler für eine Anlage gibt. Sehen Sie das Thema Konsolidierung als mögliche Lösung, bei dem auch der Verband eine aktive Rolle spielen wird?

Claus Kobold: Das ist eine schwierige Frage. Kostensteigerungen, ob im Personalbereich, im Betriebsmittelbereich und dazu noch die Grundsteuerproblematik treiben die Kosten nach oben und da muss eine Konsolidierung bei den Clubs stattfinden. Wir unterstützen die Clubs rechtlich und versuchen, Lösungen anzubieten. Dann muss natürlich auch eine Anlage im dem ländlichen Raum bestimmte Alleinstellungsmerkmale haben. Niemand hat eine Golfanlage dorthin gebaut, wo niemand ist, sondern hat sich schon vorher überlegt 'Wo ist mein Einzugsbereich?' Da muss man sich möglicherweise wieder intensivier drauf konzentrieren.

Golf Post: In Deutschland positionieren sich viele Golfanlagen im Premiumsegment. Könnte eine stärkere Differenzierung, wie in anderen Ländern oft üblich, sinnvoll sein?

Claus Kobold: Es gibt bereits viele Anlagen ohne Clubmitgliedschaft, die öffentlich zugänglich sind. Kurze Plätze sind auch oft an Clubs angedockt und es besteht die Möglichkeit sich bereits zu betätigen ohne sich für eine Clubmitgliedschaft zu entscheiden. Die Kurzplätze werden außerdem ebenfalls geratet. Alles andere, was vom Betreiber angeboten wird, ist mehr eine Marktfrage und weniger Fokus des DGV. Wir als Verband wollen unterstützen aber nicht dirigieren.

Golf Post: Der Corona-Boom ist mittlerweile abgeschwächt. Gibt es vom Verband Initiativen, wie man weiterhin Neugolfer oder Golfinteressierte zum Golfsport bewegen kann?

Claus Kobold: Das gibt es selbstverständlich und dabei ist vor allem das Thema grüne Nachhaltigkeit ein Feld, auf das wir uns fokussieren. Golfanlagen leisten einen großen Beitrag und es gibt viele Maßnahmen zum Thema Natur, Nachhaltigkeit, Artenschutz, CO2-Reduktion, etc. Diese sind vielfältig und es gibt ebenso bereits etliche Maßnahmen im Bereich Wasserwirtschaft und Naturschutz. Die Vereine engagieren sich stark und damit wollen wir die Menschen überzeugen. Jeder Mensch will eine nachhaltige Zukunft und, wenn man seinen Sport auf einer Anlage betreiben kann, die sich dafür engagiert, dann ist das ein starkes Argument für den Golfsport.

Golf Post: In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Perioden, in denen es lange trocken war. Dabei kam es auch zu politischem und medialen Druck gegen den Golfsport, insbesondere in Bezug auf die Frage, ob die Bewässerung von Golfanlagen noch zeitgemäß ist. Wie entwickelt sich diese Situation und wie kann man politisch darauf einwirken, um die Stigmatisierung des Golfsports und der Golfanlagen zu reduzieren?

Claus Kobold: Es ist entscheidend, sich von Klischees und Vorurteilen zu lösen. Es sollte beachtet werden, dass Golfanlagen bundesweit in Bezug auf dieses Thema äußerst heterogen sind. Einige haben Sandboden, sodass das Wasser sofort versickert, während andere Lehm haben und das Wasser länger stehen bleibt. Jeder Golfclub hat eine untere Wasserschutzbehörde als Ansprechpartner, die genau darauf achtet, wie mit Wasser umgegangen wird. Golfanlagen werden intensiv überwacht, und es wird nicht einfach wahllos Wasser entnommen und verschwendet. Es besteht bereits eine eingespielte Zusammenarbeit mit diesen Behörden. Die Nachhaltigkeit, insbesondere im Bereich Wasserwirtschaft und -entnahme, wird von den Clubs sehr verantwortungsbewusst gehandhabt. Es ist wichtig, dass Menschen die Golfanlagen besuchen, sich erklären lassen, wie damit umgegangen wird, sodass die Clubs ihre Argumente auch vorbringen können. Der Deutsche Golf Verband hat einen eigenen Arbeitskreis für das Thema Wasser, der von erfahrenen Experten geleitet wird. Diese Experten versuchen, die notwendigen Informationen und Vorgehensweisen an die Clubs zu vermitteln, unter anderem bei Anhörungen, die im Rahmen des Verbandstags stattfinden, oder in anderen Sitzungen, bei denen wir uns medial an die Mitglieder wenden, etwa durch die Bereitstellung von Videomaterial.

