British Open

„Die paar sicheren Dinge des Lebens: Steuer, Tod & Louis O bei Majors vorn dabei“

16. Jul. 2021 von Michael F. Basche in Sandwich, England - Dies ist ein Golf Post Community Artikel

Louis Oosthuizen führt nach Runde 1 der British Open 2021. (Foto: Getty)

Louis Oosthuizen führt nach Runde 1 der British Open 2021. (Foto: Getty)

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Gewohntes Bild: Louis Oosthuizen fängt bei dieser 149. Open Championship da an, wo er bei der 121. US Open vor einem Monat aufgehört hat. In Torrey Pines unterlag der Südafrikaner dem Spanier Jon Rahm bei dessen erstem Majorsieg nur um einen Schlag, gestern lieferte „Shrek“ (so Oosthuizens Spitzname) eine weitere Kostprobe seiner phänomenalen Konstanz und Shot-Making-Kunst.

Er blieb auf seiner 64er-Runde ohne Schlagverlust und wehrte noch auf der 18 das nach dem Abschlag in einen Fairway-Bunker drohende Bogey souverän ab. Einmal mehr großes Golf des 1,78-Meter-Manns mit der charakteristischen Zahnlücke, der 2010 in St. Andrews die Claret Jug holte und seither sechs zweite Plätze bei Majors verbuchte, zuletzt bei der PGA Championship von Kiawah Island hinter Phil Mickelson und halt in Torrey Pines. Oder wie es der einstige Weltranglistenerste Luke Donald in einer bewundernden Twitter-Nachricht formulierte: „Nur wenige Dinge im Leben sind sicher: die Steuer, der Tod und dass Louis O bei Majors vorn dabei ist.“

Der begeisterte Bauer Oosthuizen, der daheim in Mossel Bay schon eine Farm besitzt und unlängst ein weiteres landwirtschaftliches Anwesen in Ocala/Florida erworben hat, bekannte nach seiner Glanzvorstellung freimütig, sich zwischen US Open und Royal St. George‘s eher wenig mit Golf beschäftigt zu haben: „Ich habe viel Zeit auf der Farm verbracht, mit meiner Familie, mit den Kindern, um den Kopf komplett freizubekommen.“


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Jordan Spieth und die Liebe zum Linksgolf

Neue Eisen, „alter“ Jordan Spieth: Amerikas einstiger „Golden Boy“ blühte gestern auf den Links von Royal St. George‘s zu der Majorstärke auf, mit der Spieth 2015 das Masters und die US Open sowie 2017 die Open Championship von Royal Birkdale gewonnen hat. Den Fehler in seinem Schwung hat der 27-Jährige längst ausgemacht und trainiert auf Abhilfe – seither geht‘s nach der dreijährigen Durststrecke wieder bergauf, was sich im Gewinn der Texas Open im April manifestiert hat. Die erste Open-Runde des Texaners war ein Birdie-Festival mit einem Schlaggewinn-Quartett über die Löcher fünf bis acht sowie einer ebensolchen Doublette auf den Bahnen 15 und 16, getrübt nur vom Bogey auf der Drei. „Wenn ich mir anschaue, wo ich war und jetzt wieder bin, dann sehe ich dieselben Chancen, wie ich sie in der Vergangenheit schon hatte“, erklärte Spieth nach seiner 65er-Runde.


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Und sowieso liege ihm Linksgolf, weil „es so viele externe Faktoren gibt, dass du verloren bist, wenn du dich nur auf deinen Schwung fokussierst“. Vielleicht lag‘s auch am Satz nagelneuer Titleist-T100-Eisen, die er sich unmittelbar vor der Open ins Bag gepackt hat – neue „Besen“ kehren halt gut. Andererseits: „Ich liebe dieses Turnier und spiele jedes Mal gut, ob ich ansonsten in Form bin oder nicht.“ Vor vier Jahren in Royal Birkdale begann Spieth übrigens auch mit einer 65 …

Royal St. George‘s‘ Grüns und die Architektur-Ikone

Haare und Hadid: Der Respekt vor den waschbrettartig gewellten und zerfurchten Fairways von Royal St. George‘s war gewaltig, doch das Geläuf wirkte gestern bei idealen Witterungsbedingungen mit Sonne und mäßigem Wind eher nicht gefährlich, absurd versprengte Bälle waren Mangelware. Auch das Rough des Linkskurses überrascht spätestens dann niemanden mehr, wenn man die Frisur von Head-Greenkeeper Paul Larsen sieht, der seit 2010 für die Rasenpflege zuständig ist und laut der zweideutigen Anmerkung eines Kommentators ohnehin wirke, als beschäftige er sich über Gebühr mit den verschiedenen Sorten von Gras.


