Tommy Fleetwood gilt als einer der Golfer, die nicht davor zurückscheuen, ihre Meinung zu vertreten. In einem Interview mit "theguardian.com" nahm er sich nun der Debatte an, die darüber herrscht, ob es richtig sei, dass die PGA Tour wie angekündigt ab Juni wieder Turniere veranstaltet. Ein Sicherheits- und Hygienekonzept soll das Ansteckungsrisiko zwar minimieren, dafür wäre aber unter anderem eine große Zahl an Tests vonnöten. Ob sich die Golfbranche dieses Privileg herausnehmen sollte, um den Spielbetrieb wieder aufzunehmen - darüber herrscht Uneinigkeit: bei den Spielern, Fans und Verantwortlichen.
Turniere der PGA Tour "können Licht am Ende des Tunnels sein"
Allerdings ist die Debatte alles andere als einfach. Fleetwood gibt zu, dass er froh darüber sei, nicht in der Verantwortung zu stehen, über die Fortsetzung der Golfturniere zu entscheiden. Weiter führt er seine Sichtweise zu dieser Debatte aus. "Sport ist großartig für die Gesellschaft und eine motivierende Sache für die Menschen", erklärte er. "Das Leben kann ohne Sport im Fernsehen langweilig sein, aber die Realität war schon immer so. Die Helden des realen Lebens sind diejenigen sind, die Leben retten. Das hat sich in den letzten Wochen deutlich gezeigt. Bestimmte Sportanlässe können als Licht am Ende des Tunnels wichtig sein, aber die Sicherheit der Menschen sollte und wird an erster Stelle stehen".
Die Chance, den Spielbetrieb im Juni ohne Gesundheitsrisiko für die beteiligten fortzusetzen, besteht. Das Sicherheits- und Hygienekonzept der PGA Tour wird aller Voraussicht nach funktionieren. Fleetwood stellt sich allerdings die Frage danach, inwiefern dies der Gesellschaft gegenüber solidarisch ist. "Wenn sie all diese Tests durchführen lassen wollen, weiß ich moralisch nicht, ob ich einen Test vor einem Arbeiter, der an der Front gegen die Krise kämpft haben möchte", führt der Engländer aus.
Andererseits scheint er sich auch seiner Tour gegenüber bepflichtet zu sein. "Sie scheinen zuversichtlich zu sein (was den Spielbetrieb betrifft), und es ist gut, optimistisch zu sein. Dabei gibt es keine richtigen oder falschen Antworten, und der Aufwand, den sie betrieben haben, die Planung, die sie betreiben, um die Tour zum Laufen zu bringen, bedeutet, dass wir als Spieler außerordentlich dankbar sein sollten", fährt Fleetwood fort.
"Wir haben unglaubliches Glück, um diese Summen zu spielen"
Wirtschaftlich stellte die Unterbrechung des Spielbetriebs, die im Zuge der Corona-Pandemie unvermeidbar war, einen harten Schlag für die PGA Tour dar. Ob die Preisgelder und der Luxus für die Spieler weiterhin auf dem bisher bekannten Niveau bleiben kann, wurde in Frage gestellt: "Es wurden Fragen zu Preisgeldern und Spieler-Lounges gestellt, aber wenn wir mit Golf unseren Lebensunterhalt verdienen können, ist das absolut fantastisch. Wir haben unglaubliches Glück, um diese Summen zu spielen - um die wir in einem Job spielen, den wir lieben. Die Welt nimmt eine Einkommenskürzung hin, wenn wir das auch tun, dann ist das absolut in Ordnung". Fleetwood will nur eines, wieder auf den Golfplatz gehen und den Sport betreiben, den er sosehr liebt. Dafür ist er bereit, führt er weiter aus.
Fleetwood: "Ich hatte Zeit zum Lesen und Nachdenken"
Die Krise habe er als Chance gesehen, von der Hektik der Tour etwas Abstand zu gewinnen. "Ich wollte anfangs nicht allzu positiv über das Ganze zu denken, aber nach einer Weile begriff ich, es ist für alle schwer genug und es sollte kein Problem sein, zu sagen, dass man glücklich ist. Die gemeinsame Zeit mit der Familie ist wunderbar", gibt Fleetwood offen zu.
Allerdings hat er sich in dieser Zeit nicht ausgeruht, er hat sie genutzt und weitergearbeitet: "Ich habe eine wirklich gute Arbeit geleistet. Mein Körper fühlt sich gut an, ich bin ausgeruht, ich habe mit meinem Psychologen gearbeitet und mit meinen Coaches gesprochen. Ich hatte Zeit zum Lesen und Nachdenken."
Insgesamt wirkt Fleetwood sehr reflektiert und gefasst. Sein Caddie Ian Finnis stellte sogar einen Hilfsfond auf die Beine, der über 150.000 Euro für von der Corona-Pandemie benachteiligte Engländer einbrachte. Dabei unterstütze Fleetwood seinen Freund ebenfalls. "Er ist der Typ Mensch, der jemandem seinen letzten Fünfer in der Tasche gibt, wenn derjenige ihn braucht", schwärmte Fleetwood über seinen Weggefährten.