Golf Post: Das Rollback vom Golfball hat international Aufsehen erregt. Wie sehen Sie das?

Claus Kobold: In der Praxis wird dies vermutlich kaum Auswirkungen haben. Ich glaube nicht, dass sich das Thema durchsetzen wird. Ich halte eine Umsetzung in den nächsten ein bis zwei Jahren für unwahrscheinlich.

Golf Post: Eine alternative Möglichkeit, die in Deutschland noch nicht weit verbreitet ist, besteht darin, von verschiedenen Abschlägen zu spielen, um die Plätze variabler zu gestalten. In Deutschland wird immer noch das klassische Konzept mit roten und gelben Abschlägen für Damen und Herren bevorzugt. Obwohl es bereits Konzepte gibt, die international stärker betont werden, um den Spielspaß zu erhöhen und die Plätze für alle Altersklassen, insbesondere ältere Menschen, attraktiver zu gestalten, wird diese Möglichkeit noch nicht ausreichend genutzt. Gibt es Initiativen, um Golfanlagen zu ermutigen, die Farben der Abschläge zu ändern, beispielsweise von Gelb und Rot zu Silber, Gold oder Blau, um die klassischen Farben zu überwinden und Golfer dazu zu animieren, von verschiedenen Abschlägen zu spielen?

Claus Kobold: Die Frage ist, warum eigentlich von den Senioren-Abschlägen, die bei uns in der Regel blau sind, abgewichen werden sollte. Diese Abschläge sind alle geratet, manchmal gibt es sogar sechs verschiedene Abschläge auf einem Platz. Dies ist etwas, das wahrscheinlich einfach vorgelebt werden muss. Eine Medienkampagne könnte eine Möglichkeit sein, aber es liegt auch in der Verantwortung der Spielführer in den Clubs oder bei Turnieren. Vielleicht könnte bei einem Gaudi-Turnier jeder von den blauen Abschlägen spielen, um zu sehen, welche Auswirkungen das hat. Natürlich vor dem Hintergrund, dass jede Runde vorgabewirksam sein sollte. Ich wiederhole, alle Abschläge sind normalerweise geratet, und es liegt an jedem selbst zu entscheiden, ob man sich einen Zacken aus der Krone bricht, indem man heute von den blauen Abschlägen spielt oder nicht. Ich hoffe, dass die Clubs ihre Mitglieder überzeugen können, dies zu tun.

Golf Post: Gibt es ein Vorhaben, das Sie dieses Jahr besonders bewegen möchten, sodass Sie bei unserem nächsten Treffen stolz darauf sein können als Verband?

Claus Kobold: Ja, wir müssen versuchen, die Finanzierung des deutschen Golfsports auf gesunde Füße zu stellen. Alles ist teurer geworden und die Mitarbeiter haben Anspruch auf einen entsprechenden Inflationsausgleich. Wenn es uns gelingt, den deutschen Golfsport finanziell stabil zu halten und beispielsweise mit der geplanten Beitragserhöhung Luft für Projekte im Bereich grüne Nachhaltigkeit, Sport und Jugendförderung zu haben, wäre das mein Erfolgserlebnis in den nächsten 12 bis 15 Monaten.

Golf Post: Das bedeutet, dass die Zustimmung der Mitglieder zu einer Beitragserhöhung der Schlüssel dazu ist?

Claus Kobold: Im ersten Quartal oder Anfang des zweiten Quartals wäre eine Beitragserhöhung ein Schritt in die richtige Richtung.

Golf Post: Kommen wir zum Ende des Interviews. Das Stichwort ist "Spaß am Golfen". Wie viele Golfrunden planen Sie dieses Jahr zu spielen?

Claus Kobold: Eigentlich würde ich gerne etwa zehn Runden spielen. Ich weiß nur, dass mein Handicap sich in den neun Jahren meiner Präsidentschaft im Sturzflug befand. Wenn ich in drei Jahren möglicherweise nicht mehr Präsident bin, hoffe ich, dass ich mit fast Mitte 60 endlich eine Handicap-Verbesserung erreichen kann. Der Kopf will es, aber der Körper schafft es im Moment nicht, manchmal ist es vielleicht sogar umgekehrt.

Golf Post: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Matthias Gräf.

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