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Natürlich hatten die Spieler ihre liebe Müh und Not mit dem Festuca-Gestrüpp, das nach dem Ausfall der Open 2020 zwei Jahre lang nicht runter gemäht, vielmehr lediglich gekappt wurde und am Grund dementsprechend verfilzt ist. Aber das ist bei Majors längst nichts besonderes mehr.


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Vielmehr rückten gestern die Grüns mit ihren irren Slopes und enormen Verwerfungen in den Vordergrund. Ein englischer Journalist verstieg sich gar in der süffisanten Vermutung, die Putt-Oberflächen seien nicht von St.-George‘s-Begründer Dr. William Laidlaw Purves, sondern eher von der 2016 verstorbenen irakisch-britischen Architektin und Designerin Zaha Hadid entworfen worden, die für ihren fließenden oder kinetischen (auf Bewegung basierenden) Stil berühmt geworden ist.

Wenn man die „Eleganz geordneter Komplexität und den Eindruck nahtloser Fluidität“ (O-Ton eines Hadid-Geschäftspartners) auf einen Golfplatz überträgt, dann ist man bei der fast psychedelischen Wirkung des Wellenschlags auf den Grüns von Royal St. George‘s. Und es passt letztlich irgendwie zur Ausstrahlung von Head-Greenkeeper Larsen. Da braucht‘s schon ein unbeeindruckbares und nicht zu Aufregung neigendes Gemüt wie das von Dustin Johnson, um trotzdem komplizierte Putts ins Ziel zu bringen:

Das viktorianische Clubhaus von Royal St. George‘s

Hausbesuch: So pur und unverfälscht der Kurs von Royal St. George‘s ist, so klassisch-gediegen kommt das Clubhaus des besten englischen Golfplatzes daher. Die „Vereinsheim-Spotter“ vom Instagram-Account „Golfclubhouses“ nehmen uns mit auf einen Gang rund um und durch das Gebäude aus der viktorianischen Zeit.


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Bis vor einiger Zeit waren übrigens im Clubhaus von Royal St. George‘s keine Frauen zugelassen.

Schmetterling verursacht McIlroy-Bogey

Krasse Quote: Rory McIlroy ist mit knapper Not der Fortsetzung seiner Serie von negativen Major-Auftaktrunden entronnen. Dank eines Birdie auf der 18 rettete der vierfache Majorsieger, der seit sieben Jahren auf den nächsten ganz großen Triumph wartet, eine Even-Par-70 ins Clubhaus. Wie sehr sich „Rors“ in den vergangenen Jahren bereits am Donnerstag um eine ernsthafte Siegchance gebracht hat, zeigt die Statistik: Seit dem Gewinn der PGA Championship 2014 liegt McIlroys Score für die Auftaktrunden von Majors bei 34 über Par, für die Tage zwei bis vier dagegen weist seine Bilanz 60 Schläge unter Par aus. Der 32-Jährige ist der lebende Beweis für die Erkenntnis, dass man ein Golfturnier nicht schon am ersten Tag gewinnen, allerdings sehr wohl verlieren kann.

Gestern musste McIlroy beim Kampf gegen den Trend auch noch eine zarte Störung wettmachen. Auf der Par-3-Sechs verzog der Weltranglisten-Elfte seinen Abschlag und quittierte das erstaunlicherweise mit einem Lächeln. Während der Ball in einen der Grünbunker segelte, wandte sich McIlroy seinem Caddie Harry Diamond zu und murmelte: „Schmetterling.“ In der Tat war ihm während des Schwungs ein Falter vors Gesicht geflattert – das Ende der ungleichen Begegnung war eins von insgesamt vier Bogeys.

Möwenalarm: Stensons neuer Streich gegen Poulter

Nächste „Prank“-Runde: Man hat lange nichts vom Schabernack-Duell zwischen Ian Poulter und Henrik Stenson gesehen, die sich in der Vergangenheit gegenseitig so manchen Streich gespielt haben. Das heißt gleichwohl nicht, dass die beiden nicht insgeheim über neue „Schandtaten“ brüten. Am frühen Mittwoch Morgen dann hat „Iceman“ Stenson als Erster nachgelegt. Beide haben ihr Open-Quartier in einem Caravan-Park aufgeschlagen, und Stenson kletterte nachts auf das Dach von Poulters Wohnmobil und verteilte dort geröstetes und in Thunfischsauce getunktes Brot, das prompt Dutzende von gefräßigen Möwen anlockte, die dann übers Dach kariolten und damit quasi auf Poulters müdem Haupt herumtrampelten. Während der Engländer gegen 4 Uhr von dieser „Stampede“ (Poulter) geweckt wurde und fortan damit beschäftigt war, die Vögel zu verscheuchen, lag Stenson („Möwen mögen halt Thunfisch“) längst wieder in seiner Koje und schlief seelenruhig.

Polizei befreit Sergio Garcia aus dem Stau

Eskorte: Mit zwei abschließenden Birdies hat sich Sergio Garcia gestern auf den geteilten 19. Platz und in eine nette Position für den zweiten Tag „geschossen“. Beinahe freilich wäre diese 149. Open Championship für den 41-jährigen Spanier zu Ende gewesen, bevor sie überhaupt richtig angefangen hat. Garcia steckte nämlich auf der Fahrt von seinem Quartier zum Platz im Verkehr fest und lief Gefahr, seine Tee Time um 10.31 Uhr Ortszeit zu verpassen. Doch er hatte Glück: Zwei Motorrad-Polizisten wurde auf das „Courtesy Car“ von Open-Sponsor Mercedes aufmerksam und verschafften Garcia eine freie Gasse im Fahrzeuggewühl. Der Masters-Champion von 2017 kam knapp 40 Minuten statt der üblichen anderthalb Stunden vor seiner Abschlagszeit auf dem Turniergelände an, absolvierte eine Kurzversion seiner Warm-up-Routine und sagt nach der Runde: „Ich bin mit dem Ausgang des Tages sehr zufrieden, aber noch glücklicher mit seinem Beginn.“

R&A hat Marshalls mit Armee-Personal verstärkt

Aufgeschreckt: Der Vorfall mit dem „Fan“, der bei sich bei der Scottish Open an Rory McIlroys Bag bediente, hat dem R&A zu denken gegeben. Die Golf-Granden aus St. Andrews haben für die 149. Open Championship die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und zur Unterstützung der Marshalls sogar Armee-Personal nach Royal St. George‘s geholt. „Hier kommt niemand auf die Abschläge, der da nicht hingehört“, sagte R&A-Boss Martin Slumbers. „Wir sind uns möglicher Sicherheits- und Gesundheitsrisiken sehr bewusst und tun alles zum Schutz besonders der Spieler.“ Der Ex-Banker wies darauf hin, dass mit dem Privileg der Zulassung von 32.000 Zuschauern pro Tag per Sondergenehmigung eine besondere Verantwortung einher gehe: „Wegen der Covid-19-Restriktionen und auch aus Sicherheitsgründen sorgen wir für noch mehr Abstand der Fans zu den Spielern als in früheren Jahren.“

Drei Major-Schauplätze auf wenigen Kilometern

Wussten Sie: … dass Sandwich, auf dessen kommunalem Boden Royal St. George‘s liegt, natürlich Namensgeber des weltberühmten Snacks ist, dass „wich“ aber im Altenglischen die Bezeichnung für einen befestigten Handelsplatz war? Sandwich war schon berühmt, als 1894 dort auf den Links von Royal St. George‘s die erste Open Championship außerhalb von Schottland ausgetragen wurde, weil John Montagu, 4. Graf von Sandwich, im 18. Jahrhundert zur schnellen, unprätentiösen Nahrungsaufnahme die nach ihm benannte Stulle (ursprünglich bloß Rindfleisch zwischen zwei getoasteten Weißbrot-Scheiben) „erfunden“ hatte.

Zur insgesamt 34. Open traten damals an der Kanalküste in Kent 94 Aktive an, das bislang größte Starterfeld. 14 davon waren Schotten aus dem Mutterland des Spiels, die dank eines Ticket-Deals des R&A mit der Eisenbahngesellschaft vergünstigt anreisten; dazu kamen weitere 21 Schotten, die in englischen Golfclubs tätig waren. Sieger wurde am Ende J. H. Taylor mit seinem ersten von fünf Open-Triumphen.

Fun Fact am Rande: Mit dem direkt nördlich an Royal St. George‘s grenzenden Prince‘s Golf Club, Open-Austragungsstätte 1932, und dem südlich gelegenen Royal Cinque Ports, Schauplatz 1909 sowie 1920, weist die Bucht von Sandwich wohl auf kleinstem Raum die höchste Majorbühnen-Dichte der Welt auf.

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